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Statistik
Deutsche machen mehr Überstunden

Statt 37,5 Stunden Arbeit pro Woche, wie es in vielen Arbeitsverträgen in Deutschland steht, arbeiten viele deutlich mehr. Nach einer neuen Statistik haben sich im vergangenen Jahr sehr viele Überstunden angehäuft. Neue Stellen lassen sich daraus aber nicht schaffen.

Von Brigitte Scholtes | 12.07.2016
    Eine Frau arbeitet am 05.07.2015 in Stuttgart (Baden-Württemberg) in einem Homeoffice.
    Überstunden sind eher die Regel als die Ausnahme - aber nicht alle sind gleich. (dpa / Daniel Naupold)
    1,8 Milliarden Überstunden im vergangenen Jahr – und eine Milliarde davon unbezahlt. Die Zahlen klingen erschreckend, die das IAB, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung da regelmäßig erhebt. Doch diese absoluten Zahlen seien wenig aussagekräftig, erklärt Enzo Weber, Forschungsbereichsleiter beim IAB, das zur Bundesanstalt für Arbeit gehört:
    "Das kommt zunächst dadurch zustande, dass es ja jede Menge Arbeitnehmer sind, die diese Überstunden leisten. Wenn man sich jetzt die Überstundenbelastung ansehen möchte, dann sollte man sich das pro Kopf ansehen. Und bei der Pro-Kopf-Entwicklung sehen wir jetzt in den letzten Jahren zumindest keine Zunahme."
    Nach dieser Rechnung hat die Zahl der bezahlten Überstunden abgenommen, die unbezahlten sind in etwa konstant geblieben. Ungerecht? Nicht ganz, sagt Holger Bonin, Arbeitsmarktforscher des Bonner Instituts für die Zukunft der Arbeit. Denn diese Überstunden werden anders abgegolten: Die Arbeitnehmer zahlen sie, wenn das betrieblich vereinbart ist, gern in Arbeitszeitkonten ein:
    "In diese Konten fließen Überstunden rein, um später abgebaut zu werden. und deshalb sehen wir jetzt in der starken konjunkturellen Phase auch einen Aufbau an Überstunden."
    Und die werden dann in einer Flaute genutzt. Hinzu kommt: In der Statistik werden auch die unbezahlten Überstunden der Führungskräfte mit verbucht, sagt Enzo Weber vom IAB:
    "Da ist dann auch öfters so, dass diese Überstunden im Vertrag dann schon als abgegolten enthalten sind. Wenn man sich die bezahlten Überstunden anschaut, dann sind es eher die Ausführenden, die unteren Ebenen, oder tatsächlich diejenigen, die dann an den Maschinen, an den Bändern tätig sind."
    Deshalb kann man auch nicht die einfache Rechnung anstellen, die Überstunden in neue Stellen zu verwandeln, sagt Holger Bonin:
    "Solange es sich um diese Arbeitszeitkonten handelt, da gibt es keinen Beschäftigungsaufbau, dadurch dass man diese Möglichkeit wieder abschafft. Im Gegenteil: Das ist etwas, was Beschäftigung erhält, aber eben über die Zeit hinweg die Beschäftigung stabilisiert, aber eben nicht zusätzliche Stellen schafft."