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Datenschutz
Verbraucherorganisationen sollen mehr Klagerechte bekommen

Durch Spionagefälle und die Enthüllungen von Edward Snowden ist Datenschutz auch für die Politik ein wichtiges Thema. Das Bundesjustizministerium hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Rechte von Verbraucherschutzorganisationen stärken soll. Sie sollen etwa bei Datenschutz-Verstößen künftig leichter Firmen verklagen dürfen.

Von Gudula Geuther | 19.08.2014
    Ein automatisches Lager für Magnet-Datenbänder arbeitet in einem Nebenraum des Supercomputers "Blizzard"
    Datenhunger: Ein automatisches Lager für Magnet-Datenbänder arbeitet in einem Nebenraum des Supercomputers "Blizzard" (dpa/Charisius)
    Der Missstand ist bekannt: Unternehmen lassen sich für ihre Dienste im Internet mit Daten bezahlen, das kann der Email-Provider sein, der Suchdienst, aber auch die App auf dem Smartphone oder einfach nur der Sportladen, der seine Kunden besser kennen will – so weit, so normal. Aber allzu oft halten sie sich nicht an die Grenzen des Datenschutzrechts. Carola Elbrecht, im Verbraucherzentrale Bundesverband Projektleiterin Verbraucherrechte in der digitalen Welt, kennt die Probleme. Daten werden nicht gelöscht, sie werden an andere Unternehmen weitergegeben. Das sind die Rückmeldungen von Hilfesuchenden in Beratungsgesprächen.
    "Dass zum Beispiel ihren Löschungsbegehren nicht nachgekommen wird. Wenn sie irgendwelche Online-Accounts haben auf irgendwelchen Shop-Seiten, oder möglicherweise beim Mail-Dienst-Betreiber, in sozialen Netzwerken."
    Nicht immer zuständig
    Dagegen sollen an sich die staatlichen Aufsichtsbehörden helfen, die Datenschützer in Bund und Ländern. Nur: Die sind nicht immer zuständig. Vor allem aber: Sie sind überfordert, davon zumindest geht ein Referentenentwurf aus dem Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz aus. Dort heißt es:
    "Eine flächendeckende Kontrolle scheidet aber schon aufgrund der Zahl der Unternehmer und des stetig zunehmenden Umfangs ihrer Datenerhebung, -verarbeitung und –nutzung aus."
    Die Antwort des Justizministers: Private Verbände sollen den Schutz übernehmen. In Teilbereichen dürfen sie das schon bisher. Das sogenannte Verbandsklagerecht soll Ungleichgewichte im Geschäftsverkehr ausgleichen. Und so ein Ungleichgewicht besteht regelmäßig bei Geschäften, die massenhaft gleich abgewickelt werden. Kaum ein Verbraucher nimmt die Mühe auf sich und klagt sich durch die Instanzen, nur weil eine Bestimmung ungerecht ist, obwohl es eben der einzelne Verbraucher ist, der den Vertrag geschlossen hat und der geschädigt ist. Der Händler aber profitiert massenweise. Carola Elbrecht kennt das auch aus dem Datenschutz.
    "Für den einzelnen Verbraucher ist so ein Durchsetzungsanspruch recht schwierig. Er weiß zum einen nicht, wo werden die Daten gespeichert, wer ist hier der zuständige Ansprechpartner, muss ich hier den Datenspeichernden möglicherweise im Ausland verklagen? Daran geknüpft ist natürlich auch ein gewisses Kostenrisiko."
    Das ist zuviel, fanden Verbraucherschützer
    Bisher gibt es das Verbandsklagerecht nur, soweit es um Allgemeine Geschäftsbedingungen geht, das Kleingedruckte also. Nur: Da, auch in den Datenschutzbedingungen, stehen allgemeine, überprüfbare Regeln. Fehlverhalten schreibt ein Unternehmen da nicht hinein. Wobei man sich auch bei dem, was die Verbraucherzentralen bisher vor Gericht verfolgt haben, über das Ausmaß des Fehlverhaltens streiten kann. Etwa bei der Frage, ob der MDR auf einer Kinderseite mit Gewinnspiel Vor- und Nachname, Alter und E-Mail-Adresse abfragen durfte. Die Verbraucherschützer fanden, das ist zu viel. So oder so: Die Sache blieb in zwei Instanzen offen, weil der Verband nicht klagen durfte. Wie nötig oder wie berechtigt die mögliche neue Klagebefugnis ist, darüber wird die Diskussion jetzt erst beginnen.
    Die Anhörung der Verbände läuft noch, der Branchenverband eco sah sich noch nicht in der Lage, Stellung zu beziehen. Klar ist: Auch wenn das Klagerecht so kommt, kann es nicht jeder Verband in Anspruch nehmen. Zuerst wird geprüft, ob er groß genug ist und im öffentlichen Interesse handelt. Und einklagen kann er nur, was nicht nur dem einzelnen Verbraucher nutzt, sondern was immer wieder zu Ärger führen kann. Wie oft das dann vorkommt, müsste sich dann erst einspielen. Carola Elbrecht hofft, dass nach und nach immer weniger Klagen nötig werden, je mehr Unternehmen wissen, dass es auch sie treffen könnte.