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EU-Einsätze für Sicherheit und Verteidigung
Schwierige Suche nach Gemeinsamkeiten

In Sicherheits- und Verteidigungsfragen läuft die Zusammenarbeit der EU-Staaten schleppend. Zwar gibt es vorzeigbare Beispiele wie die Mission EUPOL COPPS, die Polizisten in Palästina, ausbildet. Doch ein großer Wurf fehlt bisher. Die nun beschlossene Mission gegen Schlepperbanden im Mittelmeer könnte eine neue Debatte anstoßen.

Von Annette Riedel | 25.06.2015
    Vier Männer stehen in Uniform nebeneinander, rechts außen Tom Emmes aus Finnland.
    Übung in Tulkarem: Ausbilder, rechts außen Tom Emmes aus Finnland. (Deutschlandradio / Annette Riedel)
    Eine einstöckige Bauruine in Tulkarem im Westjordanland. Spezialkräfte der palästinensischen Zivilpolizei in blauen Tarnanzügen haben das Gebäude umstellt und fordern einen im Inneren vermuteten Terror-Verdächtigen auf, sich zu ergeben. Die Maschinengewehre, die sie im Anschlag haben, sie sind aus grell-grünem Holz. Das Ganze ist Teil einer Übung. Unter der Aufsicht europäischer Ausbilder, wie Tom Emmes aus Finnland.
    "In diesem Rollenspiel hat die Polizei kurz zuvor erfahren, dass sich in dem Gebäude ein Verdächtiger versteckt. Die Spezialkräfte der Zivilpolizei sind angefordert worden, um den Mann festzunehmen."
    Ein halbes Dutzend Männer stürmt jetzt in das Gebäude, nachdem sie einen Bauzaun durchbrochen haben. Sie rennen die Treppe hoch in den ersten Stock des Rohbaus. Dort finden sie einen ‚Verdächtigen', nehmen ihn fest, führen ihn in Handschellen ab.
    Das alles soll möglichst schnell gehen, effektiv, ohne großes Risiko und – auch wichtig - ohne unnötige Härte. Das sind die Lernziele der Übung.
    "Die Ausbilder sind mittlerweile meist von uns ausgebildete Palästinenser, wie diese zwei Offiziere der Zivilpolizei. Sie haben die Verantwortung; ich assistiere. Zukünftig sollen die Palästinenser das völlig alleine machen können", sagt der finnische Polizeiausbilder Tom Emmes von EUPOL COPPS. So heißt eine von insgesamt 18 militärischen und zivilen Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, der GSVP. EUPOL COPPS gibt es seit 2006. Hauptquartier dieser EU-Mission ist im Westjordanland, in Ramallah. Ihr Mandat ist, eine funktionierende Polizei und ein funktionierendes Gerichtswesen nach internationalen Standards im Westjordanland aufbauen zu helfen.
    "Schlussendlich geht es darum, eine moderne palästinensische Polizei zu formen, die den Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht – nicht unseren, sondern ihren. Bei allen polizeilichen Aktivitäten müssen immer Menschenrechte und Menschenwürde beachtet werden."
    David Wolfe ist der stellvertretende Leiter der Polizeisektion von EUPOL COOPS. Ende Juni wird die Mission erneut verlängert. Sie gilt als eine der erfolgreichsten der EU. Aus ehemaligen Milizen, unter den schwierigen Bedingungen der israelischen Besatzung, mit relativ wenig Mitteln ausgestattet, von der Bevölkerung akzeptierte Ordnungshüter zu machen - das ist keine ganz leichte Aufgabe.
    "Auf einer Erfolgsskala zwischen eins und zehn nähern wir uns der Spitze. Wir sind noch nicht ganz da, aber mindestens bei sieben bis acht. Man kann richtig zusehen wie dieser sehr junge Polizei-Dienst in seine Aufgaben hineinwächst. Es ist für sie ein weiter Weg. Der größte Frust für uns alle ist, dass es nicht noch schneller geht."
    Die EUPOL-COPPS-Mission in Palästina
    Die EUPOL-COPPS-Mission in Palästina, im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, begründet sich aus der erklärten Unterstützung der EU für die Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten. Ein eigener Palästinenserstaat ist das anzusteuernde Ziel. Neben erheblicher finanzieller Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland wird sozusagen im "vorstaatlichen" Raum Staatsaufbau betrieben: Ausbildung, Weiterbildung bei der Polizei und im Justizwesen, technische Hilfe, Ausrüstung, Koordination internationaler Hilfe. Das kann die EU. Das macht die EU gut und wird von den Palästinensern dafür sehr geschätzt. Letztlich auch von Israel, trägt es doch zur Befriedung der besetzten Gebiete bei.
    "Ja, ich denke, die EU macht sehr wohl das richtige. Aber sie könnte auch noch anderes tun, was sie zurzeit nicht unbedingt tut. Und das heißt, dass die EU sich auf politischer Ebene stärker engagieren könnte", analysiert Ingrid Ross, Leiterin des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Ostjerusalem. Der sicherheitspolitische Sprecher der Volksparteien im Europäischen Parlament, der CDU-Abgeordnete Michael Gahler, gibt der dahinter stehenden Kritik Recht, dass sich die EU politisch nicht genug engagiert.
    "Es ist so, dass die Europäische Union zwar, gemeinsam mit den USA, zu den größten Geldgebern gehört, die jährlich die Palästinensische Autonomiebehörde am Leben erhalten finanziell. Aber dass wir im politischen Prozess noch nicht so deutlich sind, auch gegenüber Israel – das muss man in diesem Zusammenhang sagen – dass wir da den Erfolg haben."
    Auch gegenüber Israel politisch deutlich zu agieren ist für die EU eine schwierige Übung. Das Ziel Zwei-Staaten-Lösung kann zwar immerhin als Konsens gelten. Das heißt aber keineswegs, dass man sich einig ist unter den 28, wie ausgesprochen deutlich sich die EU gegenüber Israel positionieren soll - vor allem mit Blick auf die israelische Siedlungspolitik in den Palästinenser-Gebieten, erklärt Fabian Zuleeg, vom Brüsseler Think Tank European Policy Center, die relative politische Abstinenz der EU im Nahen Osten.
    "Es gibt keine europäische Position, wenn es an weitergehende strategische Fragen geht. Dann sind wir eben immer noch eine Gemeinschaft von Mitgliedstaaten, die ihre eigenen Prioritäten, ihre eigenen nationalen Interessen vertreten."
    Fehlender rechtlicher Rahmen für Zusammenarbeit
    Einen größeren Stellenwert der Verteidigung in der EU und eine stärkere Europäisierung der Verteidigungspolitik in der EU - die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini scheint das zu ihrer Mission machen zu wollen. Dass die EU außenpolitisch, verteidigungspolitisch abgestimmt mit einer Stimme spricht und gemeinsam handelt, das ist ihr erklärtes Ziel. Bevor gegebenenfalls über Vertragsveränderungen nachzudenken ist, gelte es dabei zunächst erst einmal, die Möglichkeiten auszureizen, die die bestehenden EU-Verträge dazu hergeben – namentlich der Lissabon-Vertrag.
    "Nicht alle Instrumente nach dem Lissabon-Vertrag sind voll ausgeschöpft. In der aktuellen Sicherheitslage wäre das aber notwendig. Eine meiner Hauptaufgaben sehe ich darin, genau dafür zu sorgen."
    Auch wenn sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel erneut für eine Stärkung der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aussprechen werden, das Grundproblem, wie es der europapolitische Analyst Fabian Zuleeg sieht, es bleibt bestehen.
    "Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu machen, davon sind wir weit entfernt. Dazu sind die nationalen Unterschiede noch zu groß. Dazu, muss man auch sagen, ist der Glaube bei den großen Ländern auch noch zu groß, dass man diese Politik alleine machen kann, dass man eigentlich nicht die europäischen Partner zwingend dafür braucht."
    Eine Einschätzung, die der grüne Außenpolitiker im Europäischen Parlament, Rainer Bütikofer, teilt:
    "Ich glaube, es gibt eine Grundfrage, die nicht geklärt ist, nämlich: Bis zu welchem Grad wollen wir, dass Sicherheits- und Verteidigungspolitik integriert wird? Und bis zu welchem Grad wollen wir das als eine eigene europäische Zuständigkeit?"
    Und weil diese Frage offen ist, bleibt es bis auf weiteres beim Ist-Zustand. Der bedeutet, dass sich die EU schwer tut mit gemeinsamen außen- und sicherheitspolitischen Strategien. Und deshalb beschränkt man sich zurzeit meist auf einzelne, zivile, zeitlich befristete Missionen in diesem Bereich.
    Wie eben EUPOL COPPS eine ist, mit der Ausbildungsmission für die palästinensische Zivil-Polizei im Westjordanland. Fragt man Palästinenser, beispielsweise den Präsidenten des Palästinensischen Gerichtshofs, Ali Muhanna, hört man nur größte Wertschätzung für die Unterstützung der Europäer.
    "Wir haben bei unserer Arbeit eine Menge Herausforderungen. Wir kooperieren mit EUPOL COPPS und anderen EU-Institutionen, um Hindernisse zu bewältigen und unseren Auftritt zu verbessern."
    Jericho, im Westjordanland, Hauptquartier der Palästinensischen Grenzkontrollbehörde GABC. Auch deren Chef, Nazma Mohanna, lobt die EU-Partner. Er wünscht sich noch deutlich mehr Präsenz der Europäer.
    "Partnerschaft heißt nicht nur reden, sondern vor Ort handeln. Die EU-Länder sind seit Hunderten von Jahren gewachsene Staaten. Sie verfügen über viele Fähigkeiten, über die wir nicht verfügen. Deshalb brauchen wir die Partnerschaft. Wir brauchen die Unterstützung der entwickelten Länder, die die Bedeutung von Demokratie und Frieden kennen."
    Europäer als wichtigste Unterstützer in Palästinensischer Autonomieregion

    Das Hauptquartier von EUPOLCOOPS in Ramallah.
    Im Hauptquartier von EUPOLCOOPS in Ramallah. (Deutschlandradio / Annette Riedel)
    Von den Europäern als den "wichtigsten Unterstützern der palästinensischen Sache auf allen Ebenen", spricht Nazma Mohanna.
    Neben ihm sitzt Guy Rolin. Der Franzose ist Chef einer weiteren Mission der gemeinsamen EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Palästina: EUBAM Rafah. Es ist ein ebenfalls ziviler Einsatz, mit EU-Experten von Grenzschutz und Zoll. Unter Einbeziehung Israels, unterstützen sie die palästinensischen Grenzbeamten, um möglichst reibungslose Abläufe am Grenzübergang Rafah, vom Gaza-Streifen nach Ägypten, zu erreichen. Oder richtiger: haben sie unterstützt. Augenblicklich, erklärt Guy Rolin, liegt der Einsatz auf Eis, steht man sozusagen auf Standby.
    "2005 bis 2007 lief der Einsatz. Dann übernahm Hamas in Gaza die Macht. Wir haben unsere Leute aus Gaza abgezogen. Seit 2012 sind wir nur noch zu siebt, um im Standby-Modus zu bleiben."
    Das heißt, dass es weiter Workshops und Seminare mit den Partnern von der Palästinensischen Autonomiebehörde, der PA, gibt. Man bleibt in Bereitschaft, ist darauf eingestellt gegebenenfalls binnen kurzer Zeit den Einsatz am Grenzübergang Rafah wieder hochfahren zu können. So lange sich Hamas und die PA allerdings nicht auf die angestrebte palästinensische Einheitsregierung einigen, kann das nicht passieren. In diesen Tagen hatte Ägypten nach Monaten Rafah für wenige Tage geöffnet, nachdem der Übergang monatelang geschlossen war, was auf eine leichte Annäherung der Regierung in Kairo und der islamistischen Hamas hindeutet. Die EU lehnt jeglichen Kontakt mit der Hamas-Führung in Gaza ab, die in Europa als Terrororganisation gilt.
    "Die erste, nicht verhandelbare Bedingung: Es wird keine Öffnung von Rafah mit unserer Unterstützung geben, wenn nicht die PA dort wieder mit in die Verantwortung geht. Wir sind eine technische Mission; wir führen den politischen Willen Brüssels und der EU-Länder aus."
    Hinter vorgehaltener Hand zweifelt im Nahen Osten und auch in Brüssel manch einer an der Weisheit des EU-Kurses, jeglichen Kontakt mit Hamas zu verweigern – aber hinter vorgehaltener Hand eben. Diesen politischen Kurs zu ändern, bedürfte es innerhalb der EU Einstimmigkeit. Die zu erreichen, ist unwahrscheinlich. Nicht zuletzt deshalb, weil eine solche Kurskorrektur massiv das Verhältnis zu Israel trüben würde, was viele innerhalb der EU keinesfalls riskieren wollen. Also wird sich bis auf Weiteres an diesem Kurs wohl nichts ändern. Das schränkt, nach Einschätzung von Ingrid Ross von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Ostjerusalem, die politische Handlungsfähigkeit der EU ein. Beispielsweise wenn es gilt, konsequent auf längst überfällige palästinensische Wahlen zu drängen.
    "Was gehört zu Wahlen? Zu Wahlen gehören Parteien. Und die letzten Wahlen hier haben 2005/2006 stattgefunden und da hat leider eine Partei gewonnen, die im Westen nicht wohlgelitten ist. Die Hamas. Und diese Frage ist halt leider nach wie vor unbeantwortet, wie man mit der Hamas tatsächlich als politischer Partei umgeht."
    Bleibt die umfängliche finanzielle, technische und praktische Unterstützung mit einzelnen Einsätzen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, mit dem Kürzel im EU-Jargon: GSVP.
    "Es wird oft übersehen, dass die meisten dieser Aktionen gar nicht militärischen Charakters sind, sondern zivile – zum Beispiel Polizei-Ausbildung."
    Starke Beharren auf nationalen Sicherheitspolitiken
    Aus Sicht von Rainer Bütikofers CDU-Kollegen im Europa-Parlament, Michael Gahler, wird sich die EU auf Dauer nicht auf den überwiegend zivilen Charakter ihrer Einsätze im Rahmen der GSVP beschränken können.
    "Wir können uns nicht, nur ad hoc Aktionen leisten – mal gucken, ob es einen Willigen gibt; der wird's schon machen - und auf der anderen Seite erleben müssen, dass uns unsere amerikanischen Freunde klar sagen: Bei Artikel 5, NATO-Beistandsklausel sind wir natürlich weiter dabei. Aber bitte, wenn's um eure unmittelbare Nachbarschaft geht, da kümmert euch mal bitte selbst. Und das geht nicht ad hoc."
    Vor knapp zwei Jahren hat sich zum letzten Mal ein EU-Gipfel mit der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik befasst. Die Erkenntnis könnte im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise und dem angespannten Verhältnis zu Russland gewachsen sein, dass es solcher Überlegungen bedarf. Michael Gahler glaubt das.
    "Wir haben seit dem letzten Gipfel im Dezember 2013 eben Ukraine erlebt. Das hat vielen die Augen geöffnet. Mit der Folge, dass die Notwendigkeit, sich eher zu vereinbaren, so noch deutlicher geworden ist."
    Angesichts dieser als Bedrohung wahrgenommenen Entwicklungen im Süden und vor allem im Osten, unmittelbar an der Grenze der Union, wundert sich der politische Beobachter vom Brüsseler European Policy Center, Fabian Zuweeg, eher, wie stark das Beharren auf nationalen Sicherheits- und Verteidigungspolitiken immer noch ist.
    "Wir sollten eigentlich umdenken. Wenn wir nach Russland gucken, wenn wir zum Ukraine-Konflikt gucken, dann müssten wir eigentlich unsere Außen- und Sicherheitspolitik grundlegend ändern und mehr europäisch werden. Aber im Moment sind die Staaten noch sehr stark national fokussiert."
    Auch in der Ukraine engagiert sich die EU im Rahmen der GSVP mit einer zivilen Mission, die Kiew bei Auf- und Umbau von Polizei, Verteidigung und Justiz berät und die noch ausbaufähig wäre, sagt die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.
    "Wir haben schon eine zivile Mission in der Ukraine zur Unterstützung der Reformen im Sicherheitssektor. Wir sind bereit, diese Hilfe auszubauen. Es geht, wie gesagt, um zivile Unterstützung bei Reformen."
    Nicht nur auf zivile, sondern in seiner zweiten und dritten Phase eindeutig auch auf militärische Mittel, soll sich der geplante Einsatz der EU im Mittelmeer zur Bekämpfung von Schleppern stützen. Zunächst soll es erst einmal nur darum gehen, mit Mitteln der Aufklärung, mehr Informationen über das Funktionieren der Schlepperorganisationen zu sammeln und auszutauschen. Schlepperboote sollen beobachtet werden. Diese erste Phase der neuen GSVP-Mission ist nach entsprechendem Votum von Bundesaußenminister Steinmeier und seinen EU-Kollegen am Montag beschlossene Sache, kann unmittelbar beginnen.
    Mission gegen Schlepper auf dem Mittelmeer
    "Wie weit wir in Zukunft kommen bei unseren Möglichkeiten und Maßnahmen wird sich auch daran entscheiden, ob es im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York noch Ermächtigungen geben wird oder nicht."
    In der zweiten Phase und dritten Phase der Operation sollen Schlepperboote aufgebracht, gegebenenfalls anschließend 'untauglich' gemacht werden.
    Angesichts fast täglicher Horrormeldungen über schiffbrüchige oder gar ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer hatten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Flüchtlings-Sonder-Gipfel Ende April der EU-Außenbeauftragten Mogherini den Auftrag gegeben, die Machbarkeit einer solchen neuen GSVP- Mission zu prüfen.
    Innerhalb ungewöhnlich kurzer Zeit, in nur wenigen Wochen, hat Mogherini die grundsätzliche Zustimmung der EU-Länder für entsprechende Pläne organisiert.
    "Alle EU-Länder haben dem Aufbau einer GSVP-Mission zugestimmt, um die Netzwerke von Schleusern und Menschenhändlern zu zerstören. Wir haben uns bereits für ein Hauptquartier und für die Leitung der Operation entschieden. Es gibt natürlich noch einiges zu tun, bis die Operation beginnen kann."
    Der Name dieser jüngsten GSVP Mission: EUNAFVOR MED. Es gibt im Zusammenhang mit dieser Operation noch erheblichen Klärungsbedarf im Detail. Voraussetzung für die Zustimmung der EU-Länder war, dass es für die zweite und dritte robust militärische Phase der Mission ein Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gibt. Mogherini glaubt, gute Chancen zu sehen, das Mandat zu bekommen. Noch steht es aber aus. Prinzipieller Widerstand aus den Reihen der ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats ist aber wohl nicht zu erkennen. Die Zustimmung wird von den Details des geplanten militärischen Teils der Mission abhängen.
    Und da sind entscheidende Fragen noch offen. Um nur ein paar zu nennen: Wie groß soll das Einsatzgebiet sein? Soll es bis an die Küsten Libyens gehen? Was, wenn es aus Libyen dafür keine Zustimmung gibt? Oder nur von einer der zurzeit zwei rivalisierenden Regierungen? Im Europäischen Parlament kamen die Pläne denn auch schon mächtig unter Beschuss. Rainer Bütikofer:
    "Frau Hohe Beauftragte, mich treibt die Sorge um, dass es sich hier mehr um ein militärisches Abenteuer handelt als um einen Beitrag zur Bekämpfung der Flüchtlingskatastrophe. Sie spiegeln eine Geschlossenheit der Mitgliedsländer über drei Eskalationsstufen vor, von der wir alle wissen, dass es sie nicht gibt."
    Der österreichische Verteidigungsminister, Gerald Klug, nahm die EU-Pläne für die geplante Aktion im Mittelmeer gegen Schlepper vor ihren Kritikern in Schutz:
    "Wir haben in der Kurzformulierung 'GSVP', auch das 'V' für Verteidigung inkludiert."
    "Das 'V' und die Diskussionen darüber, unter welchen Umständen, wie und wie stark gemeinsam-europäisch 'das V' künftig in Europa eine Rolle spielen soll – diese Diskussion wird nicht nur den Gipfel in Brüssel prägen. Vorausgesetzt natürlich, die Griechenland-Krise dominiert nicht erneut die eigentliche Tagesordnung. Mit Sicherheit wird das Thema in den kommenden Jahren noch manch weiteren Gipfel beschäftigen.