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Bundesregierung
Streit um Bildungsmilliarden

Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD sechs Milliarden Euro für Bildung und Kinderbetreuung zugesagt. Wie die finanziellen Mittel verteilt werden sollen, wollen die Vorsitzenden der Koalitionsparteien jetzt bei einem Treffen im Kanzleramt festlegen. Schon im Vorfeld wurden Begehrlichkeiten laut.

Von Christiane Habermalz | 26.05.2014
    Studenten sitzen in einem Hörsaal der Universität Koblenz-Landau
    Kita-Ausbau, Studentenansturm, Ausbau der Ganztagsschulen - in vielen Bereichen wird mehr Geld gefordert. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    Der Kuchen ist noch nicht gebacken, doch das Rangeln um die größten Stücke ist schon im vollen Gange. Wenn sich heute Abend Angela Merkel und Sigmar Gabriel im Kanzleramt treffen, wird es nicht nur um den künftigen EU-Kommissionspräsidenten gehen, sondern es soll auch endlich festgezurrt werden, wohin genau die sechs Milliarden Euro fließen sollen, die der Bund laut Koalitionsvertrag zusätzlich in Bildung investieren will.
    Unterstützung für Hochschulen - aufgrund der steigenden Studierendenzahlen
    Schon im Vorfeld der Entscheidung wurden Begehrlichkeiten laut. Nach Ansicht von Sachsen-Anhalts-Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sollte das Geld vorrangig den Hochschulen zugutekommen. Dort wird es angesichts des anhaltend hohen Studentenansturms dringend benötigt, Studierende haben bereits einen"Bildungsstreik 2014" ausgerufen und protestieren gegen Massenabfertigung und schlechte Studienbedingungen an den Universitäten.
    Unterstützung für Kita-Ausbau
    Am Freitag hatten schon die Familienminister der Länder auf ihrem Jahrestreffen darauf gepocht, dass mindestens zwei von den sechs Milliarden für den Ausbau von Kita-Plätzen verwendet werden sollen – ab dem 1. August gilt der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr, der Bund müsse sich angemessen an den Kosten beteiligen, so die Forderung. Für den bildungspolitischen Sprecher der Grünen, Kai Gehring, ist das Gezerre hausgemacht:
    "Die Große Koalition tut sich sehr schwer, weil sie in den Koalitionsverhandlungen die zentralen Bildungs- und Forschungsfragen nicht gelöst hat. Und deshalb erleben wir seit über einem halben Jahr fortdauernde Koalitionsverhandlungen an dieser Stelle."
    Koalitionsvertrag ungenau formuliert
    Tatsächlich ist der Koalitionsvertrag in diesem Punkt nebulös. Das Geld des Bundes ist für Kinderbetreuung, Schulen und Hochschulen vorgesehen, es soll "zusätzlich" in Bildung fließen, dafür ließ sich die Koalition lautstark feiern. Gleichzeitig sollen mit dem Geld aber die Länderhaushalte entlastet werden. Das Wort "Entlastung" verstehen die Länder dahingehend, dass das Geld direkt in ihre Haushalte fließt und sie selber über die Verteilung der Mittel entscheiden können. Einen solchen Blankoscheck dürfe es nicht geben, sagte dagegen die Union. Denn sonst bestünde die Gefahr, dass die Länder ihre eigenen Zuwendungen für Schulen und Hochschulen entsprechend kürzen würden - mit dem "zusätzlich" wäre es dann also nicht mehr weit her. Und es muss ein kreativer Weg gefunden werden, wie der Bund überhaupt verfassungsrechtlich sauber Mittel in Bildung stecken kann, denn bislang hat sich die Große Koalition mit den Ländern nicht auf eine Aufhebung des sogenannten Bund-Länder-Kooperationsverbotes für Bildung verständigen können.
    Finanzielle Verantwortung von Bund und Ländern
    Zumindest hier zeichnet sich jetzt möglicherweise eine Lösung ab. So könnte der Bund die Finanzierung des Bafög allein übernehmen und damit die Länder um etwa drei Milliarden Euro entlasten. Das dürfte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) nicht gefallen, die es noch im Februar als "verantwortungslos" bezeichnet hatte, die Länder aus der gemeinsamen finanziellen Verantwortung für die studentische Ausbildungsförderung zu entlassen. Doch Wanka war an den Verhandlungen um die Verwendung der Gelder aus ihrem Etat nicht beteiligt worden. Und es wird offenbar darüber nachgedacht, von dem Sechs-Milliarden-Kuchen auch die Aufstockung des Hochschulpaktes bis 2016 zu bestreiten, mit dem Bund und Länder die steigenden Studienanfängerzahlen bewältigen wollen. Dafür und für die Spitzenforschung hatte die Koalition laut Koalitionsvertrag zusätzliche drei Milliarden Euro bereitgestellt. Stefan Kaufmann, bildungspolitischer Sprecher der CDU:
    "Wichtig ist für uns vor allem, dass auch im Drei-Milliarden-Paket der Hochschulpakt herausgenommen wird und die Gelder wirklich auch für Forschung zur Verfügung stehen, da sind wir, glaube ich, auf einem ganz guten Weg."
    Für die Kitas bliebe dann maximal eine Milliarde übrig, heißt es aus Fraktionskreisen. Das Nachsehen hätten die Schulpolitiker der Länder. Denn auch sie erhoffen sich Geld vom Bund für den Ausbau der Ganztagsschulen und die Umsetzung der Inklusion, dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern in Regelschulen.