Dienstag, 30. April 2024

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EU-Finanzhilfen
"Was da besprochen wurde, wird am Ende gar nicht ausreichen"

Die von den EU-Staaten beschlossenen Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise würden nicht reichen, meint Jan Techau vom German Marshall Fund. Am Ende müssten die Zentralbanken und die EZB "vermutlich das Geld aufbringen, das als Stimulus erforderlich ist", sagte Techau im Dlf.

Jan Techau im Gespräch mit Philipp May | 23.04.2020
Jan Techau (damaliger Direktor von Carnegie Europe) in der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner" am 20.11.2014 in Berlin.
Jan Techau. (imago - Müller Stauffenberg)
Die EU-Staaten streben einen Hilfsfonds an, um Europas Wirtschaft nach dem Ende der Coronapandemie aus der Rezession zu holen. Außerdem haben die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel das bereits von den Finanzministern beschlossene Hilfspaket von mehr als 500 Milliarden Euro gebilligt. Das Geld soll den besonders betroffenen Mitgliedstaaten in der Coronakrise helfen. Außerdem sollen Firmen und Arbeitnehmer unterstützt werden.
Jan Techau, Europa-Experte beim German Marshall Fund, glaubt an einen europäischen Ausweg aus der Krise. Doch der gelinge nicht allein mit den getroffenen Beschlüssen oder mit dem Wiederaufbaufonds "sondern, weil die Zentralbanken und die Europäische Zentralbank am Ende vermutlich das Geld aufbringen werden, das als Stimulus erforderlich ist. (...) Was da heute besprochen wurde, wird am Ende gar nicht ausreichen. Das ist nur dazu angetan, die politischen Spaltungen in Europa noch einmal zu verdeutlichen."
EU-Finanzhilfen in der Coronakrise
Gemeinschaftliche Anleihen, ESM, Wiederaufbauprogramme – in der EU wird gerungen, wie die immensen finanziellen Herausforderungen der Coronakrise bewältigt werden sollen. Ein Überblick.
Wiederaufbaufonds - kein Ersatz für Coronabonds
Am Ende seien die Banken das einzige Instrument, das noch Luft nach oben habe. "Die Vergemeinschaftung über Schulden oder über Coronabonds wird nicht stattfinden – dafür gibt es keinen politischen Spielraum in Europa zurzeit."
Der jetzt vereinbarte Wiederaufbaufonds sei keine Ersatz, der "Coronabonds am Ende das Wasser reichen könnte". Dort werde längst nicht das Volumen erreicht, das über Coronabonds erreicht werden könnte. Man behelfe sich dauerhaft mit anderen Hilfskonstruktionen. "Da das Vertrauen in Europa in gegenseitiges Haushalten aber nicht gegeben ist, und man sich eigentlich nicht wirklich über den Weg traut, ist am Ende nicht genug Spielraum für so eine große politische Lösung da", meint Techau.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)