Der Kinderpoet Arne Rautenberg

Ein bisschen lyrische Anarchie

Von Regina Voss · 05.02.2019
Der 1967 geborene Lyriker Arne Rautenberg ist schon lange kein Geheimtipp mehr: Seine Gedichte für Kinder sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Bei seiner Zielgruppe kommen die Werke gut an, wie eine Lesung in Berlin zeigt.
"Mehr Licht fürs Kindergedicht" – unter diesem Titel hat Arne Rautenberg Ende Januar 2019 im Berliner Literaturhaus Schülerinnen und Schülern seine Gedichte vorgestellt und aus seinem Berufsleben erzählt.
Zum Staunen der Kinder ist der Laptop nicht das einzige Schreibgerät eines Schriftstellers im Jahr 2019. Auch ein Kugelschreiber und ein Notizheft müssen für den Dichter immer griffbereit sein, erklärte er den Fünftklässlern eines Berliner Gymnasiums:
"Wenn ich jetzt was Tolles sehe – angenommen ich stehe jetzt im Regen in Berlin hier an der Ampel und mir gegenüber steht da unter dem Regenschirm so ein riesiger Feuersalamander – dann würde ich mir eine kleine Notiz machen. Irgendwie: Berlin, Regen, Ampel, Feuersalamander, Fragezeichen."

Seine Gedicht schreibt er um Mitternacht

In der Nacht hat dieser Feuersalamander dann gute Chancen, in einem von Arne Rautenbergs vielen Tiergedichten aufzutauchen:
"Wenn kein Mensch irgendwas von mir will, dann wird es ganz ruhig in meinem Kopf. Dann sitze ich an meinem Schreibtisch, dann ist es meistens schon Mitternacht. Dann habe ich zwei Stunden Zeit und in diesen zwei Stunden schreibe ich meine Gedichte."

Jonglieren mit Silben und Worten

Der Lyriker ist ein sehr genauer Alltagsbeobachter: Ob albern oder hintergründig – nichts ist zu nichtig, um in seinen Gedichten Platz zu finden. Und wer die verknappten Beschreibungen laut liest, kann sofort den Spaß, den Rautenberg beim Dichten hat, nachvollziehen.
Er jongliert mit Silben, Wörtern und Zeilen, aber nicht als Selbstzweck: Er bringt sie inhaltlich und klanglich immer genau auf den Punkt. Oftmals auch visuell. Rautenberg, der Jandl und auch Ringelnatz verehrt, formt Texte gern zu Figuren, um den Buchstaben und Zeilen einen sichtbaren Ausdruck zu ermöglichen. So arbeitet er auch als bildender Künstler.
Arne Rautenberg hat Erfolg mit seinen Gedichten. Für seine Gruselgeschichten in dem Band "Unter dem Bett liegt ein Skelett" erhielt er 2016 als erster den Josef-Guggenmos-Preis für deutschsprachige Kinderlyrik. Der Band verkauft sich gut – und verfehlt auch bei den Schülern seine Wirkung nicht, wenn er daraus vorliest.

"Die totale Freiheit"

"Man kriegt alles widergespiegelt von den Kindern im Publikum, da ist eine Energie im Raum", erzählt Rautenberg im Gespräch. "Ich mag auch die Idee, so ein bisschen Anarchie, lyrische Anarchie oder wildes Gedankengut in diese Schulsphäre einzubringen."
Manchmal, erklärt er weiter, lässt er sich "von den tollen Reimen an die Hand nehmen", um "einfach davon zu galoppieren, und gar nicht zu sehr darauf zu achten, was es bedeutet oder wie viel Sinn macht das. Das ist totale Freiheit für mich. Auch deswegen schreibe ich so unheimlich gerne Gedichte."
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