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Die ersten Töpfer

Archäologie. - Die bislang ältesten Hinweise auf Töpferei stammen aus dem heutigen Japan und weisen ein Alter von etwa 17.000 auf. Daher gingen Archäologen auch davon aus, dass das Formen und Brennen von Gefäßen aus Lehm seinen Ursprung in Japan hat. Heute berichtet ein Forscherteam in den Proceedings der US-Akademie der Wissenschaften von noch älteren Funden in der chinesischen Hunan Provinz.

Von Michael Stang | 02.06.2009
    Die Ausgrabungen in der Yuchanyan-Höhle in Hunan laufen bereits seit mehreren Jahren. In den Sedimenten entdeckten die Archäologen bislang vor allem Steinwerkzeuge, Knochen, Muschelschalen und Aschespuren. Dann stießen sie zu ihrer Überraschung auf auch Tonscherben. Die ersten Schätzungen ergaben ein Alter von 16.000 bis 10.000 Jahren. Die Aufregung hielt sich noch in Grenzen. Erst nach den neuen Datierungen wurde Elisabetta Boaretto von der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan in Israel bewusst, was sie tatsächlich in China entdeckt hatten.

    "Es war eine Überraschung, weil wir nicht im Traum daran gedacht hatten, dass die Scherben 18.000 Jahre alt sind. Wir sind eher von 16.000 Jahren ausgegangen. Aber ein so hohes Alter, nein. Das hat uns schon sehr gefreut."

    Knapp 60 organische Proben wie Knochen und Kohle aus der Höhle eigneten sich für die Radiokarbonmethode. Bei dieser Datierung messen die Forscher den radioaktiven Zerfall des Kohlenstoff-Isotops C-14. Bei den Messungen der Scherben ergab sich ein Alter von 17.500 bis 18.300 Jahren.

    "Bei den Gefäßen handelt es sich um einige Überreste einer sehr primitiven Töpferei. Die Scherben stammen von mindestens zwei Gefäßen, die nicht sehr gleichmäßig gefertigt wurden. Wir konnten nicht nur die Schicht, in der die Scherben lagen, datieren, sondern auch die Lagen darüber und darunter. Diese ältesten je gefunden Tongefäße entstanden also definitiv vor etwa 17.000 bis 18.000 Jahren."

    Elisabetta Boaretto und ihre Kollegen konnten zudem nachweisen, dass der Lehm nicht aus der Höhle stammt, sondern von außerhalb in die Höhle gebracht worden war. Das Rohmaterial wurde nach dem Töpfern auf Temperaturen von 400 bis 500 Grad Celsius erhitzt. Diese Funde deuten darauf hin, dass in dieser steinzeitlichen Kultur tatsächlich gebrannter Ton zur Herstellung der Gefäße benutzt wurde. Bislang gingen Archäologen davon aus, dass sich dieses Handwerk im heutigen Russland oder in Japan entwickelt hat. Dort wurden die bislang ältesten Töpfereireste entdeckt. Die neuen Funde zeigen aber nun, dass der Ursprung der Töpferei im heutigen China liegt, sagt Xiaohong Wu von der Peking University.

    "Das wirft viele Fragen auf. Wenn China tatsächlich die Wiege der Töpferei ist, dann müssen wir mehr Beweise für diese Theorie finden und das ganze plausibel in den archäologischen Kontext stellen, warum dieses Handwerk seinen Ursprung in China hat."

    Damit sei leider auch noch nicht die Frage beantwortet, ob das Töpfern einen einzigen Ursprung hat oder parallel an mehren Orten, vielleicht auch zur selben Zeit, entwickelt wurde. Fest stehe, dass in Hunan schon vor mindestens 18.000 Jahren Gefäße aus Ton geformt und anschließend im Feuer gebrannt wurden. Damit sei es auch möglich, dass in anderen Höhlen in der Provinz noch ältere Gefäße liegen könnten, vermutet sagt Xiaohong Wu.

    "Ich glaube ja, denn wir konnten in dieser Höhle diese Sedimente, in denen die getöpferten Scherben lagen, in allen Schichten problemlos nachweisen und auch datieren. Von daher spricht nichts dagegen, dass wir Tongefäße finden, die vielleicht noch ein oder zweitausend Jahre älter sind als die jetzigen Funde."

    Die Archäologen werden ihren Fokus zukünftig noch enger auf die Ausgrabungen in Höhlen legen. Denn vor allem dort besteht im Gegensatz zum Freiland die Chance, dass sich menschliche Hinterlassenschaften nicht nur optimal erhalten, sondern auch exakt datieren lassen.