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Nur der Mann im Mond schaut zu

Die International Lunar Observation Association hat sich eine neue Verwendungsmöglichkeit für Weltraumteleskope einfallen lassen: einmal nicht hinausblicken ins All, sondern zurück, hinunter auf die Erde. Und zwar vom Mond aus.

Von Guido Meyer | 30.07.2013
    "Der Mond ist wie ein achter Kontinent gleich vor unserer Küste. Wir müssen ihn nur nutzen. Jede Nacht schauen Menschen zu ihm hoch. Das ist romantisch, klar, aber wir können den Mond auch als Plattform für Experimente einsetzen, die uns mehr über die Erde verraten. Je umfassender unser Blick auf die Erde ist, desto mehr lernen wir über unseren Planeten."

    Bob Richards gerät ins Träumen, wenn er an all die Möglichkeiten denkt, die der Mond uns bietet. Der Kalifornier ist Chef des Unternehmens Moon Express. Und das will – gemäß seinem Namen – per Express zum Mond: schnell – nämlich bis zu dreimal im Jahr -, und leicht, mit Nutzlasten von maximal 50 Kilogramm.

    "Wir wollen nicht die großen Regierungsprogramme ersetzen. Uns schweben kostengünstige, kleinere Nutzlasten von der Größe eines Stuhls vor. Die Raumfahrtbehörden könnten dann unsere Kunden werden – und das zu günstigeren Konditionen, als sie es selbst bewerkstelligen können, und außerdem schneller."

    Die erste Mission ist bereits ausgebucht: Eine holländische Firma will ein Instrument testen, das später an Bord der europäisch-russischen Sonde ExoMars fliegen soll. Eine andere Firma möchte auf dem Mond Blumen wachsen lassen.

    "Wir haben einen weiteren Kunden, der ein astronomisches Teleskop auf dem Mond platzieren möchte. Von dort aus lassen sich Dinge beobachten, die von der Erde aus nicht einsehbar sind. Wir werden auf unserem ersten Flug den Vorläufer eines solchen Fernrohrs mitnehmen, der zeigen soll, dass es funktioniert."

    Der Kunde ist die International Lunar Observation Association, die sich abgekürzt ähnlich ausspricht wie die hawaiianische Begrüßung: ILOA. Dort, in Kamuela, Hawaii, hat die Vereinigung auch ihren Sitz. Ihr Direktor ist Steve Durst.

    "Als die Menschheit vor mehr als 40 Jahren erstmals zum Mond geflogen ist, war eines der beeindruckendsten Fotos der Blick zurück auf die Erde. Erstmals sahen wir unseren Planeten von fern. Bei unserer Rückkehr zum Mond wollen wir unseren Blick nach vorne richten, hinaus in den Weltraum. Unsere erste Aufnahme soll ins Zentrum der Milchstraße blicken!"

    Dieses Vorläuferteleskop wird nur etwas mehr als zwei Kilogramm wiegen. Trotzdem soll es leistungsstark genug sein, um auf seinem allerersten Foto der Milchstraße einzelne Sterne erkennen zu lassen. Und nach diesem Schnappschuss für die Geschichtsbücher soll das Fernrohr die astronomische Arbeit aufnehmen.

    "Wir haben Astronomen weltweit gefragt, welche Himmelskörper sie gerne beobachten würden. Herauskamen exosolare Planeten, erdnahe Asteroiden oder die Untersuchung der möglicherweise lebensfreundlichen Monde Europa und Titan. Die Liste der Objekte ist endlos, die wir vom Mond aus erfassen können."

    Das Vorläuferteleskop ist bereits fertig und wird von ILOA derzeit Tests unterzogen. Einmal auf dem Mond gelandet, werden es Astronomen auf der Erde fernsteuern können, um so die von ihnen gewünschten Ziele in den Fokus zu bekommen. Eines der Ziele ist dabei die Erde selbst, wie Steve Durst erläutert.

    "Einer der großen astronomischen Vorteile der Himmelsbeobachtung vom Mond aus ist die Tatsache, dass er der Erde immer die gleiche Seite zeigt. Damit ist er als Beobachtungsplattform sehr stabil und verlässlich. Wir können permanent die Erde beobachten und so langfristige atmosphärische, klimatische und meteorologische Veränderungen verfolgen. Der Blick auf die Erde vom Mond aus wird einen Großteil unserer Beobachtungszeit dieser und nachfolgender Missionen in Anspruch nehmen."