Israel

Mit offenem Gaumen für die deutsche Küche

Tom Franz
Mit seinen Auftritten in einer Kochshow wurde Tom Franz in Israel zum TV-Star. © dpa / picture alliance / Dana Franz
Tom Franz im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 12.05.2015
Tom Franz hat sich in die Herzen der Israelis hineingekocht und die Neugier auf deutsche Küche wieder geweckt. 2013 war er der Sieger in der populären TV-Kochshow "Masterchef".
Fast alle Israelis kennen den Deutschen Tom Franz, seit er über vier Monate lang im Fernsehen kochte und Rekordeinschaltquoten erntete. "Ich habe da gekocht, mein Bestes gegeben, habe mich präsentiert", sagte Franz im Deutschlandradio Kultur. "Ich habe gemerkt, dass die Menschen mich wirklich mögen, dass ich wirklich von diesem Land, von den Menschen umarmt werde auf der Straße und das ist ein ganz tolles Gefühl."
Etwas mehr Pepp gefragt
Er habe deutsches Essen in Israel wieder salonfähig gemacht, sagte Franz. Die deutsch-jüdische Küche sei lange Zeit vergessen und verpönt gewesen. Es überwog eine intensivere Regionalküche, gegen die mildere deutsche Geschichten eher verblassten. "Die Rezepte, die ich mache, haben häufig einen deutschen Ursprung, die ich dann ein bisschen abgewandelt habe hier in Israel und die Leute haben dafür wieder ein offenes Ohr und einen offenen Gaumen." Das bedeute aber nicht, dass es jetzt in Israel eine große Welle gebe und alle deutsche Gerichte kochten. Die israelische Küche sei ein "Feuerwerk von Geschmack" und man müsse den deutschen Gerichten schon etwas Pepp verleihen, um diese Küche für Israelis zugänglich zu machen.
Die Faszination von zwei Küchen
Franz wanderte 2004 nach Israel aus, konvertierte zum Judentum und isst selbst koscher. Schon vor 20 Jahren habe er in Deutschland damit begonnen, Schweinefleisch und Meeresfrüchte nicht mehr zu essen, sagte er. Heute fasziniert es ihn, in zwei Küchen zu kochen: "Einerseits gibt es Verbote, was man nicht essen darf", sagte Franz. "Andererseits hat man zwei Küchen auf einmal, man hat eine milchige und eine fleischige Küche, in denen man innerhalb der Regeln sich frei entfalten kann." Vorher habe er eine große Küche gehabt, in der er alles durfte. Auf einmal habe er nun zwei Küchen. "Und ich denke in zwei verschiedene Richtungen, die haben verschiedene Regeln und verschiedene Möglichkeiten."

Das Interview im Wortlaut:
Korbinian Frenzel: Ein Deutscher in Israel, ein Deutscher in Tel Aviv, und nicht irgendein Deutscher, sondern ein Deutscher, den eigentlich fast alle Israelis kennen dank einer Kochshow, die mittlerweile vor, ja, knapp anderthalb Jahren ...?
Tom Franz: Ja, ist knapp zwei Jahre her.
Frenzel: Und da haben Sie sich in die Herzen der Israelis gekocht, kann man wahrscheinlich so sagen.
Franz: Das ist tatsächlich so gewesen. Also über vier Monate lief die Show, und wir hatten Rekordeinschaltquoten, bis hin zu über 50 Prozent Einschaltquote, und nach diesen vier Monaten kannte man mich im ganzen Land. Und ich habe da gekocht, mein Bestes gegeben, habe mich präsentiert, und auf einmal war ich bekannt, und ich habe gemerkt, dass die Menschen mich wirklich mögen, dass ich wirklich von diesem Land, von den Menschen umarmt werde auf der Straße. Und das ist ein ganz tolles Gefühl.
Frenzel: Wir sind jetzt hier verabredet auf ein Frühstück, so haben wir das mal genannt, es ist ja auch gerade die richtige Uhrzeit. Sie haben schon mal für uns bestellt. Was haben wir denn jetzt hier auf dem Tisch?
Franz: Also das israelische Frühstück unterscheidet sich von dem europäischen und dem deutschen enorm, also das israelische Frühstück ist eine zentrale Mahlzeit. Vor allem gehört zum Frühstück dazu ein israelischer Salat, der aus Tomaten und Gurken gemacht wird und mit frischen Kräutern angemacht wird. Man isst auch gerne schon Oliven morgens. Was auch hier dazugehört, ist Trina, das ist eine Sesampaste, die angemacht ist. Das sind Sachen, die also klassisch hier dazugehören. Eigentlich kann man das Mittagessen überspringen und erst abends wieder weitermachen.
Viele Israelis leben nicht koscher
Frenzel: Sie sind aus Deutschland gekommen 2004, leben und essen selbst koscher, sind auch zum Judentum übergetreten. Das ist jetzt mal das ganze Paket, das ich dargestellt habe, wahrscheinlich gehört noch viel mehr dazu.
Franz: Ja.
Frenzel: Aber ist das ein notwendiger Schritt, wenn man sagt, ich gehe nach Israel, dass man auch diese Schritte mitgeht, um richtig hier anzukommen?
Franz: Also ich glaube, dass gerade das Koscher-Essen in Israel nicht erforderlich ist, um hier anzukommen. Es ist insbesondere in Tel Aviv so, dass bestimmt zwei Drittel der Restaurants und entsprechend natürlich auch der Bevölkerung überhaupt nicht koscher halten, also sind es wenige. Für mich kam es viel, viel früher. Schon vor fast 20 Jahren habe ich angefangen in Deutschland, angefangen, koscher zu halten, indem ich auf sehr unkoschere Produkte wie zum Beispiel Schweinefleisch oder Seafood verzichtet habe, einfach aus dem Gefühl heraus, dass es richtig ist, so zu essen.
Frenzel: Macht es denn die Küche auch spannender?
Franz: Einerseits gibt es wirklich Verbote, was man nicht essen darf, aber andererseits hat man zwei Küchen auf einmal: Man hat eine milchige und eine fleischige Küche, in denen man innerhalb der Regeln sich frei entfalten kann. Vorher hatte ich eine große Küche, in der ich alles durfte, und das ist natürlich auch ganz nett, aber auf einmal habe ich zwei, und ich denke in zwei verschiedene Richtungen. Die haben verschiedene Regeln, die haben verschiedene Möglichkeiten. Und wenn ich beide ausreize mit einer Liebe für die Küche und irgendwie einem Kreativitätsdrang, was Kochen angeht – ich kann nur sagen: Ich finde das toll, ich habe dadurch gewonnen, und meine Gerichte funktionieren wunderbar damit und ich vermisse nichts.
Frenzel: Tom, ich glaube, wir müssen gerade mal hier diese leckere Glasplatte attackieren und das sollten wir besser nicht tun, während die Hörer uns zuhören und uns schmatzen hören. Wir machen eine kleine Pause und machen gleich weiter.
Liebe auf den ersten Blick
Frenzel: Sie sind nach Israel gekommen und das ist in Ihrem Fall, muss man dazu sagen, keine Selbstverständlichkeit. Sie sind nicht jüdisch gewesen, Sie sind zum Judentum mittlerweile konvertiert. Warum Israel, wie kam diese Verbindung zu Israel?
Tom Franz: Also bei mir ist das eine ganz lange Geschichte, die wirklich mit einem Zufall begonnen hat: Vor 25 Jahren kam eine Schüleraustauschgruppe aus Israel zu mir in die Schule und das war so eine Art Liebe auf den ersten Blick zu diesen Menschen.
Frenzel: Wir haben jetzt die ganze Zeit noch gar nicht über ein Thema gesprochen, das eigentlich immer Thema ist, wenn man über Deutschland und Israel spricht, nämlich die Vergangenheit, die traurige Vergangenheit, den Holocaust und die Frage, wie das eigentlich das Verhältnis der Israelis zu Deutschen bestimmt, noch immer bestimmt. War das für Sie ein Thema, ist das für Sie ein Thema? Begegnet Ihnen das?
Franz: Ich habe das natürlich irgendwie in den 25 Jahren, die ich mit Israelis Kontakt habe und hier herkomme, in allen möglichen Phasen durchlaufen. Ich muss aber sagen, dass das vor 25 Jahren viel mehr ein Thema war, als es das heute ist, und die Einstellung auch viel deutschlandskeptischer war, als das heute der Fall ist. Es gibt kaum noch Israelis, die sagen, ich würde keine deutschen Produkte kaufen, sondern jeder wäre froh, er könnte einen Mercedes fahren. Das wird wahrscheinlich in zehn Jahren noch ein Stück besser sein.
Deutsche Küche war lange vergessen und verpönt
Frenzel: Wenn wir schon beim Stichwort deutsche Produkte sind, kommen wir noch mal zurück aufs Essen und vielleicht auch aufs deutsche Essen: Gibt es denn deutsche Einflüsse, auch vielleicht neue deutsche Einflüsse in der israelischen Küche? Haben Sie dafür gesorgt?
Franz: Ja, das muss man wohl wahrscheinlich tatsächlich dann personifizieren auf mich, dass ich etwas Einfluss genommen habe auf die Kulinarik hier und auch deutsches Essen wieder salonfähig gemacht habe. Die deutsche Küche, insbesondere da reden wir natürlich auch von der deutsch-jüdischen Küche, die war zwischen vergessen und verpönt lange Zeit. Die hat hier nicht großen Bestand gehabt nach dem Zweiten Weltkrieg. Zum einen sind viele Menschen umgekommen, die hätten diese Küche kochen können, zum anderen hat hier eine starke Regionalküche geherrscht, die viel intensiver und viel beherrschender ist als die milden und zurückhaltenden deutschen Gerichte, sage ich jetzt mal.
Frenzel: Aber das klassische Deutsche – was zum Beispiel ist da so eine Sache, die hier wieder gekocht wird, die Sie auch mitgebracht haben?
Franz: Ich sage mal so: Allgemein kann man das natürlich jetzt nicht für die großen Massen sagen, das kann ich nicht sagen. Aber die Rezepte, die ich mache, die haben häufig einen deutschen Ursprung, die ich dann ein bisschen abgewandelt habe hier in Israel, und die Leute haben dafür wieder ein offenes Ohr und einen offenen Gaumen. Also dass jetzt allgemein hier eine große Welle durchs Land läuft und alle deutsche Gerichte kochen, ist nicht der Fall. Man muss ja auch einfach sehen, dass es in Deutschland immer noch die klassischen Gerichte gibt, die werden mild gewürzt mit Salz, Pfeffer und wenigen anderen Zutaten gewürzt, und hier ist das genau das Gegenteil. Hier ist ein Feuerwerk von Geschmack. Und man muss schon den deutschen Gerichten Pepp geben, um sie zugänglich zu machen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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