Bericht zur Endlagersuche

"Nicht beim ersten Aufschrei einen Rückzieher machen"

15:59 Minuten
Eine Anti-Atom-Protest-Puppe mit gelben Atommüllfässern auf einem Acker bei einem Castor-Transport nach Gorleben.
Anti-Atom-Protest-Puppe auf einem Acker: Werden solche Mahnmale bald an 90 Orten in Deutschland stehen? © picture alliance / image broker / Björn Kietzmann
Christina Weiss und Theo Geers im Gespräch mit Anke Schaefer · 28.09.2020
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90 Standorte taugen einer Studie zufolge als Endlager für Atommüll - die Diskussionen darüber werden noch einmal viele Jahre dauern. Die Publizistin Christina Weiss setzt auf mehr Aufklärung, der Deutschlandfunk-Korrespondent Theo Geers auf Konsens.
Die Endlagersuche für Atommüll ist wieder offen. Der erste Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) benennt rund 90 Gebiete in Deutschland, die günstige geologische Voraussetzungen für ein solches Lager haben – in Ton-, Salz- und kristallinen Gesteinsformationen wie Granit.
Stollen im Erkundungsbergwerk Gorleben.
Stollen im Erkundungsbergwerk Gorleben: Hier wird kein Atommüll eingelagert werden.© imago images / photothek / Thomas Trutschel
Der Salzstock Gorleben ist hingegen wegen Instabilität aus dem Spiel. Die Proteste dort seien ehemals nicht zu Unrecht entstanden, betont die Publizistin Christina Weiss. 1977 sei eine rein politische Entscheidung gefällt worden. Die "Kämpfer" gegen das Endlager hätten erreicht, dass nun eine genaue Vorprüfung stattgefunden habe, die "geologischer Art und nicht ideologischer Art" gewesen sei.

2031 soll die Entscheidung fallen

Andere Kriterien wie Besiedelung oder Bebauung der Regionen sind bei der Vorauswahl durch die BGE noch nicht berücksichtigt worden. Auf der Liste finden sich Gebiete aus allen deutschen Bundesländern außer dem Saarland. 2031 soll die endgültige Entscheidung fallen.
Viel Zeit für jahrelange Debatten. Schon um die weiteren Kriterien wird es nun vermutlich viele Diskussionen geben. Wie lässt sich ein zweites Gorleben, lassen sich erneute jahrzehntelange Auseinandersetzungen an möglichen Standorten verhindern?
Weiss setzt darauf, nun "genau zu argumentieren und kommunizieren", wie der Schutz vor dem strahlenden Müll aussehe. Man müsse zeigen, dass die Gefahr gebannt werden könne. Und dann sei politische Kommunikation gefragt – die Politik dürfe nicht beim ersten Aufschrei einen Rückzieher machen.
Der Deutschlandradio-Hauptstadtkorrespondent Theo Geers ergänzt: "Wegducken geht nicht mehr." Blaupause für die künftigen Diskussionen und Entscheidungen könne der eigentliche Atomausstieg sein. Der erste Versuch von Rot-Grün sei noch von der Folge-Regierung kassiert worden, erst der zweite Atomausstieg nach Fukushima habe dann funktioniert – weil er im Konsens erfolgt sei.

Hören Sie zum Thema auch unser Interview mit Rosaria di Nucci: Sie arbeitet am Forschungszentrum für Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin und beschäftigt sich unter anderem damit, welche sozioökonomischen und politischen Rahmenbedingungen es braucht, damit die Endlagerung von Atommüll gelingt. Das Gespräch mit Rosaria di Nucci beginnt etwa beim Zählerstand 4:35:
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(ahe)
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