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Polizei-Master aus Münster

Sie sollte direkt nach dem Krieg eigentlich eine Universität für Polizisten werden, die Polizeiführungsakademie in Münster. Jetzt, rund 50 Jahre später, ist aus dem Ausbildungsinstitut für Führungskräfte tatsächlich die erste "Deutsche Hochschule der Polizei" für bis zu 250 Studierende pro Semester hervorgegangen.

Von Eva Bendix | 20.07.2007
    " Warum soll nicht auch ein Polizeibeamter einen Doktortitel haben? "

    fragt sich Kriminalhauptkommissar Oliver Hoffmann. Der 35-jährige Baden-Württemberger lässt sich zur Zeit an der Polizeiführungsakademie in Münster für den höheren Dienst ausbilden. Im September macht er seine Abschlussprüfung. Ein Abschluss ohne akademischen Titel. Das wird sich nun mit dem Masterstudiengang ändern.

    " Wenn es diese Möglichkeit gibt, würde ich es für mich nutzen, weil es die Möglichkeit der Promotion hat. Das ist ein Vorteil des Masterstudienganges. "

    Oliver Hoffmann und seine Polizeikommilitonen erleben in diesem Semester einen Probelauf. Getestet wird der Übergang von einem polizeilichen Ausbildungsinstitut zu einer staatlich anerkannten Universität.

    " Zunächst übernehmen wir für die Ausbildung des höheren Dienstes durch den Masterstudiengang die Qualitätskriterien einer Hochschulausbildung, wie sie für andere Führungskräfte aus Staat, Wirtschaft und Gesellschaft auch gelten, "

    erklärt Klaus Neidhard, Gründungspräsident der Deutschen Hochschule der Polizei. Momentan gelten zwar noch die alten Prüfungsordnungen, aber inhaltlich ist jetzt im laufenden Semester schon einiges auf den Masterstudiengang umgestellt worden.

    " Es ist nicht ein Wechsel in allen Funktionen und Belangen. Es ist eine graduelle Verbesserung in bestimmten Bereichen. "

    " Wir behalten das bei; was gut war, praktische Übungen, und erweitern das durch den Zugang zu noch qualifizierterem Personal und durch eine verstärkte Forschung. Denn wir wollen und können nicht eine rein reproduzierende Hochschule sein, sondern auch eine, die Forschung betreibt, damit dies in die Praxis der Polizeiarbeit mit einfließen kann. Das ist eine neue Dimension, die wir damit erreichen. "

    Die Gründung einer Polizeiuniversität sei auch die Antwort auf gestiegene Anforderungen in der täglichen Arbeit. Führungsbeamte müssten sich neuen kriminellen Herausforderungen stellen.

    " Straftäter zum Beispiel arbeiten internationaler und bereiten sich besser vor, und die Polizei muss entsprechend reagieren. Für Straftäter sind Grenzen unbedeutend, innerhalb von Europa agieren sie frei, auch das versuchen wir hier umzusetzen. "

    Ulrich Seidel, Polizeidirektor bei der Bundespolizei ist seit vier Jahren Dozent in Münster. Er unterrichtet eins von insgesamt 14 Lehrfächern, die Einsatzlehre. Hier geht es um Polizeitaktiken bei größeren Einsätzen, wie zum Beispiel Geiselnahmen, Demonstrationen oder Entführungen.

    " Wir simulieren die Führungstätigkeit in derartigen Einsätzen. Wir schildern das Problem, in dem der verantwortlichen Polizeiführer gestanden hat, und die Studierenden entwickeln dann selbst Lösungsalternativen. Die werden besprochen und dann auch abgeglichen mit den Maßnahmen, die wirklich durchgeführt worden sind, um abgleichen zu können, was ist eine erfolgreiche Lösung eines Einsatzes. "

    Studierende wie Oliver Hoffmann, die zu ihm in den Hörsaal kommen, können sich nicht einfach um einen Studienplatz bewerben. Sie müssen positiv in ihrer Polizeiarbeit auffallen, dann werden sie von einem Vorgesetzten vorgeschlagen und durchlaufen ein aufwändiges Bewerbungsverfahren. Sie müssen zum Beispiel eigene Konzepte zur Verbesserung der Polizeiarbeit entwickeln.

    " Wenn man diese Aufgaben bewältigt hat, geht man in einen 14-monatigen spezielleren Umlauf mit Führungsfunktion, wo man wirklich Mitarbeiter führt. Bei mir in eine Organisation, die Straßenkriminalität, Rauschgift und Diebstahl bekämpft. Die konnte ich leiten für sechs Monate, und daran wird man dann gemessen. "
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    Nur die Besten dürften sich dann zu Führungskräften in Münster weiterbilden lassen. Bundesweit gibt es rund 4000 Polizeibeamte im höheren Dienst, die für einen Hochschulstudiengang in Frage kämen. Wir haben hier "Luxusstudenten", sagt Präsident Klaus Neidhard. Hier zahlt keiner Studiengebühren, sondern die Polizeibeamten bekommen während der zweijährigen Ausbildung ihr Gehalt weiter gezahlt.

    Am 1. Oktober startet dann auf dem Campus der erste Masterstudiengang unter dem Namen: "Öffentliche Verwaltung - Polizeimanagement". Nach einer vierjährigen Gründungsphase sieht darin der Präsident der Deutschen Hochschule der Polizei Klaus Neidhardt einen großen Erfolg:

    " Es bringt eine deutlich reflektiertere, leistungsfähigere Polizei. "