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Meinungsfreiheit
Wo die Grenzen des Sagbaren liegen

Angesichts rechtspopulistischer Provokationen ist eine Debatte darüber entflammt, wo die Grenzen der Meinungsfreiheit liegen. Oder wird der Begriff „Rechtspopulismus“ selbst zu einer Keule, um politisch inkorrekte Meinungen zu unterdrücken? Eine Diskussion um die Grenze des Sagbaren.

Von Ingeborg Breuer | 21.02.2019
Alexander Gauland (AfD) hält im September 2017 bei einer AfD-Wahlkampfkundgebung in Magdeburg eine Rede
Rechtspopulistische Äußerungen stellen die Meinungsfreiheit auf die Probe (imago / Christian Ditsch)
"Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung. Sie kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern. Über 95 Prozent." Uwe Tellkamp, Schriftsteller.
"Deutsch ist, wessen Vorfahre deutsch ist oder deutsch wird, wer sich uns Deutschen so weit anähnelt, dass in ein bis zwei Generationen kein gravierender Unterschied zu den autochthonen Deutschen besteht." Götz Kubitschek, Verleger und politischer Aktivist der neuen Rechten.
"Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden den Sozialstaat nicht sichern." Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion.
"Ich zeige, dass die Muslime sich letztlich wesentlich schlechter als andere ethnische oder religiöse Gruppen integrieren und ich zeige, was das mit dem Islam zu tun hat." Thilo Sarrazin, Autor und - noch – SPD-Mitglied.
"Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die zwölf Jahre. Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte." Alexander Gauland, Parteivorsitzender der AfD.
Sie sind migrationskritisch. Sie provozieren. Sie verstoßen mutwillig gegen die Gebote der politischen Korrektheit. Man unterstellt ihnen Nähe zur AfD. Oder sie sind Mitglieder der AfD. Sie überschreiten die Grenzen des Sagbaren. Manchmal sagen sie aber auch das laut, was nicht so wenige andere leise denken.
Meinungsfreiheit als wichtiger Maßstab für den Zustand einer Demokratie
Sie wollen den Anfängen wehren. "Nazis raus, haltet‘s Maul" heißt es in dem Lied des deutschen Reggae-Sängers Nosliw. Aber wann muss man in Deutschland eigentlich "das Maul halten"? Wann ist eine Meinung nicht mehr tolerierbar? Die Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht und gilt heute als wichtiger Maßstab für den Zustand einer Demokratie. Im Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes heißt es:
"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Eine Zensur findet nicht statt."
Dieses Recht gilt für die – vorwiegend anonymen – Meinungsäußerungen im Netz ebenso wie für die mittels traditioneller Medien. Nicht vom Grundgesetz geschützt sind allerdings Meinungen, die andere beleidigen oder zu einer Straftat aufrufen. Und erst recht nicht antisemitische, fremdenfeindliche oder sexistische Hetzparolen in Online-Foren. Doch selbst im Falle Alexander Gaulands, der aufgrund seiner "Vogelschiss"-Bemerkung wegen Volksverhetzung angezeigt wurde, befand die Staatsanwaltschaft, dass seine Äußerung durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei.
"Ich halte diese Äußerung von Gauland für abwegig, dümmlich und nicht vertretbar. Aber man muss einfach sehen, im Grundgesetz steht nicht, das Grundrecht der Fakten ist geschützt, sondern Meinung."
Ingo von Münch ist emeritierter Professor für Staats- und Völkerrecht. Im vergangenen Jahr erschien sein Buch "Meinungsfreiheit gegen Political Correctness". Darin klagt er über eine Verengung des öffentlichen Debattenraums:
"Ich würde es nicht überdramatisieren. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit, so wie es im Grundgesetz niedergelegt ist, dieses Grundrecht existiert. Aber es gibt Gefährdungen und Bedrohungen, das sehe ich schon. Und 2013 hat ja Allensbach festgestellt, dass 30 Prozent der deutschen Bevölkerung meinen, man müsse bei dem, was man äußert, vorsichtig sein. Und auch eine gefühlte Gefährdung ist eine Gefährdung."
Vor allem politisch rechte Bürger sehen Meinungsfreiheit bedroht
Der Soziologe Dr. Kai Unzicker von der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh bestätigt, dass in manchen Bevölkerungsgruppen das Vertrauen in die Meinungsfreiheit wankt:
"Im Jahr 2017 haben wir zum Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland 5.000 Menschen befragt. Und wir haben eine Frage mit reingenommen, ob die Menschen der Meinung sind, man dürfe in Deutschland nicht mehr offen seine Meinung sagen. Und einige Zeit später, 2018, hab ich diese Fragen mal was näher analysiert.
Was mich schon überrascht hat ist, dass fast jeder Fünfte in der Tendenz dem zustimmt, ja das kann schon sein, dem stimme ich zu und das ist schon ein starkes Ergebnis."
Es seien eher die sozial schlechter Gestellten, die Zweifel an der freien Meinungsäußerung hätten. Und vor allem:
"Zeigt sich ganz deutlich, dass unter der Gruppe in Deutschland, die sich selber als politisch rechts bezeichnen, der Anteil deutlich höher ist. Umgekehrt bei denen, die sich als links bezeichnen, ist der Anteil niedriger. Da zeigt sich deutlich, dass Menschen, die anzeigen, dass sie sich mit der AfD verbunden fühlen, deutlich überproportional, da sind es fast 70 Prozent, die die Meinung vertreten, ich darf meine Meinung nicht sagen."
Kai Unzicker hält dieses Urteil für falsch. Durch das Erstarken der AfD sei mittlerweile nahezu alles sagbar, schrieb er in einem Blog-Beitrag, egal wie rassistisch, menschenverachtend oder geschichtsvergessen es sei. Und dass darauf Proteste und Widerstand folgten, sei durchaus wünschenswert.
"Ein Erfolg der AfD war es in den letzten Jahren, dass sie die Themenagenda in Deutschland wesentlich bestimmt hat. Das heißt Themen, die der AfD wichtig waren, wurden immer weiter auch zu starken Themen gemacht, also Einwanderung, zunächst auch noch die Finanzhilfen für Südeuropa. Wir haben immer wieder über kriminelle Ausländer gesprochen, über illegale Einwanderer. Und vor dem Hintergrund ist die Aussage, man darf nicht drüber reden, das wirkt schief."
Moralisierung politischer Diskurse
In der Tat treibt die AfD mit ihrer xenophoben Wutrhetorik die etablierten Parteien zeitweise vor sich her. Und dennoch sei auch die andere Seite oftmals von einem "moralischen Absolutismus" getrieben, so der emeritierte Professor für Politikwissenschaft Peter Graf von Kielmannsegg unlängst in der "FAZ". Die "Sprache der Mitte" sei da kaum mehr durchsetzbar. Ein Beispiel dafür könnte sein, als im Juli 2018 die "ZEIT" zwei Artikel über das Pro und Contra der Seenotrettung durch private Hilfsorganisationen veröffentlichte.
Unter dem Titel "Oder soll man es lassen?" veröffentlichte die Autorin Mariam Lau die Dilemmata der privaten Seenotrettung, die längst zum Teil des Geschäftsmodells der Schlepper geworden sei. Ein Shitstorm brach über Mariam Lau herein, mit der Unterstellung, sie wolle die Menschen wohl sterben lassen. Die Chefredaktion ruderte zurück und entschuldigte sich.
Für den Philosophen und Autor Alexander Grau veranschaulicht das den "Tonfall hochgeschraubter Moralität" in den aktuellen gesellschaftlichen Debatten. Moral, schreibt er in seinem Buch "Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung", sei zur "Leitideologie einer postreligiösen Gesellschaft" geworden. Dies führe dazu:
"Und wenn man dann in einer Talkshow sitzt und - vielleicht nehmen wir das Beispiel Sozialpolitik - auf ökonomische oder fiskalische Aspekte abhebt, dann ist man als Politiker ganz schnell der herzlose, der empathielose, der kalte Technokrat. Und der, der mit Empathie und Menschlichkeit und sozialer Verantwortung appelliert, und die arme alte Rentnerin anführt, der ist in der rhetorisch stärkeren Position."
Arnold Gehlen hatte schon in den 60er-Jahren mit dem Begriff "Hypermoral" einen in seinen Augen übersteigerten Humanismus beschrieben, durch den nüchterne Diskurse emotional aufgeheizt würden. Der konservative Philosoph hatte damals mit seiner Analyse die 68er-Bewegung im Auge. Doch während die 68er sich zu Gehlens Zeiten dem herrschenden Diskurs widersetzten, bestimmten sie heute, meint Alexander Grau, was gesagt und was nicht gesagt werden darf.
"Also, was als moralisch zu gelten hat, wurde auch noch eingeengt, nämlich zu einer irgendwie linksliberalen Weltsicht. Und das macht die Sache zusätzlich kompliziert oder trägt zu der aggressiven Atmosphäre bei, dass Vertreter anderer politischer Positionen, die in der Umweltpolitik, in der Mobilitätspolitik oder der so umstrittenen Migrationspolitik andere Positionen einnehmen, dass die von vornherein als unmoralisch abgetan werden."
Zustimmung findet Graus These von einer Moralisierung der politischen Diskurse auch bei Wolfgang Merkel von der Humboldt-Universität Berlin. Es gebe, so der Professor für Politische Wissenschaft, eine neue gesellschaftliche Spaltung: Auf der einen Seite die eher linksliberalen "Kosmopoliten" vorwiegend Globalisierungsgewinner, Anhänger einer offenen Gesellschaft, Vertreter universaler Menschenrechte. Und auf der anderen Seite die sogenannten "Kommunitaristen", die eher für eine Beschränkung der Zuwanderung und für kulturelle Identität votieren, traditionalistisch und zum Rechtspopulismus tendierend. Gegenüber diesen reklamierten die Kosmopoliten die moralische Überlegenheit ihrer universalen Werte.
"Dann wird der Opponent häufig zum Feind und er wird als moralisch nicht zulässig erklärt, sondern das sind die Rassisten, die Fremdenfeinde, das sind die Sexisten. In dem Moment schließe ich die anderen aus dem Diskurs aus."
Ist rechtes Denken "ansteckend"?
Die ‚Unmoralischen‘ aus dem Diskurs auszuschließen, hatte wohl auch die Autorin Margarete Stokowski im Sinn, als sie ihre bereits ausverkaufte Lesung in einer Münchener Buchhandlung absagte. In den Regalen der Buchhandlung waren unter der Rubrik "Neue Rechte, altes Denken" Bücher der neuen Rechten ausgestellt. Man könne sich über deren Positionen durchaus auch in Bibliotheken und Archiven informieren, müsse aber deren deren Bücher nicht unbedingt aktiv zum Verkauf anbieten, so Stokowski.
Einen ähnlichen Ausschluss rechten Denkens aus dem öffentlichen Raum versuchte im Herbst 2018 die Leitung der Universität Siegen. Dort fand ein Blockseminar zur "Philosophie und Praxis der Meinungsfreiheit" statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung sollten unter anderem Marc Jongen, Philosoph und Landessprecher der AfD Baden-Württemberg sowie der umstrittene Autor Thilo Sarrazin eingeladen werden. Die Uni-Leitung untersagte daraufhin, die Lehrstuhlgelder für die Einladung der beiden zu verwenden. Die Bochumer Philosophieprofessorin Maria Sibylla Lotter über die Vorgänge:
"Einige Kollegen an dem Fachbereich wollten die Veranstaltung unbedingt verhindern, und zwar mit dem Argument, man dürfe Rechten kein Forum bieten, weil die Vorstellung herrsche, um die politische Macht zu erlangen, müsse man erst die kulturelle Macht erringen. Also quasi bestimmte Themen und Meinungen in der Öffentlichkeit lancieren. Und wenn die selbstverständlich geworden sind, dann sei auch die politische Macht zu ergreifen."
Maria Sibylla Lotter sieht in dem Versuch, konträre Meinungen nicht zu Wort kommen zu lassen, einen autoritären Gestus, der den Prinzipien der Demokratie widerspricht:
"Man selbst ist die Instanz, die weiß, was gesagt werden darf und was nicht gesagt werden darf und das bedeutet letztlich, dass man sich für unanfechtbar erklärt."
Maria Sibylla Lotter schrieb einen Protestbrief in der "ZEIT", in dem sie polemisch fragte, ob man ‚falsche‘ Meinungen für ansteckend halte? Schon der britische Philosoph John Stuart Mill habe im 19. Jahrhundert dazu aufgefordert, das Unbehagen durch empörende Meinungen auszuhalten. Zum einen "weil sie den eigenen Horizont erweitern, zum anderen, weil sie einen nötigen, die eigene Meinung zu begründen – und einen merken zu lassen, wo solche Gründe fehlen". Die Siegener Veranstaltungen mit Sarrazin und Jongen konnten übrigens schließlich doch stattfinden. Und trotzdem findet Lotter bei bestimmten Debatten den Korridor des Sagbaren zu eng:
"Insgesamt muss man sagen, ist Deutschland ein tolerantes Land. In den meisten Themenbereichen ist eine Meinungsvielfalt völlig unproblematisch. Aber es gibt bestimmte Reizthemen, das ist das Thema Schuld, das Thema Flüchtlinge. Und da ist es wichtig für liberale Geister sich einen breiten Korridor der Diskussion in der Mitte der Gesellschaft freizuhalten und gerade nicht zuzulassen, dass diejenigen, die nicht einer bestimmten linksliberalen Sammlung von Meinungen folgen, sondern die davon abweichen, dass die dann in eine rechte Ecke geschoben werden."
Wer mit etwas "Rechtem" assoziiert wird, schrieb Maria Sibylla Lotter weiter in der "ZEIT", sei heutzutage "schon auf eine abschüssige Bahn in Richtung Neonazi geraten". Dass dieser kritische Artikel allerdings problemlos in der "ZEIT" erscheinen konnte, ist zugleich ein Beleg dafür, dass "die Medien" eben nicht nur linksliberalen "Mainstream" veröffentlichen, wie es vor allem von rechtspopulistischer Seite behauptet wird. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel sieht die Rolle der Medien denn auch differenziert:
"Wenn wir uns ansehen, was die wichtigste Tageszeitung ist, das ist die 'FAZ', die wichtigste Boulevardzeitung, das ist die 'Bild-Zeitung'. Beide sind nicht linksliberaler Mainstream. Aber wenn wir die beiden großen öffentlichen Rundfunksender ansehen, ARD und ZDF, da trifft das sehr viel stärker zu. Es trifft aber auch zu, wenn wir bestimmte Themenbereiche uns ansehen, etwa die Frage der Flüchtlinge, die Religionsfrage, die Islamfrage. Aber auch die Frage von sexuellen Präferenzen, Gleichstellung von Homosexualität und Heterosexualität. Da würde ich sagen, dass es in der öffentlichen Debatte doch so etwas wie einen linksliberalen Mainstream gibt."
Berichterstattung zur Flüchtlingskrise 2015 einseitig?
Schon im Dezember 2015 wies eine Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach darauf hin, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich über die Flüchtlingskrise sehr einseitig "informiert" fühle. Und für eine Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung wurden 30000 Medienberichte zwischen Februar 2015 und März 2016 ausgewertet. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass in den Medien vorwiegend, so wörtlich "das Narrativ Willkommenskultur" verbreitet worden sei, während kritische Stimmen wenig zu Wort kamen. Der gravierendste Einschnitt aber, meint Ingo von Münch, war die Berichterstattung über die Silvesternacht 2015 / 2016 in Köln:
"Und ich bin der festen Überzeugung, dass die Medien auch eine Verantwortung haben, das Grundrecht der Informationsfreiheit muss bedient werden von den Medien."
Seit dem "Flüchtlingsschock", so Peter Graf von Kielmannsegg, habe sich die politische Auseinandersetzung in der Bundesrepublik polarisiert wie kaum je zuvor. Erstmals seit Jahrzehnten, so Alexander Grau, seien in der öffentlichen Meinung wieder deutlich hörbar konservative, ja rechte Diskurse zu vernehmen.
"Man ist das gar nicht mehr gewohnt und plötzlich ist man ganz schockiert, dass das wieder auftaucht und sucht jetzt nach einem Umgang damit. Aber es gehört zur demokratischen Kompetenz dazu, dass man das wieder lernt und dass man toleriert, dass es diese konservativen Diskurse gibt und dass man sich mit ihnen auseinandersetzt."
Wie umgehen mit den neuen Rechten?
Zur Auseinandersetzung fordert auch Wolfgang Merkel auf. Denn eine Demokratie müsse möglichst alle repräsentieren. Auch jene, die den Brexit richtig, Homosexualität problematisch oder den Islam gefährlich finden. Und auch jene, die die Grenzen der politischen Korrektheit überschritten:
"Ich glaube, dass das eine Gratwanderung ist. Aber wenn wir uns nicht mit solchen Positionen auseinandersetzen, dann ist das ein Hochmut der kulturellen Eliten, der nur der anderen Seite hilft, die das dann radikal, vulgär und manchmal auf fremdenfeindlich oder rassistisch formuliert."
Zweifellos ist es in den letzten Jahren zu einer Radikalisierung und Vulgarisierung des politischen Diskurses gekommen. Etwa wenn Björn Höcke das Holocaust-Mahnmal für ein "Denkmal der Schande" hält, Gauland die Nazi-Zeit für einen "Vogelschiss" oder Marc Jongen mit Freuden "die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff () nehmen" will. Wie also reagieren? "Nazis raus, haltet’s Maul" dürfte angesichts einer Partei, die in allen Landtagen und als stärkste Oppositionspartei im Bundestag sitzt, unterkomplex sein. Drei Vorschläge:
"Ich persönlich habe da eine ganz liberale Position, natürlich darf man sich unappetitlich äußern. Das muss man dann benennen, sagen, meiner Meinung nach ist das unappetitlich. Aber ich glaube, es ist nicht gut, wenn wir zu puritanisch an diese Themen rangehen, weil das demokratiegefährdend werden kann."
"Ich hätte mir gewünscht dass jemand den Alexander Gauland zur Rede gestellt hätte mit der Frage, Herr Gauland halten Sie wirklich sechs Millionen ermordete Juden für einen Vogelschiss? Halten Sie viele Millionen gefallene deutsche Soldaten für einen Vogelschiss? Halten Sie den Verlust der Ostgebiete für einen Vogelschiss und so weiter? Ich glaube, das mag etwas idealistisch klingen, an den Diskurs. Das heißt, ich glaube nicht, dass man Provokateure jemals erreichen wird durch Totschweigen oder mit der Keule."
"Ich gebe zu, ich habe da keine völlig klare Linie. Da brauchen wir eine bestimmte Sensibilität, ob wir es mit den Verschärfern der Debatte oder ob wir es mit Mitläufern oder Protestwählern zu tun haben. Wenn wir das nicht tun, dann schieben wir alle Protestwähler wirklich in dieses sehr rechte Lager und das kann der Demokratie nicht dienen."