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Dresden
"König von Deutschland" eröffnet ohne Lizenz Reichsbürgerbank

Wer Bank- und Geldanlagegeschäfte betreiben will, muss sich an einen engen Gesetzesrahmen halten, kontrolliert durch die BaFin. Die "GK Gemeinwohlkasse" in Dresden kümmert das alles nicht. Ihr Begründer nennt sich "König von Deutschland" - und ist der Reichsbürgerszene zuzuordnen.

Von Alexander Moritz | 19.05.2021
Reichsbürger-Päse, Reichsadler und Reichsbürger-Nummernschild, Symbolfoto
Reichsbürger-Utensilien: In Dresden wurde nun eine Reichsbürgerbank eröffnet (picture alliance / Bildagentur-online/Ohde)
Es ist beschaulich. Besser kann man den Dresdener Stadtteil Laubegast wohl nicht beschreiben: Elbvillen, gepflegte Mehrfamilienhäuser, viel Grün. Neben der Straßenbahnhaltestelle eine Sparkasse, Blumenladen – und seit einigen Wochen auch eine Filiale der so genannten "GK Gemeinwohlkasse".
Eine alteingesessene Bäckerei hat der Reichsbürgerbank einen Nebenraum überlassen. Darin sitzt ein Mann um die 30, zurückgebundene Haare, Hemd, freundliches Lächeln. Martin nennt er sich. Er will neue Kunden für die Reichsbürger begeistern. Ins Mikrofon möchte er nichts sagen. Am Eingang zur Filiale hängt ein Zettel: Zutrittsverbot für alle Medienvertreter.

Reichsbürger steckt hinter der GK Gemeinwohlkasse

Der Versprechen der Reichsbürgerbank: eine nachhaltige Anlage, unabhängig vom globalen Finanzmarkt. Zinsen soll es zwar nicht geben, dafür sollen die Gelder direkt in alternative Projekte des selbst erklärten Königreichs Deutschland gesteckt werden. Die möglichen Kunden überlassen ihre Einlagen in einem Kapitalüberlassungsvertrag der Organisation – ohne Recht auf Rückgabe.
Dahinter steckt Peter Fitzek, selbsternannter "König von Deutschland". Im Schaufenster stehen seine Esoterikbücher mit Titeln wie "Wege zur Entdeckung feinstofflicher Welten" – und natürlich die Verfassung seines selbst erklärten Königreichs.
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Große Verwunderung bei vielen, die an diesem Nachmittag in der Bäckerei vorbeikommen. "Das ist ein sehr guter Bäcker", hört man. Und: "Ich lebe schon zehn Jahre hier, wir haben auch dort schon Kaffee getrunken. Finde ich nicht gut. Da merkt man schon, dass das sehr konservativ hier ist, sehr christlich – das ist ok. Aber dass das jetzt in diese Richtung geht, finde ich nicht gut."
Denn Gründer Peter Fitzek wird vom Verfassungsschutz der Reichsbürgerszene zugeordnet. Er bezweifelt, dass die Bundesrepublik ein legitimer Staat sei. Regelmäßig liefert er sich Auseinandersetzungen mit den Behörden, des Öfteren schon vor Gericht.

Keine offizielle Lizenz zum Betrieb von Kreditgeschäften

Eine offizielle Lizenz zum Betrieb von Kreditgeschäften hat der ausgebildete Koch Fitzek nicht. Mehrfach schon hat die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) ihm untersagt, Geld anzunehmen und Bank- oder Versicherungsgeschäfte anzubieten. Zumal Fitzek schon einmal im großen Stil Geld sammelte - vor rund zehn Jahren mit der sogenannten Kooperationskasse. Die BaFin veranlasste damals die Rückabwicklung der unerlaubten Bankgeschäfte, doch mehr als eine Million Euro Anlagegelder waren verschwunden.
Peter Fitzek sitzt in einen Saal des Landgerichtes hinter Aktenordnern. Dort begann ein Berufungsprozess gegen den selbsternannten "König von Deutschland". Das Amtsgericht Wittenberg hatte den nun 54-Jährigen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 27 Fällen und Beleidigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen legten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Die Taten sollen im Zeitraum vom Juli 2014 bis Mai 2016 verübt worden sein.
Peter Fitzek, hier bei einer Gerichtsverhandlung (picture alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert)
Eine Verurteilung wegen Untreue hob der Bundesgerichtshof allerdings wegen Mängeln in der Urteilsbegründung auf. Das Verfahren vor dem Landgericht Halle wurde daraufhin im Jahr 2018 eingestellt. Fitzeks Haftstrafe galt als bereits in der Untersuchungshaft abgesessen. Diesen juristischen Teilerfolg nutzt Fitzek nun aus: "Bestätigt vom Bundesgerichtshof" steht auf kleinen Werbeaufstellern in der Dresdener Filiale seiner Gemeinwohlkasse.
Das Verbot der BaFin ignorieren die Reichsbürger augenscheinlich. Auf der Website wird weiter um Geld von Anlegern geworben. Seit letztem Jahr befindet sich in Ulm der Hauptsitz der sogenannten Gemeinwohlkasse. Auch in der Dresdener Filiale hätte bereits eine zweistellige Zahl von Personen ihre Euros abgegeben, sagt der nach eigenen Aussagen ehrenamtliche Mitarbeiter der Bank, Martin.

Der sächsische Verfassungsschutz beobachtet

Inzwischen warnt nicht nur die Finanzaufsicht vor den unerlaubten Bankgeschäften, sondern auch der sächsische Verfassungsschutz.
"Das ist das erste Mal, dass das Königreich Deutschland hier auch in Sachsen Fuß fasst", sagt Sachsens Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian. "Dahinter steht die Absicht der Reichsbürger, ein alternatives Banken- und Finanzsystem anzubieten. Es soll ohne Aufsicht, zinsfrei und auch pfändungsfrei sein. Damit versucht man, bei der Bevölkerung zu punkten, ohne dass die Bevölkerung genau weiß, um was für Einlagepapiere es sich da im Detail handelt."
Rechte Reichsbürger bei einer Demonstration in Berlin.
Die Religion der Reichsbürger: Gottesstaat Deutschland
Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik ab, gründen stattdessen Pseudostaaten. Sie verbreiten oft auch religiöse Ideen weit abseits des Mainstreams. Manche gehen davon aus, ihre Reichsverfassung direkt von Gott erhalten zu haben, wähnen sich in einem apokalyptischen Endkampf.
Bisher war Fitzek vor allem auf einem ehemaligen Klinikgelände in der Lutherstadt Wittenberg aktiv, auf dem er vor einigen Jahren sein Fantasiereich einrichtete. Nach einer Räumungsaktion durch die Polizei scheint er seine Aktivitäten nun auf mehrere Orte zu verteilen. "Die Reichsbürger planen, in allen größeren Städten solche Gemeinwohlkassen anzubieten. Dresden ist die zweite Stadt nach Ulm. Wir müssen sehen, wie sich das weitere Prozedere hier in Dresden vollzieht."

Erste Ermittlungen in Ulm

In Ulm wurden inzwischen Ermittlungen wegen der Reichsbürgerbank eingeleitet. So weit sind die sächsischen Behörden noch nicht. Sie scheinen es vorerst beim Warnen zu belassen. "Die Leute, die anlegen, müssen natürlich genau abwägen, welches Risiko sie damit eingehen, wenn sie ihr Kapital dort anlegen", so Christian.
Dass der Staat nicht schneller eingreift, kann ein Mann vor der Filiale nicht verstehen: "Wenn jeder machen kann, was er will, kommt es zu solchen Auswüchsen. Ich kann doch nicht eine Bank aufmachen im Sinne eines Reichsdeutschen – wo leben wir denn?" Das Königreich setzt weiter auf Expansion: Auf der Website gibt es aktuell mehrere Jobinserate, unter anderem als Leiter für neue Filialen der Gemeinwohlkasse.