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Fernsehen aus dem Internet

Nach der IFA in Berlin ist jetzt die Messe IBC in Amsterdam das Schaufenster für die Unterhaltungselektronik. Dort tummeln sich vor allem Produzenten von hochwertigen Radio- und Fernsehen-Sendungen sowie Kino-Filmen. Sie alle haben inzwischen auch das Internet fest im Blick - trotz aller Hindernisse.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Gerd Pasch | 08.09.2007
    Manfred Kloiber: Die Verteilwege für Rundfunk sind in den vergangenen zwei Jahren vor allem dank schneller Datenleitungen um das Internet erweitert worden. ARD und ZDF zum Beispiel bieten ihre Sendungen inzwischen auch als Videoclips zum Download auf den PC an. Mit welchen Herausforderungen die Branche zu kämpfen hat, wird Gerd Pasch beschreiben können, den ich in Amsterdam begrüße. Herr Pasch, welche Probleme macht das Internet den Fernsehproduzenten?

    Gerd Pasch: Das sind immer noch die alten Probleme, vor allem die Bandbreite: digitales Fernsehen braucht einfach sehr viele Daten, die über das Netz gestreamt werden. Und wenn man die Qualitäten des analogen Fernsehens erreichen möchte, dann ist das heute nur im Backbone, im Bereich zwischen den großen Rechenzentren, möglich. Da ist immer noch ein Engpass. Die Codecs hat man dann eingesetzt, um die Daten einigermaßen handhabbar zu machen, aber auch da ist der seit Jahren verwendete MPEG2-Standard erheblich verbessert worden. Daran muss sich die gesamte Branche mittlerweile anpassen. Und dann gibt es auch kein befriedigendes Benutzer-Interface: Fernsehen auf den Rechner zu bringen und den Rechner an das Fernsehen anzuschließen war bisher auch immer sehr unbefriedigend für den Nutzer. Der PC steht in anderen Räumen als der Fernseher, die Bildschirme und deren Auflösung sind unterschiedlich und vor allen Dingen die Fernbedienung, die Handhabung, die Menu-Führung - das alles ist noch sehr unbefriedigend. Da müssen die Entwickler noch eine Menge Gehirnschmalz hinein stecken, dass das einmal besser wird.

    Kloiber: Ein Haufen Probleme. Welche Lösungen haben Sie denn dort von der Medientechnologie auf dieser Messe gesehen?

    Pasch: Das Ganze findet statt im Internetprotokoll Version 6 für Streaming Audio und Video der, sage ich einmal, beste Standard, was den Transfer im Internet betrifft. Und hier muss man auch die Netze dahin ausbauen mit Bandbreiten, die auch ein komfortables Schauen von mehreren Programmen über das Internet ermöglichen. ADSL2+ ist so eine Technik, oder VDSL, die ganz schnellen Netze, die bis zu 50 Megabit pro Sekunde Datenströme zulassen. Dann gibt es auch die drahtlosen Varianten, WiMax steht am Horizont bereit, Fernsehen zu transportieren, und WLAN natürlich auch, aber da eben doch mit eingeschränkten Reichweiten. Dann hat man auch in den drahtlosen Technologien, die ja beim Fernsehen auch Nachfolge für die klassischen terrestrischen Sender bilden, auch das Internet-Protokoll gleich umgesetzt. Und die Codecs sind effizienter geworden, das kann man nicht anders sagen, vier bis sechs Megabit pro Sekunde kann man für HDTV einsetzen und das wird nicht nur in der Übertragung genutzt, sondern die Codecs sind auch zum Speichern auf HD-DVD und Blu-ray gedacht. Übrigens auch beim Hörfunk gibt es Veränderungen: die Übertragung über UMTS, über das Handynetz, ist möglich und liefert hervorragende Qualitäten vor allen Dingen auch mit Surround-Sound bei Konzerten und Hörspielen.

    Kloiber: Sie haben ein ganzes Bündel von neuen Technologien genannt. Wie und wann kommen denn diese ganzen Medien-Datenströme beim Zuschauer an?

    Pasch: Im Prinzip beim Zuschauer zuhause auf dem Großbildschirm über die Set-Top-Box. Da gibt es eben neben der für Satelliten, für den terrestrischen Empfang oder über das Kabel dann eben eine Set-Top-Box, die die Internetlösung möglich macht. Diese Set-Top-Box wird auch eine neue Fernbedienung beinhalten, mit der man dann auch Internetdienste auf dem Fernsehgerät sehen kann, damit navigieren kann. Dafür musste auch eine Software neu entwickelt werden, die im Internet die Oberfläche darstellt, HTML-Code speziell für diese Consumer-Elektronik. Und im Hintergrund ist ja noch diese so genannte Middleware. Das sind Steuerprogramme bei Anbietern, die die Metadaten in den Filmen, in dem Videostreams benutzen und Nutzerverhalten beim Video on Demand abrufen, so dass personalisierte Angebote möglich werden und auch für den Nutzer das Fernsehen überall eine Chance bekommt.