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Ebola-Impfstoff
Der Wettlauf gegen das Virus

Einen Impfstoff gegen Ebola hätte es längst geben können. Wissenschaftler haben schon vor Jahren vielversprechende Mittel entwickelt. Aber die Zulassungsstudien dauern Jahre und sind sehr teuer - deshalb wurden sie nicht durchgeführt. Das will die Weltgesundheitsorganisation jetzt im Eilverfahren nachholen.

Von Marieke Degen | 22.10.2014
    Eine Probandin bekommt einen möglichen Ebola-Impfstoff injiziert
    Inzwischen sind die ersten Impfstoff-Studien am Menschen angelaufen (afp / Steve Parson)
    Einen Impfstoff gegen Ebola - es hätte ihn längst geben können. Wissenschaftler haben schon vor Jahren vielversprechende Kandidaten entwickelt, die zumindest Affen zuverlässig vor dem Virus schützen. Aber Zulassungsstudien für den Menschen dauern Jahre und sind sehr teuer - damals wollte sie keiner durchführen. Das will die Weltgesundheitsorganisation jetzt im Eilverfahren nachholen.
    Das Angebot kam schon im März. In Guinea hatten sich die ersten Menschen mit Ebola infiziert. Und schon damals hatte die Pharmafirma GlaxoSmithKline angeboten, die Entwicklung ihres Ebola-Impfstoffs voranzutreiben. Doch die Weltgesundheitsorganisation lehnte ab.
    "Wir haben nie gesagt, dass wir kein Interesse hätten. Aber wir sind davon ausgegangen, dass der Impfstoff ohnehin nicht rechtzeitig fertig wird. Alle Ebola-Ausbrüche vorher waren innerhalb von Monaten eingedämmt worden, mit Quarantänemaßnahmen und sicheren Begräbnisse. Damals, im März, konnte niemand ahnen, dass der Ausbruch in Westafrika zu dem werden könnte, was er jetzt ist", sagt Marie-Paule Kieny von der WHO.
    Jetzt, ein halbes Jahr später, ist das Virus in Westafrika völlig außer Kontrolle. Und die Weltgesundheitsorganisation will den Impfstoff von GlaxoSmithKline jetzt in Rekordzeit testen und zulassen. Dazu noch einen zweiten Kandidaten aus Kanada.
    "Diese Impfung wurde von der Public Health Agency in Kanada entwickelt. Die kanadische Regierung hat uns 800 Fläschchen davon zur Verfügung gestellt."
    Tests der Impfstoffe sind angelaufen
    Der Impfstoff von GlaxoSmithKline wird schon seit September am Menschen getestet, an gesunden Freiwilligen in den USA, in England, Mali und demnächst auch in der Schweiz. Der zweite Impfstoff, der aus Kanada, soll unter anderem in Hamburg getestet werden - noch in diesem Monat. In diesen sogenannten Phase-1-Studien wird geprüft, wie gut die Teilnehmer den Impfstoff vertragen, ob er wirkt, also sie genügend Antikörper bilden, und wie der Impfstoff dosiert werden muss.
    "Für den zweiten Impfstoff aus Kanada testen wir viele verschiedene Dosen, und natürlich wäre es am besten, wenn die niedrige Dosis schon die entsprechende Wirkung hätte - damit wir so viele Impfdosen wie möglich herausbekommen. Wir müssen herausfinden, bei welcher Dosis der Impfstoff am besten wirkt - und am besten verträglich ist."
    Erste Ergebnisse aus den Phase-1-Studien sollen im Dezember vorliegen. Danach könnten die Impfstoffe im Ebola-Gebiet eingesetzt werden - im Rahmen von größeren Studien. "Das soll ab Januar 2015 geschehen", sagt Kieny.
    Wer genau an diesen Studien teilnimmt, wer also geimpft werden soll, ist noch offen. Die Impfstoffe sind knapp - in den ersten Monaten werden wahrscheinlich nur ein paar tausend Dosen zur Verfügung stehen. Marie-Paule Kieny:
    "Wir diskutieren da verschiedene Konzepte. Man könnte in erster Linie Ärzte und Pfleger impfen, auch Bestatter oder Fahrer von Krankenwagen. Das wären mögliche Gruppen. Man könnte aber auch Familienmitglieder von Infizierten impfen, oder Kontaktpersonen. Das ist noch nicht entschieden."
    Herstellung der Impfdosen wird Monate dauern
    Wenn sich die Impfstoffe weiter bewähren, sollen sie auch so bald wie möglich für Massenimpfungen eingesetzt werden - um die breite Bevölkerung in Westafrika zu schützen. Es wird allerdings viele Monate dauern, bis Millionen von Impfdosen hergestellt sind. Einige Fachleute sind dafür, dass die Firmen jetzt schon in die Massenproduktion zu gehen, um keine Zeit zu verlieren - auch wenn sie noch gar nicht wissen, ob die Impfstoffe funktionieren. Die Kosten dafür wird die Weltgemeinschaft tragen müssen. Die betroffenen Länder schaffen das nicht.
    "Im Moment kann noch keiner sagen, wie viel der Impfstoff kosten wird. Aber es wird sicher in die hunderte Millionen gehen."
    Eine Massenimpfung gegen Ebola scheint noch in weiter Ferne. Die Helfer setzen weiter auf Maßnahmen wie Quarantäne, um das Virus einzudämmen. Ob das ausreicht, bleibt abzuwarten. Wenn nicht, werden sie den Impfstoff in Westafrika dringender brauchen als je zuvor.