Dienstag, 30. April 2024

Archiv

Weltmeisterschaft der Berufe
Nationalmannschaft soll Qualität des deutschen Handwerks zeigen

Ab dem 22. August findet im russischen Kasan die "Weltmeisterschaft der Berufe" statt. Im Team Germany treten 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in unterschiedlichen Disziplinen an. Sie haben sich im Trainingslager auf die "Worldskills 2019" vorbereitet.

Von Ludger Fittkau | 19.08.2019
Industriemechaniker-Azubis Dennis Raczkowski (vorn) und Martin Grünefeld beim Hand- beziehungsweise Maschinenbrennschneiden (hinten) im Ausbildungszentrum der Berliner Stadtreinigungsbetriebe BSR.
Das duale Ausbildungssystem Deutschlands hat weltweit einen guten Ruf - das will die deutsche Berufe-Nationalmannschaft bei den worldskills 2019 bestätigen (imago / Jürgen Heinrich)
Am Kicker-Tisch zwei Frauen und zwei Männer, alle um die zwanzig Jahre alt. Sie tragen schwarze T-Shirts oder Sportjacken mit einer kleinen Deutschlandfahne am Arm. Pause im dichten Programm des Trainingslagers der deutschen Berufe-Nationalmannschaft im idyllischen Taunus bei Frankfurt am Main. Die letzten Vorbereitungen vor dem heutigen Flug in die russische Millionenstadt Kasan – zur Weltmeisterschaft von mehreren Dutzend wichtigen Handwerks- und Dienstleistungsberufen.
Für das 20-jährige Nationalmannschaftsmitglied Anton Chertkov wird das in gewisser Weise ein Heimspiel sein, sagt er. Denn der Osnabrücker hat Wurzeln in Kasan - ein Teil seiner Familie lebt noch dort:
"Dass heißt, ich werde genug Unterstützung von meiner Familie kriegen und ich trete im Skill 40 – das ist Grafikdesign - an."
Amtierende Europameister und -meisterinnen dabei
Anton Chertkov kennt die Wettbewerbsaufgaben noch nicht, die er in den nächsten Tagen auf dem weitläufigen Messegelände in Kasan zu erfüllen hat. Rund anderthalbtausend "Berufsathleten" aus aller Welt werden bei der WM antreten. Die drei deutschen Nationalmannschaftskolleginnen und Kollegen, die mit ihm am Kickertisch stehen, wissen schon ihre ungefähren Aufgaben: der 22 Jahre alte Zimmermann Alexander Bruns - er ist bereits Europameister- wird ein stattliches Modellhaus bauen, die 19 Jahre alte Floristin Ines Senft mehrere aufwändige Blumengestecke zaubern.
Die zwanzigjährige Elisabeth Hölscher aus Franken ist die amtierende Europameisterin im Bereich Gesundheits- und Sozialbetreuung. Sie soll an einem Kranken- oder Pflegebett die richtigen Handgriffe für fachgerechte Körperhygiene oder Wundbehandlung demonstrieren:
"Wir entführen keine Patienten aus dem Krankenhaus in Kasan. Sondern wir arbeiten mit professionellen Schauspielern. Die eben schon Wochen vorher instruiert werden und sich auf diese Rolle vorbereiten."
Sich auf klare Wettbewerbsregeln in der Pflege zu einigen, war nicht so einfach:
"Es gibt gewisse Bereiche wie zum Beispiel Hände-Hygiene, wo man sich dann auf einen Kompromiss einigt und sagt: Okay- nach euren Standards Händewaschen und nach unseren Standards Hände desinfizieren wird beides anerkannt. Und im Zweifelsfall gilt aber das Landesrecht. Dort, wo man sich nicht einigen konnte, gelten jetzt für diesen Wettbewerb die russischen Standards."
4 junge Leute stehen rund um einen Fußball-Kickertisch. Alle sind Mitglieder der deustchen Berufe-Nationalmannschaft
Vorbereitung nicht nur am Kicker - die deutsche Berufe-Nationalmannschaft im Trainingslager (Deuschlandradio / Ludger Fittkau)
Intensive Vorbereitung nötig
Alle haben für die Berufe-WM in Kasan in den vergangenen Monaten intensiv trainiert – zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit als junge Fachkräfte in den Handwerks- und Dienstleitungsbereichen. Zimmerer-Europameister Alexander Bruns beschreibt, dass es beim Bau seines Modellhauses bei der WM auch körperlich anstrengend werden kann:
"Ich mache das ganz alleine. Aber gerade beim Aufbauen dann, da hat man Hölzer, die sind zum Teil zwei Meter oder zwei Meter 30 lang. Dass man die so händeln kann – da könnte man manchmal eben noch eine dritte oder vierte Hand gebrauchen."
Eine dritte Hand könnte auch die Floristin Ines Senft manchmal gut gebrauchen. Doch für aufwändige Untergestelle der Blumendekorationen, die in Kasan möglicherweise verlangt werden, bringt sie ganz gute Voraussetzungen mit: Ihr Bruder ist auch Zimmermann, mit Akkuschraubern und Sägen kennt sie sich deshalb seit ihrer Kindheit gut aus. Ihre größten WM-Konkurrenten verortet Ines Senft in Asien:
"China und Japan sind da sehr stark. Aber die trainieren auch ganz anders. Das kann man mit Deutschland oder anderen europäischen Ländern überhaupt nicht vergleichen."
WM-Prüfungsstandards als Grundlage der russischen Gesellenprüfungen
Auch die Russinnen und Russen sind im Bereich der Berufe-Nationalmannschaften auf dem Vormarsch. Die Vorbereitungen auf die Heim-WM in Kasan sind finanziell und administrativ intensiv gefördert worden. Die WM-Prüfungsstandards sind dafür sogar in die normalen russischen Gesellenprüfungen eingeflossen. Wladimir Putin persönlich hat sein Kommen zur Eröffnung der Berufe-WM angekündigt. Doch auch die deutsche Mannschaft rechnet sich durchaus Chancen für gute Platzierungen aus. Die hiesige Berufsausbildung im dualen System genießt weltweit einen guten Ruf.