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Band "Sea + Air"
Ein Album für den alten Kontinent

"Sea + Air" – das ist das Musikerpaar Eleni Zafiriadou und Daniel Benjamin aus Stuttgart. Das Debut des Duos "My Hearts Sick Chord" vor drei Jahren ist gut angekommen. In ihrer aktuellen Veröffentlichung "Evrpoi", zu Deutsch Europa, widmen sich die beiden unter anderem dem Gefühl der Heimatlosigkeit.

Von Marlene Küster | 22.08.2015
    Daniel Benjamin und Eleni Zafiriadou vom deutsch-griechischen Pop-Duo Sea + Air.
    Daniel Benjamin und Eleni Zafiriadou vom deutsch-griechischen Pop-Duo Sea + Air. (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
    "Wir waren ja mit dem ersten Album drei Jahre auf Europareise. Wir haben in den drei Jahren 600 Konzerte gespielt in 21 Ländern und haben da natürlich sehr viele Eindrücke gesammelt und sehr viele Facetten von Europa gesehen. Also es lag auf der Hand, dass man ein Album über Europa macht."
    Sängerin Eleni Zafiriadou spricht über ihr aktuelles Album "Evropi". Bereits als Teenager hat sie Daniel Benjamin kennengelernt. Seitdem machen die beiden Musik und haben 2011 das Duo Sea + Air gegründet. Vor kurzem haben sie während der heißen Diskussionen um die Hilfs- und Sparprogramme und Grexit auch in Griechenland Halt gemacht. Im Song Lady Evropi verarbeiten sie ihre Erlebnisse.
    "Da geht es um Europa, wie wir es gerne sehen würden, um Europa als Utopie, um Europa als Liebesbeziehung, wie es sein könnte oder vielleicht sein sollte, dass es nicht nur eine Idee ist, die auf dem Papier entstanden ist, die aber auch in die Herzen übergehen kann."
    "Das ist irgendwie im Nachhinein vom Text her ein bisschen prophetisch, weil es auch diese Beziehung schön zeigt zu Griechenland und Europa, und wie es nach außen hin so scheint, als würden die beiden sich abspalten oder in einer tiefen Krise stecken, aber wo der Wunsch doch da ist, dass das trotzdem zusammen bleiben kann oder soll."
    Heimatlosigkeit als ein Thema des Albums
    Auch musikalisch wird hier die Nähe zu Griechenland durch den Volkstanztypischen Siebenachtel Takt spürbar.
    Eleni Zafiriadou stammt aus Griechenland und ist in Deutschland aufgewachsen. Sie hat aber nie den Bezug zur ihrer Herkunft verloren. Zerrissen zwischen verschiedenen Ländern, heimatlos – diese Gefühle ziehen sich durch ihre gesamte Familiengeschichte und sind ein wichtiges Thema des Albums.
    "Es geht um meine Vorfahren, die eben auch innerhalb Europas immer von einem Ort zum anderen gereist sind, die von Kleinasien quasi vertrieben wurden 1922, dann nach Griechenland kamen, im Rahmen der Gastarbeiterwelle in den 60er-Jahren dann nach Deutschland kamen und wie ich dann in der dritten Generation mich aufmache auf die Reise durch Europa und wie ich selber mich auch sehr europäisch fühle. Ich kann nicht sagen, ich bin Griechin, ich kann nicht sagen, ich bin Deutsche. Das ist für mich alles fließend."
    Kompositionsarbeit unter der Dusche
    Daniel Benjamin – Komponist, aber vor allen Dingen talentierter Soundtüftler. Als Kind eines Kirchenmusikers war er von unzähligen Instrumenten umgeben. So hat er beispielsweise auch das Cembalo ausprobiert – heute ein sehr wichtiges Instrument im Klanguniversum von Sea + Air. "Es war für mich vollkommen natürlich", erklärt er, "eines Tages selbst zu komponieren." Sea + Air nehmen traditionelle Rembetiko-Einflüsse auf und verwenden typische Instrumente wie die Leier Lyra oder die Laute Bouzouki. Und dann tauchen hier und da leichte Anklänge der experimentierfreudigen Krautrock-Ära der 70er auf. Das Duo ist sehr kreativ. Während der letzten Reisen war es, wie Daniel Benjamin erzählt, schon wieder auf dem besten Weg, ein neues Album zu kreieren.
    "Also grade die Chormelodie zum Beispiel, die hab ich irgendwann unter den sämtlichen Duschen Europas immer gesungen, weil ich dusche sehr gerne. Ja und dann fing das an ... diese Chöre - das hab ich immer gesungen und das hat sich immer mehr von Ort zu Ort immer mehr zu einem kompletten Stück von selber ausgearbeitet."
    Diese einzigartige und eindringliche Harmonie ihrer Stimmen – ein wichtiges Merkmal ihrer Musik.
    "Die Gesänge, die aus derselben Tiefe kommen und die schon immer unser Markenzeichen waren, weil wir einfach schon seit 15 Jahren zusammen singen und unsere Stimmen sich so aneinander gewöhnt haben und miteinander entwickelt haben."
    Das Duo bezeichnet seinen Sound als "Ghost Pop": eine äußerst gelungene Kombination von längst verloren geglaubten, mediterranen Melodien und zeitgenössischen Klängen. Evropi – ein thematisch sehr aktuelles und musikalisch abwechslungsreiches Album.