
Mit Blick auf die Verteidigungsausgaben schreibt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: „Union, SPD und Grüne haben sich zusammengerauft und wollen Deutschland von den Fesseln der Schuldenbremse befreien. Das geht nur mit einer großen Kraftanstrengung in Form einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Das ist eine Richtungsentscheidung, die weitreichende Folgen hat und das finanzielle Fundament der Bundesrepublik dauerhaft verändern wird. Zweifelsohne muss Deutschland in alle Bereiche von Infrastruktur, Bundeswehr, Klimaschutz mehr Geld reinstecken. Natürlich muss man Friedrich Merz zugute halten, dass es sehr schwierig ist, solche politischen Mehrheiten zustande zu bringen. Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack. Denn diese Richtungsentscheidung kam wie auf dem Basar zustande. Jede Partei hat versucht, für ihre Wahlklientel möglichst viel Geld rauszuschlagen“, kritisiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Der MÜNCHNER MERKUR notiert: „Trotz aller verfassungsrechtlichen und inhaltlichen Bedenken erklären Union, SPD und Grüne Zustimmung zu den XXL-Schulden zur ersten Bürgerpflicht, wenn das alte Parlament heute zu seiner letzten Sitzung zusammentritt. Doch vielen Abgeordneten des Bundestags und auch der Landtage, deren Vertreter das Paket im Bundesrat mittragen sollen, wird schwindelig beim Blick in den Schuldenschlund. Man kann es ihnen nicht verdenken“, unterstreicht der MÜNCHNER MERKUR.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sieht es so: „Eine Billion Euro. Etwa so viel an neuen Schulden werden Bund und Länder in den kommenden zwölf Jahren aufnehmen, wenn alles so geht, wie es CDU, SPD und Grüne an diesem Dienstag beschließen wollen. Es ist ein irre großes Paket. Wahrscheinlich zu groß. Ja, es ist nötig, dass Deutschland viel mehr Geld in seine Verteidigung steckt. Und das geht vermutlich nur, wenn das Land mehr Schulden aufnimmt. Aber wer hat festgelegt, dass diese zusätzlichen Ausgaben über zusätzliche Schulden finanziert werden müssen? Und wie kann es sein, dass die Älteren laut Sondierungspapier von Union und SPD auch noch profitieren sollen von der neuen Regierung? Etwa durch eine höhere Mütterrente und bessere Zuverdienstmöglichkeiten für Rentner – natürlich steuerfrei? Die doppelte Last hingegen müssen die jungen und mittelalten Menschen tragen. Es ist erstaunlich, wie leise der Protest ist“, findet die SZ.
„Mittlerweile ist klar, dass die Zumutungen, die Deutschland schultern muss, um sich zu verteidigen, um ein Vielfaches größer sind als im Februar 2022 angenommen“, gibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zu bedenken: „Die Schuldenbremse in dieser Richtung aufzuweichen, ist konsequent, auch deshalb, weil niemand weiß, wie teuer dem Land diese Aufholjagd zu stehen kommt. Deutschland hat es nur insofern selbst in der Hand, als jede Milliarde, die in seine und die Abschreckung der Europäer gesteckt wird, dazu beiträgt, dass es eines Tages nicht zur Kriegswirtschaft kommen muss, die alles verschlingt“, meint die FAZ.
„Die neue Sicherheitslage erfordert auch eine Politik der ökonomischen Vernunft“, ist das HANDELSBLATT aus Düsseldorf überzeugt: „'Whatever it takes‘ – diese vom Euro-Retter Mario Draghi übernommene Formel ist ein richtiges Signal nach außen, genauso an die europäischen Partner wie an Moskau oder Washington. Ökonomisch betrachtet allerdings ist diese Formel Nonsens. Sie ist sogar gefährlich. Denn sie suggeriert den politisch Verantwortlichen, es gäbe unbegrenzte Mittel. Zudem verfälscht Merz den Kontext, in dem er Draghi zitiert: Die legendäre Londoner Rede des damaligen EZB-Chefs war aus purer Not geboren. Draghi sprang ein, weil die politisch Verantwortlichen nicht in der Lage waren, die notwendigen Reformen durchzusetzen. Bleibt zu hoffen, dass Geschichte sich doch nicht wiederholt“, bemerkt das HANDELSBLATT.
Nun zur FDP. Deren bisheriger Fraktionsvorsitzender Dürr will neuer Parteichef werden. Das Nachrichtenportal T-ONLINE merkt an: „Nein, ein echter Neuanfang ist Christian Dürr als Chef der FDP nicht. Das liegt nicht nur daran, dass er ziemlich genau so alt ist wie sein Vorgänger Christian Lindner und denselben Vornamen trägt. Und doch: Dürr könnte als Nachfolger Lindners erfolgreich sein. Vielleicht nämlich braucht die FDP gar keinen kompletten Neustart, vielleicht reicht ein Neustart light. Für den er genau der Richtige wäre. Damit das klappt, müsste für die FDP allerdings eine Wette aufgehen. Sie lautet: Wetten, dass die monströsen Schuldenpakete der schwarz-roten Koalition auch nicht die Probleme des Landes lösen? Tatsächlich ist nicht ausgeschlossen, dass die Liberalen diese Wette gewinnen“, glaubt das Nachrichtenportal T-ONLINE.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz überlegt: „Mit Dürr bringt sich ausgerechnet jemand für den Parteivorsitz in Stellung, der ein FDP-Schlüsselpolitiker in Zeiten der unliebsamen Ampelregierung war. Das ist nicht wirklich glücklich für die Partei, die nur noch 4,3 Prozent erreichte. Dürr wird in der Partei geschätzt, doch er muss sich und die Partei in Teilen neu erfinden und die unterschiedlichen Flügel zusammenführen“, fordert die RHEIN-ZEITUNG.
„Die Rückkehr der Freien Demokraten in den Bundestag dürfte schwieriger als 2013 werden, als die Partei zuletzt aus dem Parlament flog“, prophezeit der WESER-KURIER aus Bremen: „Dennoch machte Christian Dürr bei seinem ersten Auftritt als designierter Parteichef klar, wohin die liberale Reise in Zukunft gehen könnte: Wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit sollen wieder zwei Seiten einer Medaille werden. Zwischen den Parteien der Mitte und der Linken, die eher an einen starken Staat glauben, sowie der staatsfeindlichen AfD sieht Dürr ausreichend Platz für eine Partei, die eine gesunde Distanz zu einer übereifrigen Regierung hält. Liberal, aber nicht libertär. Reformen, aber ohne Kettensäge“, erörtert der WESER-KURIER.
Die TAZ ist folgender Ansicht: „Christian Dürr also soll sich am Projekt ‚Wiederauferstehung der FDP‘ versuchen. Die Wahl dürfte mangels Alternativen nur eine Formsache sein. Der 47-jährige Niedersachse ist ein solider Techniker der Macht, der dank Markus Lanz zudem eine beeindruckende Liste an Talkshowauftritten vorzuweisen hat. Mit prägnanten oder tiefschürfenden Zukunftsentwürfen darüber, was Liberalismus heutzutage heißt, ist Dürr bislang allerdings nicht aufgefallen. Ebenso wenig mit ein paar offenen Worten darüber, was in der FDP eigentlich schiefgelaufen ist“, moniert die TAZ.
Nun zu US-Präsident Trump, der heute ein Telefonat mit dem russischen Staatschef Putin führen will. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt dazu: „Wenn Trump wie angekündigt mit Putin spricht, wird über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer hinweg verhandelt. Selbst wenn Trump eine Waffenruhe in der Ukraine herbeiführen können sollte, überwiegt bei weitem der Schaden, den er angerichtet hat. Er hat den Westen gespalten und die NATO geschwächt, besser hätte Putin sich das gar nicht ausmalen können. Niemand in Europa kann sich noch darauf verlassen, dass die USA im Fall eines russischen Angriffs ihre NATO-Beistandsverpflichtungen erfüllen. Putin könnte das schon bald testen. Eine Waffenruhe in der Ukraine könnte dann der Vorbote eines großen Krieges in Europa sein“, fürchtet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus führt aus: „Nachdem US-Außenminister Rubio angedeutet hat, dass bei seinen Gesprächen mit Moskau auch die EU-Sanktionen gegen Russland auf dem Tisch liegen, wird es auch interessant sein zu sehen, ob die Europäer sich auf eine Aufweichung einlassen werden, möglicherweise im Gegenzug für ein Mitspracherecht bei einer Verhandlungslösung – oder ihre Maßnahmen im Gegenteil sogar verschärfen“, analysiert die LAUSITZER RUNDSCHAU.