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Gensoja in der EU
Monsanto spielt die Gesundheitskarte

Der US-Konzern Monsanto versucht aktuell, eine Zulassung für den EU-Import der Sojabohne MON 87769 zu erreichen. Diese enthält mehr ungesättigte Fettsäuren als vergleichbare Sojabohnen. Monsanto argumentiert mit einem Gesundheitseffekt für die Verbraucher. Gentechnikgegner halten das Argument jedoch für irreführend.

Von Daniela Siebert | 27.02.2015
    Diese unrsprünglich aus Asien stammenden Hülsenfrüchte werden auf etwa sechs Prozent der globalen landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut und gelten als wichtigste Ölsaat.
    Früchte der Sojabohne (picture alliance / dpa / Universität Jena)
    In den USA ist die besondere Monsanto-Sojabohne schon seit 2010 auf dem Markt: als Sojaöl mit dem Markennamen "Soymega". In der Fachsprache der Zulassungen lautet das Etikett aber weniger eingängig: MON 87769. Die Chiffre steht für gentechnisch veränderte Sojabohnen, die mehr ungesättigte Fettsäuren enthalten als herkömmliche Sojabohnen. Deshalb könne sie verbreitetem Omega-3-Fettsäure-Mangel entgegenwirken, sei also von gesundheitlichem Nutzen - wirbt das Unternehmen.
    Bereits 2009 beantragte Monsanto die Zulassung, diese Sojabohne als Lebensmittel und als Futtermittel in die EU einführen zu dürfen. Warum, das begründet Monsanto auf eine aktuelle Deutschlandfunkanfrage so:
    "Europäische Marktzulassungen vermindern deutlich das Risiko von Handelsstörungen. Natürlich könnte eines Tages auch der EU-Verbraucher von diesem resultierenden Öl aus dem genannten Soja profitieren, wenn dies vom Verbraucher auch nachgefragt würde."
    Kritik von der Opposition
    Im Dezember und Anfang Februar befassten sich einschlägige EU-Gremien mit den Zulassungsanträgen für MON 87769. Deutschland hat sich dort jeweils enthalten, was der Bundestagsabgeordnete Harald Ebner, Sprecher der Bündnisgrünen für Gentechnik, empörend findet:
    "Die Bundeskanzlerin ist klar Gentechnik-freundlich, sie gibt den Kurs vor, die SPD darf ein bisschen innerkoalitionäre Opposition machen, aber das war es dann auch schon. Insoweit würde ich sagen: Die Bundesregierung erzählt zwar den Menschen, sie würde ihre Sorgen ernst nehmen, steht ja auch im Koalitionsvertrag 'Wir erkennen die Vorbehalte der Menschen an' - aber handeln tut sie ganz anders."
    Eine Anfrage Ebners an die Bundesregierung, warum sie sich enthalten habe, ergab die Antwort: Die verschiedenen Ressorts hätten "keine einheitliche Auffassung erreicht". Das federführende Bundesernährungsministerium teilt auf Anfrage mit, es hätte für den Zulassungsantrag votiert, weil die Sojabohnen von der EFSA für unbedenklich erklärt wurden und die Sojabohne kein Auskreuzungsrisiko mitbringe, da sie weder herbizidtolerant noch insektizidresistent sei.
    Kein eindeutiges Votum auf EU-Ebene
    Da auf EU-Ebene die Abstimmung unter den Mitgliedsländern kein eindeutiges Votum ergab, liegt die Entscheidung über die Sojabohnen jetzt bei der EU-Kommission. Nur Österreich nahm in der Debatte prominent Stellung und widersprach einer Marktzulassung in der EU, weil die bisherige wissenschaftliche Risikobewertung unzureichend sei.
    Vonseiten der EU-Kommission heißt es derzeit: Es sei noch keine Entscheidung gefallen.
    Christoph Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk in Berlin rechnet jedoch fest mit einer Zulassung:
    "Auf jeden Fall, habe ich überhaupt keine Zweifel. Die EU-Kommission – in der Logik wie hier entschieden wird – gibt es da überhaupt keinen Zweifel. Also zum jetzigen Zeitpunkt geht es ja nicht um Anbau, sondern es geht um die Zulassung als Futtermittel bzw. Lebensmittel, da hat die Kommission bislang immer durchgewunken."
    Auf der falschen Fährte
    Potthof hält ein solches Produkt für eine falsche Fährte, die gesundheitliche Wirkung von Ernährung müsse ganzheitlich thematisiert werden, nicht in Form einer einzelnen Fettsäure findet er. Für die europäischen Verbraucher bedeute eine Zulassung von MON 87769:
    "Dass er bzw. sie die Augen aufhalten muss. Um dann eben im Zweifelsfall Produkte zu vermeiden, die eventuell auf den Markt kommen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das ja nicht der Fall, wir haben fast 50 gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen, die in Lebensmitteln Verwendung finden können, da ist es so, dass praktisch kein einziges wirklich auf den Markt gekommen ist."
    Verbraucher sollten wachsam sein
    Auch Harald Ebner rät Verbrauchern zum wachsamen Etikettenlesen und hält "Soymega" für überflüssig. Man könne die nötigen Fettsäuren auch durch bewusste Ernährung zu sich nehmen. Er vermutet vor allem marktstrategische Motive hinter dem Zulassungsantrag von Monsanto.
    "Natürlich möchte man über diese Frage Gesundheitsaspekte die Tür öffnen für die Gentechnik beim Verbraucher und bei der Verbraucherin."
    Außerdem sei Absicherung ein Motiv, glaubt Ebner: dass solch eine Zulassung ein weitgehenderes Importverbot in die EU verhindern könnte. Nämlich dann, wenn andere Produkte mit MON 87769 verunreinigt sein sollten.