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Spielend Geld verdienen?

In Leipzig findet zurzeit die größte Messe für Computerspiele in Europa statt - die Games Convention. Die Veranstalter rechnen bis zum Wochenende mit weit über 100.000 Besuchern. die ihre Neugierde auf kommende Videospiele stillen können. Auf Spiele, die vor allem aus den USA und Japan stammen, denn Deutschland ist, was die Spieleentwicklung angeht, ein Entwicklungsland, sagt Maic Masuch, Professor für Computerspiele an der Uni Magdeburg.

Moderation: Sandra Pfister | 17.08.2005
    Sandra Pfister: Vor etwas mehr als 30 Jahren bewegte sich ein Punkt auf einem Monitor hin und her. Heute würden sich Computerspieler darüber kaputt lachen, aber "Pong" war so etwas wie die Geburtsstunde des Computerspiels. Mittlerweile existieren sogar virtuelle Existenzen im Internet. Die Nutzer von "World Of Warcraft" beispielsweise bauen sich im Netz eine komplette eigene Existenz auf. Dass Computerspiele ein gigantischer Wirtschaftszweig sind, zeigt sich daran, dass mittlerweile ganze Spielemessen ausgerichtet werden, zum Beispiel die Games Convention ab heute in Leipzig. Und Computerspiele werden akademisch: Maic Masuch von der Universität Magdeburg ist Deutschlands erster Professor für Computerspiele. Er ist uns jetzt am Telefon zugeschaltet. Das hört sich eigentlich ja nach einem Traumjob an für jemanden, der gerne Computer spielt, was Sie machen?

    Maic Masuch: Ja, natürlich glaubt jeder, dass man eigentlich den ganzen Tag Computerspiele spielen könnte, aber leider ist es so, dass es auch mit sehr viel Arbeit verbunden ist. Denn Computer spielen ist etwas anderes, als Computerspiele entwickeln. Es ist inzwischen ein knochenharter Job geworden.

    Pfister: Was heißt das konkret: knochenharter Job?

    Masuch: Also wenn wir uns mal so eine typische Computerspielproduktion anschauen, dann ging das vor einigen Jahren noch mit einem einzelnen Programmierer. Heutzutage sitzen da Teams von 20 bis 30 Leuten für eine Produktionszeit von ungefähr zwei bis drei Jahren dran. Das ist einfach ein Budget, das umfasst mehrere Millionen Euro. Das sind alles Spezialisten, die fulltime daran arbeiten und dennoch ist immer nicht gesichert, ob das Spiel tatsächlich so rauskommt. Es ist also auch ein sehr großes Risiko dabei und von der unternehmerischen Perspektive her ist es auch immer ein großes Wagnis, weil man nie weiß, ob sich das Produkt auch tatsächlich so gut verkaufen wird am Markt, wie man das eigentlich sich wünscht.

    Pfister: Kommen wir noch mal zurück zum Studium: Bei Ihnen heißt der Studiengang "Computervisualistik". Wie Sie das Studium aus? Spiele testen, haben Sie gesagt, ist es nicht. Was lernt man da?

    Masuch: Also das ist vergleichbar mit einem Informatikstudium und wir legen einen besonderen Schwerpunkt auf Bilder. Die Visualistik steckt da mit drin, und es ist im Wesentlichen eigentlich ein Medieninformatikstudium und man kann bei uns einen Schwerpunkt in der Computerspiel-Entwicklung wählen. Man hat also ein abgeschlossenes Informatikstudium danach, mit einer Vertiefung, wie andere Leute in Datenbanken, hat man sie bei uns dann in Computerspielen.

    Pfister: Sich fürs daddeln interessieren allein, das reicht wahrscheinlich nicht. Was muss man mitbringen, um bei diesem Studiengang erfolgreich zu sein?


    Masuch: Ja, das ist leider ein noch häufig gehörtes Vorurteil, dass das Spielen von Computerspielen eigentlich auch dazu befähigen sollte, gute Spiele zu entwickeln. Es ist so, dass Entwickler auch sehr viel spielen müssen, einfach um die Konkurrenz zu kennen, aber in erster Linie müssen sie sehr gut programmieren können. Und sie müssen sehr gut im Team arbeiten können, nämlich gerade Computerspiele sind eine Teamentwicklung, wie man es sonst in anderen Branchen gar nicht hat. Wir haben zum Beispiel mit Produktionsleitern zu tun, mit Designern, mit Musikern und sehr vielen unterschiedlichen Aspekten, die alle in dieses Computerspiel fließen. Deshalb muss man ein guter Teamarbeiter sein und sich nebenbei natürlich auch mit den ganzen Algorithmen auskennen.

    Pfister: Wo kann man sich denn ausbilden lassen in diesem Bereich, außer bei Ihnen in Magdeburg?

    Masuch: Das ist relativ schwierig. Häufig erreichen mich so Anfragen: Ich möchte unbedingt Spieleentwickler werden, wie soll ich das denn machen? Ich muss die Leute zumeist verweisen, zum einen gibt es einen Ausbildungsstandort, die Games Academy in Berlin. Das ist allerdings kein akademisches Studium, sondern es ist im Prinzip eher so eine weiterführende Berufsausbildung, die aber auch Geld kostet, von daher auch nicht für jedermann geeignet sind. In Deutschland sind wir im Bereich der Informatik die einzigen. Es gibt in England und in Amerika natürlich noch reihenweise Studiengänge, wo man sich zum Spieleentwickler ausbilden kann.

    Pfister: Abgesehen vom Studium und der Ausbildung in Deutschland gibt es meines Wissens auch nicht viele Entwickler für digitale Spiele.

    Masuch: Deutschland ist nach wie vor ein Entwicklungsland. Es gibt einige Toptitel, die hier gemacht werden, aber es sind im Vergleich zu den USA oder zu Großbritannien oder gar Frankreich eigentlich sehr wenig. Wir sind dabei immer noch im Aufbau. Es ist so ein bisschen, dass in Deutschland man noch so ein bisschen schief angesehen wird, wenn man sagt, man ist Spieleentwickler. Ich glaube, die Deutschen haben da immer noch ein gewisses gespaltenes Verhältnis zu Freude und Entertainment oder Entertainment als Business zu begreifen, so wie es die Amerikaner können. Die sind sehr begeisterungsfähig, wenn ich da sage: Hallo, ich bin Professor für Computergames, dann sagen die: Wow, great! Hier in Deutschland muss ich das meistens erläutern: Ja das ist aber etwas sehr Seriöses.

    Pfister: Wenn es nicht so viele gibt, bedeutet das umgekehrt, die Leute, die jetzt auf den Markt kommen, haben gute Berufsaussichten?

    Masuch: Unterschiedlich. Gute Leute werden immer gesucht. Wenn ich in die Branche rein möchte, dann muss ich schon nach wie vor irgendwelche Projekte im Bereich Spiele gemacht haben. Unsere Studenten haben viele Spielprojekte in dem Sinne gemacht, dass sie schon in Teams einzelne kleinere Spiele programmiert haben. Wenn jemand aus einem anderen Bereich das machen möchte, dann muss er schon irgendwie im Spielebereich aktiv gewesen sein - eigene Mods gebaut zu haben, ein eigenes Spiel programmiert, eine eigene Engine gemacht haben. Das ist sozusagen der Eintrittsschlüssel momentan.