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Boomende Branche
Carsharing immer beliebter

Einsteigen, losfahren und am Zielort abstellen: Carsharing ist beliebt. Das Geschäft mit dem Leih-Auto kommt nicht nur gut an, es gilt vielen auch als ein wichtiger Baustein für ein klimafreundliches Verkehrssystem. Doch stimmt diese Behauptung überhaupt?

Von Philip Banse | 20.02.2019
    Car-Sharing-Fahrzeuge stehen am 29.02.2016 in Berlin am Straßenrand.
    Teilen statt besitzen (picture-alliance / dpa / Bernd Von Jutrczenka)
    Auch im vergangenen Jahr ist Carsharing in Deutschland wieder gewachsen: Der Bundesverband Carsharing zählt bei den verschiedenen Anbietern insgesamt knapp zweieinhalb Millionen Nutzerkonten. Das sind 350.000 mehr Anmeldungen als im Vorjahr. Viele Menschen sind jedoch bei mehreren Carsharing-Diensten angemeldet, es dürften also deutlich weniger als 2,5 Million Menschen Carsharing nutzen. Es gibt gut 20.000 Carsharing-Autos in Deutschland, plus 12 Prozent.
    Wichtig ist die Verbreitung in der Fläche
    Besonders stark – um über 20 Prozent - gewachsen ist zuletzt das stationsbasierte Carsharing, wo die Autos an einem bestimmten Ort abgeholt und wieder abgegeben werden müssen. Diese Autos sind länger im Voraus buchbar und etwa nur halb so teuer wie die Carsharing-Autos, die überall in einem bestimmten Gebiet gemietet und auch abgestellt werden dürfen, den so genannten frei fließenden Autos, oder Englisch "free floating carsharing", das um knapp 15 Prozent gewachsen ist. Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des Bundesverbands Carsharing:
    "Wichtig ist noch zu sehen, dass die Verbreitung des Carsharing in Deutschland sehr gut ist. Wir haben mittlerweile 740 Orte mit einem Carsharing-Angebot. Die weitere Verbreitung freut uns immer sehr, denn die Verbreitung in der Fläche ist ja das, worum es geht. Wir haben in den meisten großen Städten Carsharing. Das heißt, jetzt geht es darum, in der Fläche zu expandieren."
    Trägt Carsharing zum Klimaschutz bei?
    Carsharing gilt als ein Baustein für ein klimafreundliches Verkehrssystem. Die Hoffnung: Je besser der öffentliche Nahverkehr, je besser die Radwege und je besser das Carsharing-Angebot, desto öfter verzichten Menschen auf ein eigenes Auto. Wie viele der Carsharing-Nutzer verzichten aber wirklich auf ihr Auto? Dazu gibt es verschiedenen Studien. Danach ersetze ein Carsharing-Auto 8 bis 20 private PKW. Das hänge jedoch von vielen Faktoren ab, sagt Carsharing-Lobbyist Nehrke, vor allem, wenn man sich die beiden dominierenden Varianten ansehe:
    "Dann ist das stationsbasierte Modell eindeutig das, das mehr private PKW ersetzt. Wir haben in der letztjährigen Studie das erste Mal auch gefunden, dass in dem Fall Car2go gar keine privaten Fahrzeuge ersetzt hat. Das ist natürlich nicht das gewünschte Ergebnis."
    Kaum E-Autos beim Carsharing
    Viele deutet darauf hin, dass mit diesen frei schwimmenden Carsharing-Modellen sogar eher Fahrten mit dem öffentlichen Nahverkehr ersetzt werden. Für ein klimafreundliches Verkehrssystem müssten also vor allem fest stationierte Carsharing-Systeme ausgebaut werden, damit die Wege hin zum Auto möglichst kurz sind. Das 2017 erlassene Carsharing-Gesetz sei ein wichtiger Schritt gewesen, damit Kommunen Stellplätze für Carsharing-Autos ausweisen können. Es fehle jedoch noch eine Verordnung, die festlegt, mit welchen Schildern denn diese Stellplätze gekennzeichnet werden müssen. Das bremse den Ausbau. Auch sei es wichtig, elektrische Ladesäulen an diesen Stellplätzen mit Geld zu fördern, damit mehr Elektroautos für das Carsharing bereitgestellt werden können. Aktuell seien von 100 Carsharing-Autos rund 10 elektrisch – fünfmal so viele wie bei privaten PKW, aber immer noch zu wenig.