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Aufzug ins All

Technologie.- Bereits zahlreiche Science-Fiction-Autoren haben sich vorgestellt, wie es wäre, wenn Passagiere vom Erdboden aus per Fahrstuhl direkt in den Weltraum aufsteigen könnten. Jetzt arbeiten Wissenschaftler daran, aus Fiction endlich Science zu machen.

Von Guido Meyer | 10.11.2009
    Ins All muss eigentlich immer irgendwas – Nutzlasten aller Art, Nachschub für die Raumstation, Astronauten auf dem Weg zu anderen Welten. Was also läge näher als – statt Wegwerf-Raketen – eine ständige Verbindung nach oben in Form eines Fahrstuhls zu bauen?
    "Das ist ein extrem ehrgeiziges Projekt. Einen Weltraumfahrstuhl zu errichten, würde Dinge wie den Bau der ersten Atom-Bombe oder die Errichtung des Panama-Kanals in den Schatten stellen. Es wäre das größte Projekt, das die Menschheit jemals in Angriff genommen hat. Wir bräuchten Materialien, über die wir noch nicht verfügen, und möglichst gleich Millionen von Tonnen davon."

    Jerome Pearson ist Präsident des privaten Unternehmens Star Technology and Research im US-Bundesstaat South Carolina, das sich – trotz dieser Warnungen – mit der möglichen Umsetzung eines Fahrstuhls ins All beschäftigt. Und dass auch das ehrgeizigste Projekt mit dem ersten Schritt beginnt, hat am Wochenende ein Team namens "LaserMotive" in der kalifornischen Mojave-Wüste demonstriert.

    Das klingt schon nach Funkverkehr zwischen Houston und einem Raumschiff in der Erdumlaufbahn, und genau das ist auch das Endziel dieser Idee. Auf immerhin 900 Meter Höhe hat es das pyramidenförmige Gefährt des 23-köpfigen Teams aus Seattle gebracht, wobei es voll-automatisch vier Meter pro Sekunde nach oben zischte. Angetrieben wurde das Gefährt von einem auf dem Boden montierten Laser, dessen Strahl auf Solarzellen am Boden der Pyramide gerichtet war. Die lieferten den Strom für eine elektronische Klettervorrichtung, die den "Fahrstuhl" an einem Seil nach oben zog, das ein Hubschrauber gespannt hielt.
    Für ein Seil allerdings, das 36.000 Kilometer hoch reicht, müssten Kohlenstoff-Nanoröhren verzwirbelt werden, die viel leichter und dabei fester als Stahl sind. Da allein dieses Band jedoch um die 800 Tonnen wiegen dürfte und Lasten bis zu 15 Tonnen transportiert werden sollen, darf der Lifter selbst ebenfalls nicht wesentlich mehr als 15 Tonnen wiegen. Andernfalls würden die irdischen Teile der Apparatur das Gegengewicht im All auf die Erde ziehen.
    "Wir müssten zuerst mit herkömmlichen Raketen eine Art Endstation in die geostationäre Umlaufbahn schießen. Von ihr lassen wir ein Kabel hinunter bis auf den Erdboden, auf dem wir es fest verankern. An dem gespannten Seil ließen sich dann Nutzlasten in die Umlaufbahn transportieren wie in einem Fahrstuhl."

    Wie weit es bis dahin noch ist, zeigte sich am Wochenende beim vertikalen Wettklettern in der Mojave-Wüste. Die beiden Konkurrenten von "LaserMotive" blieben wegen technischer Probleme auf der Strecke. Und auch die Sieger aus Seattle haben noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Drei Minuten und 48 Sekunden brauchte ihr fünf Kilo schwerer Kletterer für den knappen Kilometer nach oben. Bei einer Endzeit unter drei Minuten hätte die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa, die den Wettbewerb sponsert, zwei Millionen Dollar Preisgeld bezahlt. So war es nur – immerhin - knapp die Hälfte.

    Einmal im All angekommen, müsste der Erdorbit keinesfalls die Endstation sein. Durch die Erddrehung entsteht eine Fliehkraft, die Nutzlasten am Ende ihres Weges, ganz oben am Seil angekommen, auch zum Mond oder zum Mars schleudern könnte.
    "Zweites Obergeschoss, Endstation Mars. Bitte alle aussteigen!"