Gleichberechtigung

Wie auch Mütter Karriere machen können

Illustration einer Mutter, die am Schreibtisch an einem Computer arbeitet. Neben ihr turnen drei Kinder durchs Zimmer. Sie lässt sich nicht von ihnen beirren.
Viele berufstätige Mütter wünschen sich mehr Möglichkeiten, von zu Hause aus zu arbeiten. Die Arbeit im Homeoffice stellen sie sich dabei aber wohl anders vor. © Getty Images / fStop / Malte Mueller
05.04.2023
Kind und Karriere zu vereinbaren ist für Männer meistens kein Problem, für Frauen aber schon. Was Politik, Unternehmen und Väter ändern müssten, damit Mütter im Job nicht unfreiwillig auf der Stelle treten.
Ein Kind zu bekommen ist für viele Frauen immer noch ein Karrierehindernis. Das ist das Ergebnis der zweiten Frankfurter Karrierestudie: Für die Untersuchung wurden 2.000 berufstätigte Mütter zwischen 31 und 50 Jahren befragt. Viele von ihnen haben Nachteile bei Gehalt und Chancen im Job erfahren. Die Frauen sahen nach der Babypause oft weniger Entwicklungsperspektiven für sich und bekamen weniger interessante Aufgaben, berichtet die Studienleiterin Yvonne Ziegler, Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Frankfurt University of Applied Sciences.

Eine familienfreundlichere Unternehmenskultur

Unternehmen können viel dafür tun, dass die bei ihnen angestellten Mütter weiter ihr berufliches Potenzial entfalten können: Wer sagt, dass gute Arbeit immer nur in Vollzeit mit festen Arbeitszeiten und beim Arbeitgeber vor Ort geleistet werden kann?
Die in der Frankfurter Studie befragten Mütter wünschten sich vor allem die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten – und auch in Teilzeit qualifizierte Tätigkeiten übernehmen zu können. Außerdem wünschten sie sich: möglichst keine beruflichen Termine abends und am Wochenende, Jobsharing und die Einrichtung von Arbeitszeitkonten. Nicht alles davon ist in jedem Job möglich, aber viele Unternehmen könnten auf diese Wünsche eingehen und die Rahmenbedingungen für Frauen mit Kindern verbessern.
Bislang ist die Kultur in vielen Unternehmen nämlich noch nicht mütterfreundlich. Die Diskriminierung von Müttern beginnt mitunter schon in der Schwangerschaft, zeigt die Frankfurter Karrierestudie: Die interviewten Frauen berichteten von negativen Reaktionen von Führungskräften auf die Mitteilung der Schwangerschaft und dass anstehende Karriereschritte und Gehaltserhöhungen auf Eis gelegt oder sogar gestrichen wurden. „Sie haben gemerkt, dass eine werdende Mutter ganz schnell dieses „Mutti-Image“ hat“, sagt Wirtschaftswissenschaftlerin Yvonne Ziegler. Wenig überraschend also, dass 71 Prozent der Befragten eine Bewusstseinsänderung bei Führungskräften und im Kollegium für wichtig halten.

Gesetze mütterfreundlicher machen

Auch der Staat kann vieles dafür tun, um Hindernisse für berufstätige Mütter abzubauen – indem er falsche gesetzliche Anreize abbaut und so eine gleichberechtigtere Aufteilung der Familienarbeit zwischen Männern und Frauen fördert. Denn wenn Väter genauso wie Mütter Job und Familie vereinbaren müssen, werden die beruflichen Nachteile, die mit Mutterschaft einhergehen, gleichmäßiger zwischen den Geschlechtern verteilt.
Eine Möglichkeit wäre, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Die Regelung führt dazu, dass verheiratete Paare am meisten Steuern sparen, wenn der eine sehr viel verdient und der andere überhaupt nichts. Die Soziologin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, kritisiert, dass das Ehegattensplitting deshalb die sogenannte Versorgerehe fördert: Mütter arbeiten viel öfter in Teilzeit als Väter, das kostet sie Gehalt und beruflichen Aufstieg. Auch von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland schon mehrfach für das Ehegattensplitting kritisiert, da es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.
Eine andere Stellschraube sind die Regelungen zu Elterngeld und Elternzeit: Während fast alle Mütter Elterngeld beziehen, macht das bislang nur eine Minderheit der Väter. Und nur jeder zehnte Vater geht länger als zwei Monate in Elternzeit. Es liegt nahe, hier einen Zusammenhang zu den zwei Partnermonaten beim Elterngeld herzustellen, die verfallen, wenn nicht beide Elternteile in Elternzeit gehen. Man könnte statt zwei auch vier solcher Partnermonate festlegen, so Allmendinger.
Auch der neunte Familienbericht empfiehlt mehr exklusive Vätermonate und außerdem eine Dynamisierung des Elterngeldes, um eine gleichmäßigere Verteilung zwischen Müttern und Vätern zu fördern. Das bedeutet: Je länger ein Elternteil Elterngeld bezieht, desto niedriger würde es ausfallen. So würde das Elterngeld auch für Väter stärkere Anreize bieten, in Elternzeit zu gehen, sagt Sabine Walper, Direktorin des Deutschen Jugendinstituts.

Ausbau der Kinderbetreuung

Um ihrem Beruf nachzugehen, brauchen Eltern kleiner Kinder eine Betreuung, auf die sie sich verlassen können: Eigentlich gibt es auch einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr. Doch Eltern können diesen Anspruch oft genug nicht einlösen.
Vor allem für Kinder aus ärmeren Verhältnissen oder aus Familien mit Migrationshintergrund scheitert die Suche nach einem Betreuungsplatz häufig. Insgesamt fehlen in Deutschland laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung rund 384.000 Kitaplätze. Und wo die Kinder in Betreuung sind, ist der Personalschlüssel oft schlecht. „Die Mehrzahl aller Kitas hat keine kindgerechte Personalausstattung“, kritisiert Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung im Dlf.
Damit wirklich alle Mütter so viel arbeiten können, wie sie wollen – und das mit einem guten Gefühl - muss der Staat die Kinderbetreuung also massiv ausbauen. Im Augenblick passiert allerdings mitunter das Gegenteil: Weil es nicht genug Erzieherinnen und Erzieher gibt, werden in Tübingen die meisten Kitas in Zukunft um 13:15 Uhr schließen.
Illustration von einem Vater, der einen Koffer trägt, aus dem Geld herausfällt. Am Boden liegt ein Kind, was sich an seinem Knöchel festhält.
Väter, die sehr viel arbeiten, haben wenig Zeit für ihre Kinder - und machen es für Mütter schwierig, ebenfalls im Job erfolgreich zu sein.© Getty Images / fStop / Malte Mueller

Mehr Engagement von Vätern in der Familie

Wenn es Vätern wichtig ist, dass ihre Partnerinnen beruflich keine Nachteile erleiden, dann müssen auch sie selbst etwas dafür tun: etwa das kranke Kind betreuen, damit die Mutter arbeiten kann. Doch aktive Vaterschaft ist auch heute noch mehr Ideal als Realität. Väter gehen nicht nur seltener und kürzer in Elternzeit als Mütter, sie arbeiten auch mehrheitlich in Vollzeit, während Mütter ihre Arbeitszeiten reduzieren. Die Männer überlassen den Frauen weiterhin das Gros der Kinderbetreuung und der Hausarbeit. Das zeigen die vor Kurzem veröffentlichte VAPRO-Studie, eine 2022 erschienene Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung und der Väterreport 2021.
In einer geschlechtergerechten Gesellschaft müssten Männer laut der Soziologin Jutta Allmendinger viel mehr Familienarbeit leisten als bisher: „Tatsächlich haben sich Männer über die letzten Jahrzehnte aber kaum bewegt.“
Quellen: Deutschlandradio, Zweite Frankfurter Karrierestudie, Neunter Familienbericht, Väterreport, VAPRO-Studie, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Süddeutsche Zeitung, jfr
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