Die Dramaturgen Stefanie Carp und Paul Slangen haben sich vor allem an den bekanntesten holländischen Theaterautor Herman Heijermans und dessen 1902 in Berlin uraufgeführtes Stück "Op hoop van Zegen", Hoffnung auf Segen, gehalten. So heißt auch das Schiff um das es geht. Des Niederländischen mächtige Menschen wissen deshalb, dass alle Seeleute am Ende tot sein werden - weil der Reeder lieber die Versicherung einstreicht als seine Männer zu retten. "Der Fisch ist teuer bezahlt!" sagen dazu die Frauen im Stück wie an Hollands Küsten. Seemanns-Masken - roter Bart, blaue Kapitänsmütze, Knubbelnase - sind das Symbol für die toten Seelen an Bord - und die Verbindung zu Wagners "Fliegendem Holländer", der musikalisch zitiert wird wie Schuberts "Meeresstille", kirchliche Psalmen oder eben Seemannslieder.
Texte von Fernando Pessoa, Joseph Conrad, José Saramago oder Lautréamont beschwören mindestens viersprachig die Seefahrer-Topoi von Weite, Abschied, Einsamkeit. Das Stück ist eine Hommage an die ungezählten, namenlosen Arbeiter der Meere, die, wie wir lernen, auf so vielfältige Art zu Tode kommen, dass das normale Ersaufen noch als die harmloseste Variante gelten kann!
Natürlich enthält das Ganze auch sinnfreie Momente, spielerische Gesten, pantomimische Gags mit einem Toupé - wie das Leben an Deck so ist - meistens aber hält die Spannung. Marthaler inszeniert die großen Gefühle in ganz kleinen Szenen - eine verzweifelte Umarmung, ein müdes Warten - und hat damit einmal mehr keine Revue und keine Geschichte auf die Bühne gebracht, sondern eine Art Melodiensammlung des Lebens im Wartestand. Denn zwischen der Heimat und dem Meer liegt nicht der Seemann, sondern das Abschiednehmen. Von Marthaler ins Bild gesetzt als erhabene Verzweiflung und verzweifelte Erhabenheit. Das ist kein Abend zum Niederknien. Aber einer, der leise mahnt: Das Schiff wird kommen, das auch uns zur letzten Reise abholt.