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Clusterkopfschmerz
Der Hammer im Kopf

Ärzte sprechen vom "stärksten Schmerz, den der menschliche Körper zu erzeugen imstande ist": der Clusterkopfschmerz. Im Gegensatz zu anderen Kopfschmerzattacken, klagen überwiegend Männer über diese Art des Kopfwehs. Mit ein paar Tricks lässt sich der Alltag trotzdem bewältigen.

Von Barbara Weber | 30.12.2014
    Eine Frau hält den Kopf in den Händen.
    Eine Frau hält den Kopf in den Händen. (imago / Science Photo Library)
    "Das hat sich bemerkbar gemacht, dass ich aus heiterem Himmel einen unheimlichen Schmerz bekam."
    Hans-Josef Liebertz aus Brühl im Rheinland bekam seine erste Attacke vor etwa 30 Jahren. Der Schmerz begann im rechten Auge.
    "Das fing dann an zu tränen, und der Schmerz, der war so stark, dass ich mich hier im Wohnzimmer auf der Erde rumgewälzt habe, mit dem Kopf auf die Erde geschlagen hab, unsere Tochter ist bald verrückt geworden und hat gesagt, weshalb hilft dem Papa keiner?"
    Seine Frau Margarete erinnert sich:
    "Zuerst habe ich es gar nicht richtig registriert, was das sein könnte, und dann wurde das aber immer schlimmer und immer schlimmer."
    Hans-Josef Liebertz und seine Frau vermuteten zunächst ein Rückenleiden hinter der Attacke, doch der Orthopäde überwies den Patienten direkt in die Uniklinik.
    "Die hatten sofort den Verdacht auf Clusterkopfschmerz. Dann bin ich dort auf Lithium eingestellt worden, und das Lithium hat dann auch geholfen. Nur bekam ich dann nach drei Monaten ein unheimliches Zittern in der Hand, dass ich die Kaffeetasse nicht mehr festhalten konnte. Dann musste ich umgestellt werden. Und ich wurde auf Sauerstoff und zur Prophylaxe auf Verapamil eingestellt. Ich habe hier im Wohnzimmer eine Zehn-Liter-Flasche stehen und eine Maske mit Ausgleichsbeutel. Im Ernstfall nehme ich dann die Maske über, drehe auf und dann kommen sofort diese 12 bis 15 Liter aus der Flasche heraus."
    Der Sauerstoff hilft nach 15 Minuten.
    "Zum Glück habe ich einen Attacken-Auslöser bei mir herausgefunden, und das sind Gerüche, ob das jetzt Verdünnung ist, ob das Lacke sind, ob das Parfüms sind. Ich hatte zum Beispiel als ich noch arbeiten ging, eine Arbeitskollegin, das war die Tochter der Besitzerin, wenn die über den Flur gegangen war, dann konnte ich nicht auf den Flur raus. Dann hatte ich sofort eine Attacke. Früher fuhren wir öfters ins Theater, und ich wunderte mich immer, bevor das Theater oder das Konzert angefangen hat, hatte ich kurz vorher immer eine Attacke – ist klar, alles, was ins Theater geht, hat sich eingesprüht, 1000 Gerüche kommen zusammen und bei mir hat das sofort ausgelöst."
    Das wirkt sich auch auf den Alltag seiner Frau aus:
    "Ich kenne kein Parfum mehr. Wir können keine Duftkerzen aufstellen. Wir haben uns ganz umgestellt, bei uns gibt es sowas gar nicht mehr. Sogar einige von unseren Bekannten, wenn die rüber kommen, die kommen auch schon ohne Düfte hier an."
    Da der Patient mit zwei bis drei Attacken am Tag rechnen muss, hat das auch Einfluss auf das Familienleben:
    "Er geht fast nirgendwo mehr hin. Auch in dem Bekanntenkreis hat sich vieles verändert, viele sind ferngeblieben, die gar nicht mehr kommen, weil sie früher gesagt haben, Kopfschmerzen hat jeder, stell dich nicht so an. Deswegen - wir sind meistens immer zuhause.