Dienstag, 30. April 2024

Archiv

Afghanistankonferenz
Kleine Schritte zu Demokratie und Frieden

In Genf will die afghanische Regierung auf einer internationalen Konferenz über die Herausforderungen, aber auch über Fortschritte in Sachen Sicherheit und Entwicklung des Landes informieren. Die Erwartungen sind nicht allzu hoch.

Von Dietrich Karl Mäurer | 27.11.2018
    Afghanische Polizisten an einem Checkpoint in Kandahar
    Afghanische Polizisten an einem Checkpoint in Kandahar. Von Frieden ist das Land noch weit entfernt (AFP/ Jawed Tanveer)
    Wenn heute und morgen die afghanische Führung und Diplomaten aus 60 Ländern bei der UNO in Genf zusammen kommen, dann geht es laut offizieller Einladung vor allem darum, dass die internationale Gemeinschaft dem afghanischen Volk und der Regierung in Kabul ihre Solidarität zeigt bei den Anstrengungen hin zu Frieden und Wohlstand.
    Doch von Frieden und Wohlstand ist Afghanistan weit entfernt nach 17 Jahren Krieg. Das Land kommt nicht zur Ruhe. Es ist bettelarm. Die Regierung ist geschwächt. Die radikal-islamischen Taliban sind erstarkt.
    Thomas Ruttig, der Co-Direktor der Nichtregierungsorganisation Afghanistan Analysts Network, sieht in dieser Situation sogar den Weg des Landes zur Demokratie gefährdet:
    "Wir haben ja gerade Parlamentswahlen hinter uns und wir haben immer noch keine Ergebnisse. Die sollten etwa einen Monat nach dem Wahltag am 20. Oktober kommen, sind aber bis jetzt nur in Ansätzen erst dort. Schon das verdeutlicht, wie schwer das alles ist."
    Die Sicherheitslage ist in weiten Teilen des Landes angespannt. Angriffe und Anschläge islamistischer Rebellen sind auf der Tagesordnung. Hinzu kommt eine desaströse wirtschaftliche Lage, die sich durch eine schwere Dürre noch verschlechtert hat, sagt Thomas Ruttig:
    "Die Armutsrate hatte sich verbessert, ist leider wieder zurückgefallen auf den Stand von 2002, also unmittelbar nach den Taliban-Jahren. 55 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze."
    Nur geringe Erwartungen an die Konferenz
    In Genf will die afghanische Regierung über eben diese Herausforderungen aber auch über Fortschritte in Sachen Sicherheit und Entwicklung des Landes informieren. Das Treffen könnte man sehen als eine Art Halbzeitbilanz nach der Afghanistan Geberkonferenz in Brüssel vor zwei Jahren. Damals hatten die internationalen Unterstützer ihre finanziellen Hilfen an Bedingungen geknüpft, die bis 2020 umgesetzt werden müssen - etwa Reformen, Friedensbemühungen mit allen Konfliktparteien einschließlich der Taliban oder die Beachtung der Menschenrechte. Von der afghanischen Führung wird nun erwartet, dass sie in Genf ihr Engagement zur Umsetzung dieser Forderungen bekräftigt, meint die Berliner Afghanistan-Expertin Nicole Birtsch:
    "Naja, es bewirkt etwas, dass einmal die Afghanische Regierung, der Präsident kommt ja, unter anderem erste einmal sich natürlich darstellen müssen und auch zeigen müssen, was sie an Reformen zum Beispiel unternommen haben, was ihre Vision für das Land ist und dafür auch die Verantwortung übernehmen müssen, weil es sind ja viele Geberländer darunter – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite, wenn jetzt 30 Außenminister aus anderen Ländern dabei sind, die können dann auch noch mal Druck ausüben auf die afghanische Regierung …dahin zu sehen: Setzt Eure Reformen um und geht in die Verhandlungen mit den Taliban."
    Neben politischen Fragen wird es in Genf aber auch um Geld gehen. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani will um Investitionen werben. Zu viel sollte man von der zweitägigen Konferenz nicht erwarten, doch vielleicht gelingt es tatsächlich, ein bisschen die Verkrustungen zu lösen, die durch 17 Jahre Krieg entstanden sind. Dies wiederum könnte den Weg ebnen hin zu Frieden und Wohlstand und schließlich für einen Abzug ausländischer Truppen.