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Europakritik
Britischer Finanzminister fordert Reform der EU

Kritik an der EU gehört zum guten Ton in Großbritannien. Der britische Finanzminister George Osborne folgt der Tradition, indem er der EU-Kommission vorwirft, längst fällige Reformen zu verschleppen. Sollten die nicht bald umgesetzt werden, drohe wirtschaftlicher Abstieg.

Von Jochen Spengler | 15.01.2014
    Es war ein nachdrückliches Plädoyer für Reformen in der EU, das Großbritanniens konservativer Finanzminister George Osborne heute in London hielt.
    "Das größte ökonomische Risiko für Europa kommt nicht von jenen, die Reform und Neuverhandlungen wollen, es liegt im Ausbleiben von Reformen. Es ist der Status Quo, der die Völker Europas zu einer andauernden Krise und zum fortgesetzten Abstieg verdammt. Europa steht vor einer einfachen Wahl: Reform oder Abstieg."
    Ohne Veränderungen werde die EU weiter gegenüber Konkurrenten wie China oder Indien zurückfallen. Schon Angela Merkel habe völlig zu Recht moniert, dass Europa sieben Prozent der Weltbevölkerung stelle, 25 Prozent der Wirtschaftsleistung erbringe, aber die Hälfte der Sozialausgaben habe. Europa müsse dringend wettbewerbsfähiger werden, Schulden abbauen, Sozialleistungen straffen, Arbeits- und Dienstleistungsmärkte liberalisieren, Bürokratie beseitigen und den Handel ausweiten.
    Doch Europa brauche nicht allein solche Wirtschaftsreformen, notwendig sei auch eine grundlegende Änderung der EU-Verträge, die heute nicht mehr ihren Zweck erfüllten.
    "Sie sind nicht gemacht für eine Union, in der einige Mitgliedsstaaten eine dramatisch tiefere Integration wollen als andere. Statt sich dieser Wahrheit zu stellen, wird Brüssel zu einer Gesetzesgymnastik gezwungen, um die bestehenden Verträge so zu dehnen, dass sie zu einer Situation passen, für die sie nicht gemacht wurden."
    Rechte der Nicht-Euro-EU-Mitglieder schützen
    London fürchtet besonders, dass die Interessen der Nicht-Euro-Staaten zunehmend unter die Räder geraten könnten und verweist auf etliche Beschlüsse zum Finanzsektor, gegen die Großbritannien vor dem Europäischen Gerichtshof klagt.
    "Die engere Integration der Euro-Zone ist notwendig, damit der Euro überlebt. Aber ebenso notwendig ist ein ordentlicher Schutz der Rechte der Nicht-Euro-EU-Mitglieder, um den einheitlichen Markt zu wahren und dafür zu sorgen, dass Großbritannien in der EU bleiben kann."
    Osborne ließ keinen Zweifel daran, dass er die EU-Mitgliedschaft seines Landes wolle:
    "Ich glaube es ist in niemandes Interesse. wenn Großbritannien gezwungen würde sich zu entscheiden, entweder dem Euro beizutreten oder die EU zu verlassen. Wir wollen nicht den Euro einführen, aber ein Rückzug aus Europa, dem Reformen gelingen, wäre ebenfalls schlecht für Großbritannien. Und es wäre für ganz Europa schädlich, wenn sich ein Land von der Größe und weltweiten Verflechtung des Vereinigten Königreichs verabschieden würde."