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Kürmusik
Der Hit zum Flip

Was genau zeichnet eine Goldkür auf Kufen aus? Mögen Pferde Mozart lieber als Schubert? Und wie tanzt es sich unter Wasser? Das Erfolgsgeheimnis liegt auch in der richtigen Musikwahl, Klassik gilt als besonders heikel.

Von Noemi Schneider |
Eiskunstlauf in Aktion: Ein Mann hält mit der Hand das ausgestreckte Bein seiner Partnerin fest.
Perfekte Harmonie: die Goldkür der deutschen Paarläufer Aljona Savchenko und Bruno Massot bei den Olympischen Winterspielen 2018. (picture alliance / Peter Kneffel/dpa)
„La Terre Vue Du Ciel“ – „Die Erde vom Himmel aus betrachtet“ wurde von Armand Amar ursprünglich nicht fürs Eis, sondern für einen Dokumentarfilm komponiert. Trotzdem unterstrich die Musik kongenial die Bewegungen des deutschen Duos Aljona Savchenko und Bruno Massot bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Die beiden Eiskunstläufer schwebten darauf zur Goldmedaille und gingen in die Sportgeschichte ein.

Neue Ära dank Ravels „Boléro“

Die Choreographie des deutschen Paares stammte von dem britischen Eistanz-Olympiasieger Christopher Dean, der sich mit Jahrhundertküren auskennt: 1984 schrieb er gemeinsam mit seiner Partnerin Jane Torville zu Maurice Ravels „Boléro“ Musikgeschichte auf Kufen.
Ein Gesamtkunstwerk aus Musik und Bewegung zu schaffen ist nicht nur im Eiskunstlauf das erklärte Wettkampfziel, auch in der Dressur und im Synchronschwimmen folgt bekanntermaßen auf die Pflicht die Kür. Bewertet wird hierbei besonders die Synchronität zwischen Musik und Bewegung und natürlich die Musikauswahl. Welche Anforderungen muss eine gelungene Kürmusik erfüllen?
„Wir brauchen Musik, die uns inspiriert und uns einen Takt vorgibt, Bewegungsmuster vorgibt, Bilder im Kopf entstehen lässt“, sagt die Bundestrainierin Synchronschwimmen Doris Ramadan. Filmmusiken stehen besonders hoch im Kurs. Ansonsten reicht die Musikauswahl von Pop bis Klassik.

Klassik gilt als besonders herausfordernd

„Klassische Musik: Da muss man ein extrem gutes Level haben, also wirklich ein gutes Niveau, denn wenn man Schwanensee hört, jeder hat das Schwanenseeballett vor Augen und dementsprechend ist das auch sehr schwer darzustellen. Deswegen versuchen wir die Musik dementsprechend so auszuwählen, wo unsere Athleten auch stehen.“
Ein Ort, an dem nur die klassische Musik erklingt, ist die Spanische Hofreitschule in Wien. Bis in die Fünfzigerjahre fanden die Vorführungen der Hofreitschule mit Live-Orchester statt. In der Ära des legendären Oberst Podhajski wurde eine moderne Ton- und Lichtanlange angeschafft. Die Playlist ist seit über einem halben Jahrhundert dieselbe.

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„Entscheidend ist der Takt bei der Musik, weil das ja natürlich auch zu der jeweiligen Gangart passen muss“, sagt der Bereiter Florian Zimmermann. „Wir haben ja drei Grundgangarten: Schritt, Trab, Galopp. Im Trab haben wir den 2er-Takt, im Galopp den 3er-Takt und im Schritt den 4er-Takt und das heißt, das muss ja auch vom Musikstück her dann zu den Gangarten passen. Das ist das Entscheidende, weil auch der Laie das eben sieht und hört und dann verbinden kann miteinander.“

Lippizaner reagieren unterschiedlich auf Musik

Die Wiener Klassik gehört zur Spanischen Hofreitschule wie der Donauwalzer zum Neujahrskonzert der Philharmoniker. Sobald die Lippizanerhengste aus Zucht und Trainingszentrum nach Wien kommen, werden sie an die Klänge gewöhnt.
„Und es gibt Hengste, die sind total unbeeindruckt, da merkt man überhaupt keinen Unterscheid, die sind auch nicht angespannt. Dann gibt’s Hengste, da dauert es vielleicht ein paar Tage oder ein paar Wochen bis sie sich an die Situation Publikum und aber auch Musik gewöhnen und das ist auch so die Vorbereitung dann für die Vorführung, die natürlich auch immer mit Musik bestückt ist.“

Musik als Motivation

Facettenreicher gestaltet sich die Playlist für Eiskunstläufer wie Daniel Weiss. 1990 wurde der damals 22-Jährige Deutscher Meister, ein Jahr später erster Gesamtdeutscher Meister. Dem Eis ist er auch nach seiner Profi-Karriere treu geblieben: als Showläufer, Moderator und Kommentator nationaler und internationaler Eislaufwettbewerbe, wie der Weltmeisterschaft 2021 in Stockholm. Die passende Musik sei das A und O, sagt Daniel Weiss.
„Eiskunstlaufen ohne Musik wäre wie Skifahren ohne Schnee. Das geht nicht. Die Faszination am Eiskunstlaufen kommt erst dann zu Stande, wenn die Symbiose aus Sport und Kunst zusammenkommt und dazu gehört eine Musik einfach dazu. Außerdem motiviert das einen Sportler so sehr, wenn er eine gute Musik gefunden hat, auf die auch zu laufen, weil die Musik dann die perfekte Untermalung der perfekten Bewegung am Ende ist und auch der Sprünge, die man auf's Eis setzt.“
Für seine eigene Meisterkür entschied sich Daniel Weiss für eine Mischung aus Swing und Jazz. „Ich konnte nie eine klassische, langsame Musik umsetzen, weil mir das nicht lag und weil ich vielleicht auch diese eisläuferischen Fähigkeiten nicht hatte. Mir lag so ein Stakkato, viel Energie, viel besser und grade diese jazzige fast Stepptanz-Musik, die ich da gewählt habe.“

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