40 Jahre Punkband Sandow

"Wir haben für die Kunst gehungert"

10:15 Minuten
Sänger Kai-Uwe Kohlschmidt (Sandow) beim Konzert in Erfurt 2008. Ein von Bühnenlicht blau beleuchteter kahler Schädel mit weit aufgerissenem Auge singt in ein Mikrofon.
Benannt nach einem Stadtteil von Cottbus: Sänger Kai-Uwe Kohlschmidt von Sandow bei einem Konzert in Erfurt 2008. Für das Jubiläums-Album hat die Band viele Titel neu eingespielt. © imago / Fotokombinat
Kai-Uwe Kohlschmidt im Gespräch mit Andreas Müller · 30.11.2022
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"Kinder des Verbrechens" heißt das Doppelalbum von Sandow zum 40-jährigen Bestehen der Punkband. Mitgründer Kai-Uwe Kohlschmidt erinnert sich an die Anfänge in der DDR und erklärt, wie Gast Bela B dem Hit "Born in the GDR" neuen Glanz verleiht.
Vor 40 Jahren gründen Kai-Uwe Kohlschmidt und Chris Hinze in Cottbus eine Band, benannt nach einem Stadtteil Sandow. Ihre Musik können sie lange nur im Untergrund spielen. Es ist die Zeit, in der eine eigene Form von Punk in der DDR entsteht. Dann braucht es einige Jahre, bis diese Kultur hör- und sichtbarer wird. Zum Beispiel in dem legendären Film „Flüstern und Schreien – Ein Rockreport“, der 1988 in die Kinos kam.

Größter Hit von Sandow: "Born in the GDR"

Dann gibt es endlich auch Plattenaufnahmen. Größter Hit ist „Born in the GDR“, mit dem Sandow bis heute in Verbindung gebracht wird. Doch richtig groß ist die Band nach der Wende nicht geworden. "Wir sind in die Kunst abgebogen", erklärt Gründungsmitglied Kai-Uwe Kohlschmidt. "Uns ging es darum, eine autarke Sprache zu finden, also uns selbst zu finden." Sie seien künstlerisch immer "radikaler" geworden: "Wir hatten nicht den besten kommerziellen Zugang zu dem, was für die Karriere förderlich ist."

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Geistig sei Sandow gesund geblieben. Kohlschmidt erzählt von einem "Reifeprozess", den Sandow in seinen Zwanzigern durchgemacht habe. "Der begann mit dem Weg zur Weisheit über den Exzess, führte auch zu philosophischen Themen", so Kohlschmidt. Über die 1990er-Jahre sagt er: "Wir haben für die Kunst gehungert." Dieser Weg sei wichtiger gewesen als ein "Airplay im Radio".

Die DDR verklären und tanzbar machen

Nachdem 1999 erst einmal Schluss war, aus privaten Gründen, fand die Band später doch wieder zusammen. Dass ihr bis heute die Bezeichnung "DDR-Band" anhaftet, sieht Kohlschmidt mittlerweile gelassen, wenn auch nicht unbedingt als Vorteil. Aber: "Niemand kann mehr eine DDR-Band werden."
Für die Werkschau jetzt hat Sandow die Titel in großen Teilen neu eingespielt. Es sei eine "Begegnung mit sich selbst" gewesen, so Kohlschmidt. Die Stücke seien erstaunlich gut gealtert, der Text habe seine Kraft behalten, der "Wille zur Authentizität" sei weiter spürbar.
Aber dem alten Hit "Born in the GDR" wollte Sandow einen anderen Glanz verleihen, "den Glanz der Verklärung", wie Kohlschmidt es nennt. "Auf der DDR herumzutrampeln aus heutiger Sicht macht nicht mehr viel Sinn, aber man kann sie natürlich verklären und so weit wie möglich tanzbar machen." Dafür hat sich Sandow Bela B von den Ärzten geholt, den "charmantesten und humorvollsten Sänger", wie Kohlschmidt findet.

"Die Kinder des Verbrechens - 40 Jahre Sandow" kommt als Doppel-LP und Doppel-CD am 2. Dezember 2022 auf den Markt.

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