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Nachrichten vom Merkur

Raumfahrt. - Merkur steht der Sonne am nächsten und ist damit der heißeste Ort in unserem Planetensystem. Seine "höllischen" Bedingungen erschweren denn auch Besuche. Doch in dieser Woche machen sich sowohl Alte wie Neue Welt mit neuen Missionen daran, diesen vergessenen Planeten wiederzuentdecken.

Von Guido Meyer | 14.01.2008
    Ort der Handlung: der Planet Merkur, derzeit rund 200 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, an einer Stelle in unserem Sonnensystem, bis zu der Funksignale länger als zehn Minuten brauchen. Heute Abend wird sich das Warten lohnen, hofft der Astronom Sean Solomon von den Carnegie Institution in Washington, D.C.

    "Am vierzehnten Januar wird erstmals nach mehr als 32 Jahren wieder ein Raumschiff Merkur besuchen. Zuletzt ist die amerikanische Sonde Mariner zehn 1975 an dem Planeten vorbeigeflogen. Wir werden uns Merkur auf etwa 200 Kilometer nähern. Wenn sich die Sonde wieder von ihm entfernt, soll sie Bilder seiner südlichen Hemisphäre aufnehmen. Dies werden die ersten Aufnahmen der kompletten südlichen Halbkugel sein."

    Messenger ist der Name dieses "Nachrichtenüberbringers" vom Merkur Richtung Erde, wenngleich er eigentlich für MErcury Surface, Space ENvironment, GEochemistry, and Ranging steht. Diese Abkürzung beschreibt denn auch die Mission: Die amerikanische Sonde soll die Oberfläche Merkurs, seine Wechselwirkung mit dem Weltraum und seinen geochemischen Aufbau untersuchen. Sean Solomon ist der Chef-Wissenschaftler von Messenger im Auftrag der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA.

    "Messenger hat sieben Instrumente an Bord, die wir während des Vorbeifluges alle ausprobieren wollen. Wir werden spektroskopische Messungen der Oberfläche Merkurs machen, uns seine Atmosphäre ansehen und sein Magnetfeld untersuchen, während wir seine Magnetosphäre durchfliegen."

    Der Vorbeiflug von Messenger am Merkur ist weder Selbstzweck noch das Ziel der Mission. Er ist nur ein Zwischenschritt, der dem Raumschiff helfen soll, abzubremsen, um in drei Jahren in eine Umlaufbahn um den Planeten eintreten zu können, wie Robert Farquahar von der NASA erläutet.

    "Wir haben uns bereits einmal von der Erde und zweimal von der Venus abbremsen lassen. An Merkur werden wir dreimal vorbeifliegen, bevor Messenger langsam genug sein wird, um ihn zu umkreisen. Darum dauert die Reise sechseinhalb Jahre. Wenn wir auf geradem Kurs zum Merkur flögen, müsste die Sonde gegen ihre Flugrichtung Bremsmanöver durchführen und dazu ein Unmenge an Treibstoff mitführen."

    Während sich Raumsonden zu Mars, zu den Asteroiden, zu Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun oder Pluto stets aufmachen ins äußere Sonnensystem und damit von der Sonne weg, stürzt Messenger geradezu auf die Sonne zu, wird von ihr angezogen und dabei immer schneller. Diese Bewegungsenergie muss die Sonde wieder verlieren. Gelingt das Manöver heute Abend, steht bereits im Herbst das nächste an, das Messenger-Chef-Wissenschaftler Sean Solomon beschreibt.

    "Der zweite Vorbeiflug ist für Oktober geplant, der dritte für September nächsten Jahres. Dann wird Messenger Merkur nicht wiedersehen bis März 2011. Sie wird dann ihre Bremstriebwerke zünden und so die erste Sonde werden, die Merkur umkreist und den Planeten aus dieser Position heraus für ein Erdenjahr beobachtet."

    Kein Planet ist der Sonne näher als Merkur. Das Zentralgestirn hat seine Eigendrehung mittlerweile so stark abgebremst, dass ein Tag auf Merkur zwei Jahre dauert. Der Planet hat also erst nach zwei Sonnenumläufen eine einzige Rotation um die eigene Achse vollendet. Diese Nähe zur Sonne lässt ein anfliegendes Raumschiff entsprechend heiß werden, wie James Leary erläutet, Systemingenieur am Labor für Angewandte Physik der Johns Hopkins University in Maryland und zuständig für Messenger.

    "Wir müssen das Flugdeck von Messenger nicht nur vor der nahen Sonne schützen, sondern auch vor Merkur selbst, der ebenfalls eine sehr heiße Oberfläche hat. Wir erwarten, dass sie während ihres Vorbeifluges Temperaturen von mehr als vierhundert Grad Celsius wird aushalten müssen. Der Hitzeschild wird so heiß werden wie eine Pizza, während das Heck der Sonde auf Zimmertemperatur verbleibt."