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Gegen Patente auf Leben

Einstimmig - so fällt eine Abstimmung im Deutschen Bundestag selten aus. Im Februar war das aber so: Das Parlament sprach sich gegen die Möglichkeit aus, dass sogenannte Biopatente vergeben werden können. Patente also auf Züchtungen von Pflanzen und Tieren sowie auf die Methoden, die dabei benutzt werden. Aber allein national ist das nicht zu regeln. Deshalb beschäftigt sich heute das Europäische Parlament mit dem Thema, eine Entschließung soll verabschiedet werden.

Von Thielko Grieß | 10.05.2012
    Den vollständigen Beitrag von Thielko Grieß aus Brüssel können Sie für mindestens fünf Monate nach der Sendung in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.


    Zusätzliche Hintergrundinformationen:

    Keine Patente auf Züchtungen von Tieren und Pflanzen
    Europaparlament verabschiedet Resolution

    Besonders ölhaltige Sonnenblumenkerne oder Tomaten, die wenig Wasser enthalten und sich deshalb besonders gut für die Produktion von Tomatenmark eignen: Auf Produkte wie diese soll es in Europa künftig keine Patente mehr geben. Darauf zielt eine Entschließung des Europaparlaments.

    Die Entschließung ist eine Meinungsbekundung des Parlaments und damit rechtlich nicht bindend. Allerdings entfaltet sie in der Praxis häufig doch eine Wirkung – dann nämlich, wenn Behörden und Institutionen für ihre Entscheidungen nach Grundlagen suchen. Geht es um Biopatente, ist das Europäische Patentamt in München zuständig. Es stützt sich bei seinen Entscheidungen über Patente für Züchtungen auf eine EU-Richtlinie von 1998. Darin ist niedergelegt, Züchtungen zu patentieren, die im Wesentlichen auf biologischen Verfahren beruhen. Darunter fallen traditionelle Züchtungen, wie sie etwa in der Landwirtschaft gängig sind.

    Die Entschließung soll dem Europäischen Patentamt einen engeren Korridor für die Auslegung dieser Richtlinie an die Hand geben. Denn in den vergangenen Jahren wurden mehrfach Patente für Züchtungsverfahren und Pflanzen erteilt, von denen manche später nach Beschwerden widerrufen wurden.

    Hintergrund ist die strittige Auslegung der Bio-Patente-Richtlinie: In den diskutierten Fällen ging es häufig um Züchtungsverfahren, die nicht rein traditionell ablaufen, sondern sich auch High-Tech-Verfahren bedienen, um etwa bestimmte Eigenschaften im Erbgut schneller als bei herkömmlichen Methoden zu identifizieren. Auch diese Mischformen von Züchtung dürfen nach dem Willen des Europaparlaments künftig nicht mehr patentiert werden. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese (Meschede / NRW) sagte im Deutschlandfunk, er wolle prinzipiell verhindern, dass Leben patentiert werde. Außerdem fürchte er steigende Preise für manche Lebensmittel, sollten Konzerne für die von ihnen patentierten Produkte Lizenzen verlangen, um sie anzubauen und weiter zu verarbeiten.

    Hinter der Entschließung stehen die Fraktionen der Christdemokraten, Sozialdemokraten und Grünen im Europaparlament. Kritiker gibt es etwa in den Reihen der Liberalen. Der belgische Abgeordnete Philippe de Bakker sagte im DLF, die Entschließung sei zu einseitig und berücksichtige die Interessen der Industrie nicht ausreichend. Aufwändige und teure Unternehmensforschung ermögliche vielfach erst neue Züchtungen. Dieser Aufwand müsse sich für die Firmen lohnen, wozu sie Patente bräuchten. Von der Entschließung nicht betroffen sind rein gentechnische Verfahren. Sie dürfen patentiert werden