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Washington Post
Ermittlungen gegen Trump

Es ist eine Wende in der Russland-Affäre: Die US-Justiz ermittelt nun anscheinend auch gegen US-Präsident Trump persönlich. Sonderermittler Mueller geht laut Washington Post dem Verdacht nach, dass Trump aktiv versucht haben soll, Ermittlungen in der Affäre zu behindern.

15.06.2017
    Portraits von Trump und Mueller
    Portraits von Trump und Mueller (imago stock&people)
    Bislang ging es in der Affäre hauptsächlich um die Frage, ob sich Russland in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 eingemischt hat - und ob Trumps Wahlkampf-Team davon gewusst oder sogar profitiert haben könnte. Dabei hatten sich die Ermittlungen bisher auf Menschen in Trumps Umfeld gerichtet. Der Präsident hatte selbst immer wieder hervorgehoben, dass gegen ihn persönlich nicht ermittelt werde. Das hat sich nun offenbar geändert.
    Die Washington Post beruft sich in ihrem Bericht auf anonyme Quellen, die über die Anfragen des Ermittlerteams von Mueller informiert worden seien. Demnach sind mehrere führende Geheimdienstvertreter bereit, Fragen von Mueller zu beantworten. Unter ihnen sollen der Nationale Geheimdienstdirektor Coats und der Chef des Abhördienstes NSA, Rogers, sein. Die ersten Vernehmungen könnte es noch in dieser Woche geben.
    Ermittlungen nach Comey-Entlassung
    Laut Bericht haben die Ermittlungen gegen Trump kurz nach der überraschenden Entlassung von FBI-Chef Comey begonnen. Comey war am 9. Mai von Trump gefeuert worden, vergangene Woche wurde er dazu vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats befragt.
    Der ehemalige FBI-Direktor James Comey wird vor Beginn seiner Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats vereidigt.
    Der ehemalige FBI-Direktor James Comey wird vor Beginn seiner Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats vereidigt. (dpa-Bildfunk / ZUMA Wire / Alex Edelman)
    Comey hatte unter Eid ausgesagt, dass Trump mit seiner Entlassung offenbar versucht habe, die Russland-Ermittlungen zu untergraben. Comey beschrieb, wie Trump bei einem Vier-Augen-Gespräch darauf gedrängt habe, die Ermittlungen gegen den früheren Nationalen Sicherheitsberater Flynn einzustellen. Konkret soll er Comey gebeten haben: "Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, das fallen zu lassen." Mit "das" waren die FBI-Ermittlungen gegen Trumps früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn gemeint.
    Sollte das stimmen, hätte sich Trump in ein laufendes Verfahren einer unabhängigen Behörde eingemischt. Comey ist laut eigener Aussage darauf nicht eingegangen. Flynn gilt als Schlüsselfigur der Russland-Affäre. Er musste den Hut nehmen, weil er über seine Kontakte nach Moskau gelogen hatte.
    Druck auf Geheimdienstchefs?
    Unklar ist, ob Trumps Äußerung gegenüber Comey der einzige Anhaltspunkt für die Ermittlungen sind. Der Washington Post zufolge soll Trump auch die beiden Geheimdienstchefs Coats und Rogers dazu gedrängt haben, öffentlich zu erklären, dass es keine Belege für illegale Absprachen seines Wahlkampfteams mit Russland gebe. Coats soll von Trump zudem darum gebeten worden sein, Comey dazu zu bringen, die Ermittlungen wegen der mutmaßlichen Russlandverbindungen nicht auf Flynn zu fokussieren.
    Sowohl Coats als auch Rogers hatten dazu in öffentlicher Sitzung des Geheimdienstausschusses des US-Senats nicht klar geäußert. Wie Comey sagten aber auch Rogers und Coats in nicht öffentlicher Sitzung aus. Über die Inhalte wurde bisher kaum etwas bekannt
    "Skandalös und unentschuldbar
    Trumps Anwälte übten scharfe Kritik an der Veröffentlichung der Washington Post. Dass Ermittlungs-Interna an die Presse geraten seien, sei "skandalös, unentschuldbar und illegal", sagte ein Sprecher. Die Informationen des Blatts dementierte er indes nicht.
    Mueller ist der Vorgänger von James Comey als Chef des FBI und genießt einen exzellenten Ruf als Ermittler. Zuletzt hatte es aus dem Umfeld des Präsidenten geheißen, Trump erwäge eine Entlassung von Sonderermittler Mueller. Dieser sei nicht neutral. Das Weiße Haus hatte dem aber widersprochen. Anders als ein unabhängiger Sonderermittler des Kongresses wie etwa in der Watergate-Affäre, hat Mueller aber eine Position, in der er theoretisch vom Präsidenten gefeuert werden könnte.
    Der Verdacht der Justizbehinderung ist für Trump gefährlich. Die Behinderung laufender Ermittlungen ist mindestens ein Verstoß gegen ethische Normen, im schlimmsten Fall ein Straftatbestand. Der Vorwurf der Justizbehinderung hatte 1974 im Zuge der Watergate-Abhöraffäre zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon geführt.
    (rm/tep)