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FIFA-Skandal
Neue Beweise belasten Schweizer Justiz

Das Schweizer Bundesgericht will bald ein Urteil in der 2-Millionen-Causa rund um Ex-FIFA-Präsident Blatter und Ex-UEFA-Chef Platini fällen. Jetzt spricht aber immer mehr dafür, dass die Bundesanwaltschaft selbst bei ihren Ermittlungen 2015 Platini gezielt als FIFA-Präsident verhindern wollte und Infantino so ins Amt kam.

Von Thomas Kistner | 30.06.2022
FIFA-Präsident Gianni Infantino winkt beim 69. FIFA-Kongress. Im Hintergrund sind die Fahnen der Mitgliedsverbände zu sehen.
Bekam FIFA-Präsident Gianni Infantino bei der Präsidentenwahl Hilfe von der Schweizer Justiz? (AFP / Franck Fife)
Michel Platini galt im Sommer 2015 als designierter FIFA-Präsident, Sepp Blatter hatte seinen Rücktritt verkündet. Im Herbst aber eröffnete die Schweizer Bundesanwaltschaft eine Strafermittlung gegen Blatter wegen zwei Millionen Franken, die die FIFA Jahre zuvor an Platini gezahlt hatte. Platini war dabei nicht einmal Beschuldigter, wurde von der Justiz aber namentlich benannt. Sofort sperrte ihn das FIFA-Ethikkomitee von allen Ämtern. An seiner Stelle kandidierte Gianni Infantino und gewann die Wahl zum FIFA-Präsidenten.
Nächste Woche wird das Schweizer Bundesgericht in der 2-Millionen-Causa urteilen, spannender ist aber die Frage, wie die Strafbehörde damals überhaupt auf die Zahlung gestoßen war.

Behinderte die Schweizer Justiz Platinis Kandidatur?

Neue Fakten und Dokumente legen jetzt nahe, dass der Schweizer Justiz ein beispielloser Skandal droht. Immer mehr nährt den Verdacht, dass die Bundesanwaltschaft bei ihren Ermittlungen 2015 den Franzosen Platini gezielt als FIFA-Präsident verhindern wollte – und den Schweizer Infantino so erst ins Amt brachte.
Neue Erkenntnisse zeigen, dass bereits Ende Juni 2015, nur einen Monat nach einer Razzia in der FIFA-Zentrale, ein Treffen zwischen Bundesanwalt Michael Lauber und Rinaldo Arnold, einem engen Freund Infantinos, arrangiert wurde.
Bei der Terminierung brach in der Schweizer Strafbehörde Hektik aus, spontan tagten Lauber und die Fußball-Ermittler. Vier Tage später erschienen FIFA-Anwälte und ließen Kisten entsiegeln, um Akteneinblick zu nehmen - darunter ein Behälter mit Unterlagen zu Platini. Die Kisten wurden wieder versiegelt.

Geheimes Treffen als Bewerbungsgespräch getarnt

Am 8. Juli dann trafen sich Infantino-Freund Arnold, ein Walliser Kantonsjurist, und Bundesanwalt Lauber. Noch am selben Tag ordnete die Behörde die erneute Öffnung der versiegelten FIFA-Kisten an. Danach wurde die Kisten nicht versiegelt, die Ermittler hatten nun freien Zugriff auf das Material. Nur eine Woche später wurde die Bank des damaligen UEFA-Präsidenten Platini kontaktiert – es ging um die Zwei-Millionen-Euro-Zahlung.
Offiziell soll das Treffen am 8. Juli ein Bewerbungsgespräch gewesen sein. Gegen Michael Lauber und Gianni Infantino laufen mittlerweile aber auch Strafermittlungen wegen mehrerer Geheimtreffen in den darauffolgenden Jahren – auch Infantino-Freund Arnold war da dabei.
Damit fließen jetzt auch neue, höchst belastende Sachverhalte in die Strafermittlung gegen Infantino und Lauber. Die Ermittlungen nehmen Fahrt auf, es könnte eng werden für den FIFA-Boss und seine diskreten Gesprächspartner in der Schweizer Strafjustiz.