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CDU Sachsen-Anhalt
"Keine Zusammenarbeit mit der AfD"

In seinem Landesverband werde es keine, wie auch immer geartete Kooperation mit der AfD geben, sagte Sachsens-Anhalts CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt im Dlf. Damit distanziert er sich von den Aussagen seines Fraktionsvizes Ulrich Thomas. Diese würden nicht für die Partei sprechen.

Siegfried Borgwardt im Gespräch mit Ute Meyer | 21.06.2019
Siegfried Borgwardt, Fraktionsvorsitzender der CDU Sachsen-Anhalt, auf einer Pressekonferenz.
Bei offiziellen Erklärungen der CDU-Landtagsfraktion sei er es, der Erklärungen nach außen abgebe, so Siegfried Borgwardt (dpa/Klaus-Dietmar Gabbert)
Ute Meyer: Die CDU ist um Schadensbegrenzung bemüht – so hat man den Eindruck, wenn es darum geht, die Äußerungen aus der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt von gestern zu relativieren. Gestern ist ein Interview des CDU-Fraktionsvizes in Sachsen-Anhalt, Ulrich Thomas, erschienen, in dem er sagt, dass eine Koalition mit der AfD nicht generell ausgeschlossen werden sollte. Sie sei zwar im Moment nicht denkbar, aber vielleicht in zwei oder fünf Jahren, je nachdem, ob sich in der AfD liberalere Kräfte durchsetzen. Ziemlich deutliche Worte gab es danach von der CDU-Spitze in Berlin mit Verweis auf einen Parteitagsbeschluss, der jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt. Der CDU-Parteichef von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht, legte gestern in einer Pressekonferenz noch nach und sagte: eine Koalition mit der AfD werde es mit ihm nicht geben. Am Telefon bei mir ist nun der CDU-Fraktionschef im Landtag von Sachsen-Anhalt, Siegfried Borgwardt. Herr Borgwardt, warum hält sich die CDU-Fraktion nicht an Parteitagsbeschlüsse der CDU?
Siegfried Borgwardt: Diese Äußerung ist ja Bezug nehmend auf die Rückfrage zu einer Wahlanalyse einer Kommunalwahl und der Europawahl, die vor kurzem auch in Sachsen-Anhalt war, und da hat unter anderem Ulrich Thomas eine Wahlanalyse vorgelegt. Das was Sie mich jetzt fragen, steht nicht in dieser Analyse, sondern das ist Ergebnis einer Nachfrage, in dem er sich so geäußert hat. Das wollte ich gerne mal richtigstellen.
Meyer: Aber dennoch, wenn ich da gleich einhaken darf: Es gibt ja immer mal wieder, sagen wir mal, Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen CDU und AfD. Warum passiert das immer wieder?
Borgwardt: Nach unserer Sicht werden die herbeigeredet. Die gibt es nicht. Wir haben eine ganz klare Sprachregelung bei uns und wir haben das auch mit wissenschaftlicher Begleitung und Demoskopen gemacht. Wir haben bei uns zu Beginn der Koalition, weil uns klar war, dass das Verhältnis zur AfD definiert werden muss, auch aus Sicht unserer Koalitionspartner, ein Papier erarbeitet und einstimmig beschlossen. Das heißt: "Abgrenzen, aber nicht ausgrenzen". Es gibt keinerlei Formen der Zusammenarbeit. Wenn drei Leute bei einem Minderheitenrecht mit dem gestimmt haben, dann ist das keine Zusammenarbeit.
"Er hat keine Erklärung für die CDU abgegeben"
Meyer: War das Interview so mit Ihnen abgesprochen, Herr Borgwardt?
Borgwardt: Nein. Das muss er auch nicht. Wenn wir offizielle Unterlagen der CDU-Landtagsfraktion rausgeben, bin ich derjenige, der Erklärungen nach außen abgibt. Aber Interview-Anfragen kann ich nicht reglementieren. Und wenn jemand eine Interview-Anfrage für ein Fraktionsmitglied hat, dann gehe ich natürlich davon aus – und insofern unterstütze ich diesen Passus auch nicht, weil er auch nicht den Realitäten entspricht und auch nicht Bestandteil dieses, von ihm verbreiteten Papieres ist. Ansonsten gebe ich die. Aber ich kann nicht Einfluss nehmen, wenn jemand als frei gewählter Abgeordneter eine Interview-Anfrage kriegt. Aber nicht für die Fraktion der CDU, und das hat er auch nicht getan.
Meyer: Noch mal zur Erklärung: Das Papier, auf das Sie abheben, ist ein internes Papier, in dem die beiden Fraktionsvizes die Stimmenverluste der CDU bei der Europa- und Kommunalwahl analysieren.
Borgwardt: Versuchen zu analysieren! Die kommen ja zu keinen Schlussfolgerungen. Wenn Sie das Papier tatsächlich kennen und gelesen haben, werden Sie wissen, dass das eine Aneinanderreihung von Wahlanalysen ist. Da kann man auch geteilter Meinung dazu sein. Wir werden das sicherlich auch im Landesvorstand am Montag besprechen. Aber das ist der Ausgangspunkt, wo er dann interviewmäßig angefragt wurde. Er hat keine Erklärung für die CDU abgegeben. Das behauptet auch keiner. Ich will es nur noch mal klarstellen. Insofern war das auch mit mir nicht abzustimmen.
Meyer: Das hört sich so an, als ob es durchaus unterschiedliche Meinungen gibt in Bezug auf die Aussagen der beiden Fraktionsvizes. Wie war denn das Echo in Ihrer Fraktion auf das Interview gestern?
Borgwardt: Ich muss da noch mal etwas ausholen. Das ist als erstes eine Sache der CDU-Partei im Land. Der Hauptinitiator hat auch nicht unterschrieben als Fraktionsvize, sondern als Kreisvorsitzender Harz. Das ist einer unserer größten Kreisverbände. Insofern ist eine Wahlanalyse einer Kommunal- und Europawahl kein originäres Thema der CDU-Landtagsfraktion, sondern der CDU-Landespartei. So müssen Sie dieses Papier einschätzen. Das ist kein Papier der CDU-Fraktion, wir haben darüber auch nicht abgestimmt oder in irgendeiner Weise befunden. Das werden wir jetzt mit der Landespartei am Montag im Landesvorstand machen.
Koalition der Vernunft
Meyer: Und welche Marschrichtung werden Sie da vorgeben, Herr Borgwardt?
Borgwardt: Die ist völlig klar. Wir haben klar gesagt, bei uns gibt es keine, wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD. Das ist für uns völlig klar, das steht außer Frage.
Meyer: Aber wie wahrscheinlich ist es, dass die CDU in Sachsen-Anhalt vielleicht nicht jetzt, aber doch in ein paar Jahren, wie Herr Thomas sagt, aus Gründen des Machterhalts sich weiter an die AfD orientiert und Abstand nimmt von der ungeliebten Kenia-Koalition mit SPD und Grünen?
Borgwardt: Eins ist auch klar: Wenn die Mehrheitsverhältnisse anderes gewesen wären, dann hätten unsere beiden Partner liebend gerne Rot-Rot-Grün gemacht. Das ist die erste Wahrheit.
Die zweite ist: Die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt hatte ja eine andere Option. Die haben wir aus ganz bestimmten Gründen bewusst nicht gemacht. Deswegen sind wir in die schwierige Kenia-Koalition als Koalition der Vernunft gegangen.
Meyer: Die Option, mit der AfD zusammenzugehen.
Borgwardt: Alle anderen hatten ja gar keine Alternative. Die hätte bei uns in einer theoretischen Sekunde bestehen können. Der haben wir uns aber bewusst verschlossen und das haben wir in großer Einheit in der Fraktion beschlossen.
Meyer: Ihr Vize Ulrich Thomas sagt, es ist im Moment nicht denkbar, aber sollten sich liberalere Kräfte in der AfD Sachsen-Anhalt durchsetzen, dann ja. Wie sehen Sie das, Herr Borgwardt?
Borgwardt: Ich sehe zurzeit keine liberaleren Kräfte und deswegen kann ich nicht in eine Glaskugel gucken. Ich kann Ihnen nur sagen, was wir für diese Legislatur und insgesamt in der CDU-Fraktion beschlossen haben, dass wir keine Zusammenarbeit mit der AfD, in welcher Form auch immer, machen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.