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Lehrermonitor soll Transparenz schaffen

Der Lehrermonitor ist kein Studienführer, sagt Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Die Zielgruppe seien nicht primär Lehramtsstudierende, sondern die Politik, die versuchen müsse, die Lehrerausbildung in der Bundesrepublik besser aufeinander abzustimmen.

Volker Meyer-Guckel im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 09.11.2012
    Ulrike Burgwinkel: Die Lehrerausbildung in Sachsen im Rückreformmodus – woanders erprobt man wieder andere Modelle. Der Reformeifer scheint ungebrochen. Der Flickenteppich ist unübersichtlich und komplex, neutral ausgedrückt: äußerst heterogen. Deswegen haben die Telecom-Stiftung und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit dem CHE, dem Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh, einen Monitor der, ja, Wanderbaustelle Lehrerbildung veröffentlicht. Was kann dieser leisten? Das frage ich Dr. Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband. Guten Tag nach Berlin, Herr Meyer-Guckel!

    Volker Meyer-Guckel: Ja, schönen guten Tag!

    Burgwinkel: Was kann denn der Monitor leisten, was soll er leisten?

    Meyer-Guckel: Die Hauptaufgabe ist zunächst mal, Transparenz zu schaffen, also ein paar Schneisen in diesen Dschungel der Lehrerausbildung in unterschiedlichen Ländern zu schlagen. Und wir haben das anhand von etwa zehn Themenfeldern versucht. Ich muss vorweg sagen: Es ist – das hat so ein bisschen auch mit dem Aufbau zu tun – kein Studienführer. Also man kann da zwar auch erfahren, wie Studienstrukturen aufgebaut sind, aber es ist … Die Zielgruppe ist nicht so sehr der Lehramtsstudierende, der sich dafür interessiert, sondern die Politik, die versuchen muss – das ist unsere feste Überzeugung –, die Lehrerausbildung in der gesamten Bundesrepublik besser aufeinander abzustimmen.

    Burgwinkel: Jetzt haben Sie gesagt, was der Monitor nicht ist, und sie haben gesagt, er soll für Transparenz sorgen. Darüber hinaus – wofür noch?

    Meyer-Guckel: Für ein Bewusstsein in den Ländern, was in anderen Ländern gemacht wird. Ich gebe Ihnen mal ein paar Beispiele. Sie haben das eben schon in dem Bericht angedeutet: Es gibt völlig unterschiedliche Abschlussarten in den Lehrerausbildungen in den einzelnen Bundesländern. Die einen machen das mit Bachelor/Master, dann gibt es noch Staatsexamen, dann gibt es Länder, wo beides parallel läuft, dann gibt es polyvalente Bachelor und grundständige Studiengänge, die bis zum Master durchgeplant sind. Das kann man machen, aber man muss sich dann auch länderübergreifend darüber unterhalten: Was sind eigentlich die Vor- und Nachteile dieser Ausbildung? Es gibt – um ein weiteres Beispiel zu nennen – völlig unterschiedliche Verzahnungen der ersten und zweiten Ausbildungsphase. Es gibt völlig unterschiedliche Regelungen zu Praxis-, Pflichtpraxisanteilen im Studium, vor dem Studium. Es gibt – um ein viertes Beispiel zu nennen – Unterschiede bei der Aufnahme von Studierwilligen: Bei einigen gibt es Beratungen, beim anderen gibt es Selbsteinschätzungstests, bei anderen gibt es Assessmentverfahren, bei anderen wiederum überhaupt gar nichts. Das ist alles Okay, wenn man das einzelne Land betrachtet. Es führt dann zu Problemen, wenn man zum Beispiel sich mit dem Thema Mobilität beschäftigt, weil da gibt es dann schon wieder Inkompatibilitäten. Aber man muss sich natürlich auch fragen: Was hat das eigentlich für Konsequenzen in der Qualität der Lehrerausbildung? Wir haben uns auch die Curricula angeguckt, auch da gibt es völlig unterschiedliche Anteile von pädagogischen Anteilen, von Fachwissenschaften et cetera. Wenn wir dazu kommen wollen, zu einem Diskurs über die Qualität und die Weiterentwicklung der Lehrerbildung, brauchen wir erst mal Transparenz über das Ist, über den Status quo – und das haben wir jetzt geschaffen.

    Burgwinkel: Also der Überblick ist da. Es ist in dem Sinne aber keine Bewertung und kein Ranking. Richtig?

    Meyer-Guckel: Ausdrücklich nicht, denn ich habe ja schon angedeutet: Viele Wege führen nach Rom, viele Wege führen zum Erfolg, der Erfolg heißt, gute Lehrer zu haben, die sich im Klassenraum bewähren, und um einen Diskurs darüber länderübergreifend in Gang zu setzen – das ist eigentlich das Hauptziel dieser über 8000 Daten, die wir gesammelt haben –, ist es, glaube ich, hilfreich, zu wissen: Was machen wir jetzt und wie könnten wir auch gute Erfolge von anderen Ländern vielleicht in andere Länder übertragen und kopieren?

    Burgwinkel: Aber ein Plädoyer für mehr Einheitlichkeit – würden Sie mir da zustimmen?

    Meyer-Guckel: Na ja, also ich bin jetzt nicht Vertreter einer bundeseinheitlichen Lehrerausbildung. Es geht darum, in der föderalen Struktur zunächst mal die Qualität der Lehrerausbildung transparent zu machen. Das ist ja etwas, was wir noch gar nicht leisten können mit dieser Datensammlung, das es aber gilt, irgendwann mal zu tun, also auch evaluative Verfahren für die Qualität der Lehrerausbildung zu entwickeln. Das gibt es praktisch gar nicht. Dafür scheuen sich natürlich die Länder wie der Teufel vorm Weihwasser, denn dann könnten ja möglicherweise auch Unterschiede in den Konzepten zutage treten.

    Burgwinkel: Der Lehrermonitor – Auskünfte waren das von Dr. Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Danke schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.