Hans Rosenthal

TV-Entertainer und Holocaust-Überlebender

Hans Rosenthal vor der Stoppuhr in der Quiz- und Spielshow "Dalli-Dalli". Er hält ein Schild, auf dem steht: "Dalli Dalli 21. November"
Hans Rosenthal (1925-1987) prägte die Radio- und Fernsehunterhaltung in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. © picture alliance / United Archives / Arthur Grimm
Er war einer der populärsten „Showmaster“ im Fernsehen der alten Bundesrepublik: Hans Rosenthal unterhielt mit „Dalli Dalli“ ein Millionenpublikum. Weil er Jude war, musste er sich während der NS-Diktatur verstecken. Am 2. April wäre Rosenthal 100 geworden.
Als in den 1970er- und 1980er-Jahren viele Millionen Zuschauer die großen Unterhaltungsshows im Abendprogramm einschalteten, war Hans Rosenthal eines der bekanntesten Gesichter im deutschen Fernsehen. Seine ZDF-Sendung „Dalli Dalli“ mit Spiel- und Quizelementen moderierte er 15 Jahre lang mit großem Erfolg – bis kurz vor Rosenthals Krebstod 1987.
Der meist heiter-freundlich auftretende Fernsehunterhalter Hans Rosenthal war ein Überlebender der Schoah, der Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden.
Der 1925 in Berlin geborene Hans Günter Rosenthal war der Sohn eines jüdischen Bankbeamten. Der Vater starb 1937, die Mutter verlor er 1941. Der junge Hans wurde von Heim zu Heim geschoben. Von 1940 bis 1943 musste er als Jude in Nazi-Deutschland Zwangsarbeit leisten. Sein jüngerer Bruder Gert wurde nach Riga verschleppt und ermordet.

Versteckt in einer Berliner Laubenkolonie

Unterstützt von zwei Berliner Frauen versteckte sich Rosenthal zwei Jahre lang bis Kriegsende in einer Berliner Laubenkolonie. So entkam er der Deportation in ein Vernichtungslager.
Ida Jauch, eine Freundin von Hans‘ Großmutter, rettete den Jugendlichen „Sie sagte sofort: Hans, Du bleibst hier. Ich habe hier ein kleines Zimmer mit einer Tapetentür, das ist gar nicht zu erkennen von außen, das ist direkt am Hühnerstall“, erinnert sich Rosenthal später. Nach dem Tod von Ida Jauch kam Rosenthal bei Nachbarin Maria Schönebeck unter.
In seinen 1980 erschienenen Erinnerungen „Zwei Leben in Deutschland“ schilderte Rosenthal eindringlich das Leben in seinem Versteck in Berlin-Lichtenberg in den letzten Kriegsjahren: „Das Schönste für mich war, wenn es nachts Luftalarm gab und die ‚feindlichen‘ Flugzeuge kamen. Dann gingen die anderen in einen Bunker, und ich konnte die Laube verlassen!“ Rosenthal nutzte die Bombennächte für kleine Ausflüge an die frische Luft. Die Bomber bedeuteten für ihn das Leben. „Wenn die Sirenen erklangen, schlug mein Herz höher.“
Das Buch erfährt nun im Jahr 2025 eine Neuauflage. Die Memoiren von Hans Rosenthal sind auch ein Plädoyer für Toleranz und gegen Rassismus. Außerdem wird es im ZDF einen Fernsehfilm über Rosenthal geben.
„Dadurch, dass ich in der schlimmsten Zeit zwei Menschen in Deutschland kennengelernt habe, die ihr Leben für mich aufs Spiel gesetzt haben, keinen Pfennig genommen haben – ich hatte ja kein Geld, ich konnte ihnen ja dafür nichts geben, die haben ihre Lebensmittelkarten mit mir geteilt, denn ich bekam ja keine, ich war ja nicht existent – bin ich ohne Ressentiments. Ich habe in der schlimmsten Zeit auch das gute Deutschland kennengelernt“, sagte Rosenthal Jahrzehnte später in einem Interview.

Rosenthals Karriere bei Rundfunk und Fernsehen

Nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands blieb Hans Rosenthal in der schwer zerstörten Stadt. 1945 kam er als Volontär zum Berliner Rundfunk. 1948 wechselte er zum Sender RIAS, wo Rosenthal ab 1962 Abteilungsleiter für Unterhaltung wurde. Er war zuvor unter anderem Ansager sowie Regisseur von Hörspielen und Kabarettsendungen. Im Radio wurde er mit Quiz-Sendungen wie „Wer fragt, gewinnt“ populär. Das 1965 gestartete „Sonntagsrätsel“ läuft bis heute im Programm von Deutschlandfunk Kultur. Bald machte Rosenthal TV-Karriere mit verschiedenen Unterhaltungsshows – ab 1971 mit „Dalli Dalli“.
In der Bundesrepublik, wo alte Nazis ab 1949 in Politik und Verwaltung wieder Machtpositionen einnahmen, war Hans Rosenthal aber nicht nur ein populärer und mehrfach preisgekrönter Entertainer: Er engagierte sich als Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland und war Vorsitzender der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. In den 1960er-Jahren war Rosenthal Vorsitzender des Berliner Fußballvereins Tennis Borussia, in dessen Altherrenmannschaft der Familienvater viele Jahre spielte.

Der jüdische Entertainer und die Nachkriegsgesellschaft

Als überlebender Jude machte Rosenthal TV-Unterhaltung für ein Publikum, das in Teilen vor wenigen Jahrzehnten noch Hitler zugejubelt hatte. „So oft die Leute es hörten wollten, hat Rosenthal erzählt, dass sein Erfolg auf seiner Normalität beruhe, darauf, dass er seinen Zuschauern zum Verwechseln gleiche“, schrieb dazu der Kolumnist Axel Hacke vor 25 Jahren in der „Süddeutschen Zeitung“. „Das Publikum hat das in satter Zufriedenheit entgegengenommen, als Beweis dafür, dass zwischen Deutschen und deutschen Juden alles wieder gut sei.“
Die Quizsendung "Dalli Dalli" mit dem Moderator Hans Rosenthal und den Kandidatinnen Maria Schell (rechts) und Barbara Rütting.
„Dalli Dalli“-Sendung 1971 mit dem Moderator Hans Rosenthal und den Kandidatinnen und Schauspielerinnen Maria Schell (rechts) und Barbara Rütting.© picture-alliance/United Archives
„Als Hans Rosenthal in die Luft sprang und sein ‚Sie sind der Meinung, das war spitze‘ ins Publikum rief, sagte mein deutscher Pflegevater: ‚Für einen Juden eigentlich ganz witzig‘“, erinnert der Schriftsteller Alem Grabovac sich 2021 in einem „taz“-Interview.

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Hans Rosenthal schrieb 1980 in seinen Memoiren über die Doppelrolle als Unterhaltungsprofi und gesellschaftlich engagierter Jude: „Manchmal, wenn ich in einer Sitzung der Jüdischen Gemeinde das Wort erbitte und spreche, bemerke ich einen gewissen Verblüffungseffekt bei den anderen: Man wundert sich ganz offensichtlich, dass ein ‚Entertainer der leichten Muse‘ ernst sein kann, zu kämpfen fähig ist, wenn es darauf ankommt.“ Er sei nicht immer das „Hänschen“ aus „Dalli Dalli“, das hochspringt, wenn etwas „spitze“ ist.
1978 fiel der 40. Jahrestag der judenfeindlichen Pogrome in Nazi-Deutschland („Reichskristallnacht“, wie der tagelange mörderische Terror des Novembers 1938 lange Zeit genannt wurde) auf ein Sendejubiläum von „Dalli Dalli“. In der ARD-Doku „Kulenkampffs Schuhe“ von Regina Schilling über mehrere deutsche TV-„Showmaster“ der Nachkriegszeit wird geschildert, was passierte, nachdem Rosenthal darum bat, den Sendetermin zu verschieben. „Das ZDF meint, er sei zu empfindsam.“ Er moderierte die Sendung – trug dabei einen schwarzen Anzug. Ein stiller Protest. Wenig später begann Hans Rosenthal damit, seine Lebens- und Überlebensgeschichte aufzuschreiben.

tei, mp
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