Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Investition in ein Lebenswerk

Glaubt man Marcel Reich-Ranicki, dann ist nicht allein das Fernsehprogramm miserabel, nein, dann besitzt auch das Hörspiel nur einen einzigen Autor - Günter Eich. So jedenfalls hat sich der Literaturpapst erst jüngst wieder in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geäußert. Ob MRR da etwas übersehen respektive überhört hat?

Von Frank Olbert | 20.12.2008
    Der noch relativ junge Preis, der Günter Eichs Namen trägt, scheint das mehr als nahe zu legen: ja, er hat in der Tat etwas überhört. Durchaus stattlich nämlich ist die Liste derer, die in Frage kommen, mit dem Günter-Eich-Preis für das Lebenswerk ausgezeichnet zu werden. Ich selbst hatte das Vergnügen, in diesem Jahr zur Jury unter dem Vorsitz des ehemaligen Hörspielleiters beim Hessischen Rundfunk, Christoph Buggert, zu zählen.

    Eine Villa im gutbürgerlichen Leipziger Stadtteil Gohlis, gediegene Sideboards, elegantes Parkett, hier, beim Sitz der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig - der Trägerin des Preises - ging es also zur Sache: Wer hat das Hörspiel so sehr geprägt, dass er eine Auszeichnung fürs Lebenswerk verdient, auch noch geadelt durch den Nimbus des Namenspatrons für den Preis, des Autors der "Träume"?

    Der Günter-Eich-Preis wird im Wechsel mit dem Axel-Eggebrecht-Preis fürs Feature vergeben - erster Preisträger war vor zwei Jahren Alfred Behrens.

    Wir haben uns in diesem Jahr für einen Österreicher entschieden, der schon so einiges abgeräumt hat, allein in diesem Jahr den Prix Italia und den Prix Europa. Nun ist er also auch schon in relativ jungen Jahren Träger des Günter-Eich-Preises: Eberhard Petschinka, und ich darf aus der Jurybegründung zitieren: "Ausgezeichnet wird ein Lebenswerk, das nach wie vor für Überraschungen gut ist."

    Das kann man wohl sagen. Wut, analytische Unerbittlichkeit und Satire sind es, die sich in Petschinkas mehr als 30 Stücke umfassendem Hörspielwerk miteinander verbinden. 10.000 Euro für den Günter-Eich-Preis sind also eine Investition in diese Talente, die Hörspiele wie "Rafael Sanchez erzählt Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Santo Subito" hervorgebracht haben. Eberhard Petschinka nimmt am 1. Februar 2009, dem 102. Geburtstag des Namenspatrons, den Günther-Eich-Preis für sein Lebenswerk entgegen.

    Programmtipp:
    Interview mit Petschinka im Hörspielkalender vom Oktober 2008