Florence Schelling ist Sportdirektorin beim SC Bern

Schweizer Topspielerin schreibt Eishockeygeschichte

04:08 Minuten
Florence Schelling, ehemalige Schweizer Eishockey-Nationaltorhüterin im Jahr 2018.
Die ehemalige Schweizer Eishockey-Nationaltorhüterin Florence Schelling hat bei den Winterspielen 2014 in Sotschi Bronze gewonnen. © picture alliance/KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
Von Martin Hyun · 06.09.2020
Audio herunterladen
Die Schweizerin Florence Schelling hat einen besonderen Job: Sie ist General Manager und Sportdirektorin beim SC Bern, Schweizer Traditionsverein der National League und amtierender Meister. Ein Novum in dem männerdominierten Sport.
Florence Schelling war eine äußerst erfolgreiche Eishockeyspielerin. Aber nicht nur sportlich hat die Zürcherin vielen ihrer männlichen Kollegen einiges voraus. Neben dem Eishockey studierte Schelling Wirtschaftswissenschaften an der Northeastern University in Boston. In Schweden absolvierte sie zudem ein Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre. Als Leistungssportlerin trainierte und studierte sie wie viele andere Athletinnen und Athleten parallel. Mit Druck umgehen, das kann Florence Schelling also.
"Der Druck, den ich habe in dieser Position, ist völlig unabhängig, ob ich eine Frau bin oder ein Mann. Fakt ist, dass man in solch einer führenden Position wirklich Druck hat, sehr gute Arbeit zu leisten."


Frauen spielen seit 1890 Eishockey. Seitdem leisten sie wie die Männer einen großen Beitrag zur Entwicklung dieses Sports. Dennoch ist Eishockey weitgehend männlich und weiß besetzt. Frauen-Eishockey wird dagegen immer noch vielfach belächelt und die Leistungen der Spielerinnen werden nicht angemessen gewürdigt.

Vier Frauen unter 236 Personen in der Hall of Fame

So zum Beispiel bei der Aufnahme in die Hockey Hall of Fame. Derzeit sind rund 236 Personen in der internationalen Eishockey-Ruhmeshalle vertreten. Darunter bisher nur vier Frauen. Ein Armutszeugnis. Zum einhundertjährigen Jubiläum des Eishockey-Weltverbandes 2008 wurden drei Spielerinnen aufgenommen. Was fast schon wie ein Gnadenakt anmutet. Ein grundlegender Sinneswandel braucht jedoch Zeit, meint Schelling:
"Ich denke, solch einen Sinneswandel geschieht nicht von heute auf morgen, sondern das geschieht in kleinen Schritten. Schritte die weltweit jeden Tag überall gemacht werden und natürlich ist man in einer solchen Position, wenn man die Erste ist, ist man halt die Erste. Das Wichtige ist, dass man nicht die Letzte bleibt."

Viel geringerer Verdienst bei gleichem Training

Die nordamerikanischen Spielerinnen verdienen nicht ansatzweise so viel wie ihre männlichen Kollegen in der NHL, jedoch trainieren sie genauso hart, um erfolgreich zu sein. Ihren vergleichsweisen teuren Sport müssen auch Profi-Spielerinnen vielfach aus eigener Tasche finanzieren.
"Das ist unglaublich wichtig. Denn die Belastung, die jede Eishockeyspielerin hat mit all den Trainings, der Universität oder den Beruf, den sie neben dem Eishockeyspielen noch verfolgt, das ist eine unglaublich hohe Belastung; eine Belastung, die natürlich auch auf dem Eis beeinträchtigen kann und natürlich auch das ganze Umfeld."

Deshalb sei es sehr wichtig, dass sich das Fraueneishockey langfristig und nachhaltig dahingehend etablieren könne, dass "wirklich eines Tages Fraueneishockeyspielerinnen vom Eishockeyspielen leben können und sich nur auf das Eishockeyspielen fokussieren können".

Motto "Keep standing!"

Ein Leitsatz von Schelling, der ihr bei der sportlichen und akademischen Laufbahn ein treuer Begleiter war, lautet: "Keep standing!" Florence Schelling ist eine Vorreiterin, wenn es um die Gleichstellung von Frauen und Männern im Eishockey geht. Auf die Frage, welchen Rat sie anderen Frauen geben würde, die versuchen die "gläserne Decke" in der Eishockeybranche zu durchbrechen, sagt sie:
Den Ratschlag, den ich anderen Frauen geben würde, ist einfach: Sei mutig, trau dir was zu und glaube fest daran, und arbeite hart daran, dass du diese gläserne Decke durchbrechen kannst.
Mehr zum Thema