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Metropolen und Regionen

Im globalen Wettbewerb steht Deutschland immer stärker unter Druck. Hierzulande fehlen große Weltstädte: Orte, an denen nicht nur die globalen Kapital- und Güterströme zusammenfließen, sondern an denen sich auch Forschung, Industrie und Spitzenkräfte konzentrieren. Deshalb schließen sich mehr und mehr deutsche Städte und Kommunen zu Metropolenregionen zusammen.

Von Corina Niebuhr | 24.09.2007
    Hamburg hat seine Stärke längst erkannt: den Hafen. Er ist das Tor zur Welt, aber auch der Heimathafen von Polen, Tschechien oder Österreich. Neun Millionen Container werden hier im Jahr umgeschlagen – doppelt so viele sollen es in acht Jahren sein. Für dieses ehrgeizige Ziel muss der Hafen wachsen. Ein neuer Container-Terminal ist bereits geplant. Hamburg will 2,9 Milliarden Euro in den Ausbau investieren und zur größten Hafenstadt Europas aufsteigen. Die Hansestadt vernetzt sich immer stärker mit ihrem Umland. Selbst Teile von Schleswig-Holstein und Niedersachsen gehören mittlerweile dazu. Als "Metropolregion Hamburg" vermarkten Stadt, Landkreise und Kommunen gemeinsam mehr als 1.100 Hektar Gewerbefläche für Logistikunternehmen – nur ein Projekt von vielen. So profitiert auch das platte Land von Hamburgs Erfolg. Vor zehn Jahren sei dies noch anders gewesen, sagt Axel Gedaschko, CDU, Hamburgs Senator für Stadtentwicklung:

    "Da war es eben so, dass sich die Länder wechselseitig unterm Tisch in die Knie getreten und sich eher blockiert haben. Auch Hamburg hat da keine rühmliche Rolle gespielt. Und die Erfolge waren Misserfolge, weil eine Entwicklung in positiver Art und Weise, wie in anderen Regionen, die enger zusammengearbeitet haben, früher zusammengearbeitet haben, nicht eingetreten war. Das heißt, da wurde also Zeit verschlafen."

    Nicht nur Platznot hat Hamburg zum Umdenken bewegt. Die neuen freiwilligen Kooperationen bieten den Regionalpolitikern Freiräume – sogar über Ländergrenzen hinweg. Senator Axel Gedaschko:

    "Ich denke, gerade das ist eine hervorragende Aufgabe für Politik jenseits von Gesetzen. Vieles, was wir heute erleben, wird gar nicht mehr in den Ländern, noch nicht einmal mehr auf Bundesebene, sondern von der EU vorgegeben, und wir transformieren nur noch die Gesetze. Was wir hier erleben, das ist wirklich Gestalten von Politik, weil es sind natürlich die Entscheidungsträger, die aus freien Stücken sagen: Ja, wir wollen zusammenarbeiten, aber auch darüber natürlich intensiv reden miteinander, wie wir das machen wollen."

    Im globalen Wettbewerb steht Deutschland immer stärker unter Druck. Hierzulande fehlen große Weltstädte: Orte, an denen nicht nur die globalen Kapital- und Güterströme zusammenfließen, sondern an denen sich auch Forschung, Industrie und Spitzenkräfte konzentrieren. Erfolg hat, wer alle Faktoren vereint. Jede Region hat ihre spezielle Funktion, auch dank des föderalen Staatsaufbaus: Hamburg ist Handelsmetropole und Tor zur Welt, Berlin Regierungs- und Kulturzentrum, München ein Wirtschafts- und Technologiemittelpunkt. Frankfurt gilt als Finanzplatz und Verkehrsdrehscheibe. Eine Aufteilung, die zwar zu einer gewissen Ausgeglichenheit im Land führt, die den globalen Standortwettbewerb allerdings hemmt: Keine deutsche Metropolregion erreicht den Rang der "Global Cities" wie Los Angeles, Shanghai oder Paris. Bernd Steinacher ist Präsident von "Metrex", einem von der EU geförderten Netzwerk europäischer Städte und Metropolregionen. Er sieht für Deutschland vor allem eine notwendige Richtung: Die Regionen müssten ihre Stärken noch weiter ausbauen und sich viel enger miteinander vernetzen – so wie das Beispiel Hamburg zeigt.

    "Vor ein paar Jahren dachte man, die Hauptkonkurrenten von Europa seien die Vereinigten Staaten von Amerika oder Japan. Mittlerweile wissen wir, dass China zum Sprung ansetzt, mehr Autos herzustellen als Deutschland, uns als Exportweltmeister zu überholen. Indien ist im IT-Bereich absolute Weltklasse. Wir müssen etwas dagegensetzen. Das können nicht die niedrigen Löhne sein. Das kann auch kaum die Arbeitszeit sein, weil mehr als wir arbeiten, geht eigentlich kaum noch mehr. Also müssen wir schauen, wie wir mit den vielfältigen Talenten, die es in den Metropolregionen gibt: in der Industrie, im Handwerk, im Design, in der Forschung – wie wir dieses zusammenbringen und diese Stärke dann in hoher Qualität weltweit wettbewerbsfähig zum Tragen bringen."

    Die Forderung wird vielerorts längst in die Tat umgesetzt. Über ganz Deutschland verteilt feilen Dutzende Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister an regionalen, aber auch überregionalen Kooperationen und Projekten. Mega-Gewerbeflächen werden aus dem Boden gestampft, Logos für regionale Lebensmittel entworfen, Netzwerke für Unternehmen und Hochschulprofessoren geknüpft, Häfen und Güterbahnhöfe ausgebaut. Die Bottom-up-Strukturen, das Gestalten von unten nach oben, begeistert immer mehr Lokalpolitiker. Dabei stammt die Idee dazu eigentlich aus der höchsten Etage der Bürokratie, wie Ulrich Maly weiß, SPD-Mann und Nürnbergs Oberbürgermeister:

    "Das fing so an, dass wir irgendwann Ende der 90er erkannt haben, dass sich da was tut. Letztlich ist ja der Titel und die Idee der Metropolregion – muss man wohl nüchtern so sagen – eine Kopfgeburt der Bürokratie in Brüssel. Andererseits hat man gesehen, dass sich hinter dieser Kopfgeburt oder daneben schon auch politische Projekte entwickeln, dass im globalen Wettbewerb der Regionen und im Europa der Regionen die Bedeutung der Nationalstaaten zurückgeht und die Bedeutung der Regionen, die sich richtig und gemeinsam und gut aufstellen, steigen wird."

    Die Idee der EU-Bürokraten wurde zum Selbstläufer. Elf deutsche Regionen stellen sich nunmehr als
    "europäische Metropolregion" auf: Hamburg, Nürnberg, Berlin-Brandenburg, München, Rhein-Ruhr, Stuttgart, Frankfurt-Rhein-Main, Rhein-Neckar, Hannover-Braunschweig-Göttingen, Bremen-Oldenburg und das Sachsendreieck Halle-Leipzig. Miteinander statt gegeneinander – so lautet das neue Motto.

    In Nürnberg, einer Stadt, bei der die meisten an Lebkuchen und Bratwurst denken und wohl nur wenige an internationale Cluster-Politik, hat sich der "Rat der Metropolregion" konstituiert – ohne übergeordneten staatlichen Druck. 45 Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte bilden nun den Kopf einer metropolitanen Governance. Ein Begriff, den Oberbürgermeister Ulrich Maly erklärt:

    "Governance ist nicht Government, also heißt nicht Regierung oder Bürokratie, sondern heißt Willensbildung. Und wenn man da aufpasst, und da müssen wir täglich aufpassen, dass wir das Subsidiaritätsprinzip wirklich immer heilig ernst nehmen. Also nichts, was woanders schon gut erledigt wird, wird jetzt plötzlich auf die Ebene der Metropolregion gezogen, sondern nur die Aufgaben, denen wir uns verschrieben haben: Marketing in aller Welt, besseres Lobbying in Brüssel und innere Willensbildung. Wenn man die gemeinsam erledigt auf dieser Ebene, dann bedeutet Governance, im positiven Sinne, gemeinsame Willensbildung, gemeinsame Stärke, ohne Bürokratisierung oder gar Zementierung von Strukturen."

    Die Metropolregion Nürnberg legt diese Spielregeln in einer Charta fest: Freiwilligkeit, Subsidiarität, Offenheit, Dynamik, Konsensprinzip. Auch der Punkt "gleiche Augenhöhe" wird aufgeführt. Die Region hat – anders als die Metropolregionen Hamburg, Stuttgart oder München – nicht nur eine starke Stadt, sondern gleich mehrere Städte: Würzburg, Bayreuth, Bamberg, Fürth – alles selbstbewusste Partner, die gleichberechtigt behandelt werden wollen. Christa Standecker, Geschäftsführerin der Metropolregion Nürnberg, über das, was hier wichtig sei:

    "Vertrauen einerseits, aber es müssen die Spielregeln eingehalten werden, und es muss transparent gemacht werden. Darauf achte ich als Geschäftsstelle durchgehend: Immer allen alles mitteilen. Sonst kommen wir in Teufels Küche in der Metropolregion. Dann ist der Vertrauensvorschuss schnell verspielt."

    Im Steuerungskreis der Metropolregion Nürnberg bereiten Unternehmer, Wissenschaftler, Politiker und Kulturmanager strategische Entscheidungen und Projekte für den Rat vor. Sechs Fachforen arbeiten Empfehlungen mit rund 400 Akteuren aus. Am Ende entscheiden Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister – der Primat der Politik. Jeder hat das gleiche Stimmrecht – der Oberbürgermeister von Nürnberg genauso wie der Bürgermeister von Tirschenreuth. So könnte das Land die Städte überstimmen. Christa Standecker glaubt, die alten Stadt-Land-Grabenkämpfe führen die Regionalpolitik in die Irre.

    "Stadt und Land so gegeneinander zu stellen, ist letztlich ein Mythos und entspricht nicht mehr unserer heutigen Lebenswirklichkeit. In der Metropolregion Nürnberg kann man sicher bei einigen Räumen, die am Rande der Metropolregion Richtung tschechische Grenze liegen, die sehr dünn besiedelt sind, könnte man von ländlichen peripheren Räumen sprechen. Aber der Großteil der Metropolregion Nürnberg hat nichts mehr mit dieser politischen Kategorie 'Land - ländlicher Raum – strukturschwach' zu tun."

    In der Metropolregion Nürnberg gibt es nur wenige Global Player. Eine Größe zeigt dennoch den starken internationalen Bezug: die Exportquote. Im Jahr 2004 lag sie bereits fünf Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt.

    "Was die Stärke dieser Region, auch im internationalen Bereich, ausmacht, sind kleine und mittelständische Globalisierer, wenn man so will, die bestimmte Marktnischen besetzen und international unterwegs sind. Für eine Metropolregion oder für uns ist es insbesondere deshalb sehr positiv, weil das Unternehmer sind, die mit der Region stark verwurzelt sind. Das heißt, einerseits sind sie national erfolgreich tätig, gleichzeitig haben sie eine Verbundenheit mit dieser Region – werden also im Zweifel, wenn es mal Strukturkrisen oder Marktkrisen gibt, auch ihr Unternehmen nicht so leicht verlagern aus dieser Region."

    Die eigene Geschichte bewahren, sich seiner Rolle bewusst werden – zwei Aspekte, die auch an anderer Stelle immer bedeutungsvoller werden: Die Regionen entdecken ihre alten Handelswege wieder, die transeuropäischen Korridore. Oberbürgermeister Ulrich Maly:

    "Die Achse Richtung Osten, Richtung Prag – im Mittelalter historisch eine wichtige Handels-Kultur-Wissenschafts-Straße – die Via Carolina oder auch Goldene Straße. Wenn man die reanimiert, dann ist plötzlich die Oberpfalz mittendrin und nicht mehr am Rand. Und Ähnliches gilt für viele andere Achsen zwischen den Metropolregionen."

    Nürnberg ist Knotenpunkt mehrerer Achsen. Die mittel-süd-ost-europäische Eisenbahnachse führt von Nürnberg aus bis nach Constanta, Istanbul und Thessaloniki. Auch die transeuropäische Nord-Süd-Eisenbahnachse von Berlin bis Palermo führt durch die Stadt. Bleibt noch der Donau-Raum – ein paneuropäischer Korridor von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer. Nach der Eingliederung von Rumänien und Bulgarien in die EU, ist dieser Wasserweg für Nürnberg noch bedeutender geworden. Ulrich Maly:

    "Auch wenn es manchen Hörer zum Schmunzeln bringen wird: Nürnberg ist Mitglied der Donauhanse, obwohl wir weit von der Donauhanse weg sind, aber der Kanal verbindet uns eben mit der Donau. Und kurioserweise sind die Wiener auf uns zugekommen und haben gesagt: Hört mal, Ihr seid doch an dieser wichtigen Wasserstraße, die dann letztlich zur Nordsee führt. Wollt Ihr Euch nicht mit uns zusammen engagieren für diese Achsen? Das heißt, letztlich geht es hier nicht um ein kompetitives Element des Verkehrsausbaus, sondern eher um die Solidarität derer, die an den großen transeuropäischen Netzen und an den großen Korridorstrecken liegen."

    Die EU treibt den Ausbau von Autobahnen, Schiffskanälen und Zugstrecken voran. Die neuen Hochgeschwindigkeits-Korridore sollen Europas Adern werden, in denen das Blut pulsiert. Auch die deutschen Metropolregionen wollen sich den Zugang sichern. Jeder für sich, aber auch gemeinsam betreiben sie Lobbyarbeit auf EU-, Bundes- und Länderebene. Bernd Steinacher, Sprecher des Initiativkreises Europäischer Metropolregionen in Deutschland:

    "Wir haben eine Arbeitsgruppe zum Beispiel über die große Infrastruktur: Messen, Hochgeschwindigkeitsstrecken, Flughäfen, die Frage: Wenn Milliarden von Geldern ausgegeben werden, wie geschieht dieses optimal? Wie kann ich in meiner Region den größten Nutzen daraus ziehen? Wir machen Lobbyarbeit dafür, dass man insbesondere auch in Europa, aber auch in der Bundesregierung, die Bedeutung der Metropolregionen erkennt, sie nutzt und auch unterstützt."

    Bisher ist die große Raumpolitik auf den Zug der Metropolregionen aufgesprungen. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee hat im Juni eine Initiative zur Stärkung der deutschen Städte gestartet, auf EU-Ebene haben die europäischen Minister für Raumpolitik im Mai die "Territoriale Agenda der EU" beschlossen. Sie soll ein stärkeres Wirtschaftswachstum in den Städten fördern. Auch wenn die Städte jetzt mehr vom Kuchen abbekämen – das Land werde trotzdem nicht vernachlässigt, verspricht Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär im Bundesbauministerium:

    "Neben der Förderung von Innovation und Wachstum, vor allem mit dem Ansatz der Metropolregionen, geht es natürlich auch weiterhin darum, Ausgleichspolitik zu betreiben. Das heißt: In den Räumen, wo die Wirtschaft schwach ist, wo wir Arbeitslosigkeit haben, die sehr hoch ist, zu unterstützen. Das heißt wir haben immer eine Doppelstrategie: Unterstützung der Schwächeren, aber auch – haben wir gelernt – dass wir die Schwächeren auch dadurch unterstützen können, indem wir die Motoren in den Regionen stärken, die dann wiederum ins Umland ausstrahlen."

    Kritiker befürchten dennoch, dass die Gebiete außerhalb der elf deutschen Metropolregionen vom wirtschaftlichen Fortschritt abgehängt werden. Der Hamburger Soziologe Jens Dangschat:

    "Ich kritisiere den Mainstream in der Herausforderung der Globalisierung. Man schließt sich zusammen zu größeren Einheiten, man setzt auf die gleichen Wachstumsbranchen, man setzt auf die gleichen Kommunikationsstile, man macht Anreize, dass man sich zusammenschließt, und ich frage mich, wofür? Um im Wettbewerb besser bestehen zu können, und in dieser Art, den Wettbewerb zu bestehen wird es wenige Gewinner und sehr viele Verlierer geben, und viele der Verlierer sind sich nicht klar darüber, dass sie Verlierer sind."

    Auch ein "Arbeitskreis deutscher Raumforschungsinstitute" kam im Juni zu dem Ergebnis: Wachstum und Schrumpfung werden sich in Deutschland gleichermaßen verstärken. Qualifizierte Arbeit, hochwertige Infrastruktur und Investitionen seien künftig in den Metropolregionen zu beobachten, so die Prognose der Raumforscher. Der Schweizer Ökonom René Frey würde diese Entwicklung gerne aufhalten, hält sie aber für allzu natürlich:

    "Schauen wir mal in der Geschichte zurück. 19. Jahrhundert, erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Da sind die territorialen Wohlstandsunterschiede nicht durch Politik gelöst worden, sondern durch Abwanderung. Und dann sind wir so reich geworden, dass wir es uns leisten konnten, Abwanderung – ich sage es jetzt überspitzt – zu verpönen, das heißt konkret: etwas dagegen zu unternehmen. Finanzausgleich, Infrastrukturförderung in ärmeren Regionen. Und ich frage mich, angesichts der riesigen Probleme, die wir mit den regionalen Disparitäten in Europa haben, ob wir uns das leisten können, wenn wir daran denken, was weltweit heute passiert."

    Eine Region ab vom Schuss, außerhalb der elf deutschen Metropolregionen, ist das Saarland. Direkt an der Grenze zu Frankreich gelegen, kämpfte das Bundesland lange mit den Folgen beider Weltkriege, aber auch mit dem auslaufenden Kohlebergbau. Lange hatte die Menschen, dies- und jenseits der Grenze, eher Hass als Freundschaft verbunden. Diese Zeiten sind nun vorbei. Heute kommt ein anderes Erbe der gemeinsamen Geschichte wieder hervor: das Moselfränkisch.

    Diese Mundart verstehen noch viele Menschen in Lothringen und im Saarland, so mancher spricht sie täglich. Auch die junge Elodie Nowak aus Lothringen hat Moselfränkisch gelernt. Für sie ist Moselfränkisch eine Brücke zum Hochdeutsch. Sie bedauert, dass es langsam über die Generationen hinweg doch verloren gehe. Eine gemeinsame Sprache sei für die Region jedoch sehr wichtig:

    "Ich denk net, dass so viele Leute herkommen, weil die nicht mehr so viel Fremdsprachen auch lernen möchten. Und sie suchen dann lieber eine Arbeit in Frankreich, wenn sie Franzosen sind, oder das Gegenteil in Deutschland."

    Dennoch: Die Menschen in der deutsch-französischen Grenzregion mischen sich immer mehr. Vierzehn Prozent aller Pendler nach Saarbrücken kommen aus Frankreich. Das touristische Netz über die früher streng bewachte Grenze, wird immer dichter hin- und hergesponnen, gemeinsame Feste gehören längst zum Alltag. Stadtverbände, Städte und Kommunen aus dem Saarland und Lothringen haben sich zur Euro-Region "SaarMoselle Avenir" zusammengeschlossen. Das mit Abstand größte Ballungsgebiet ist Saarbrücken. Der kommunale Verein "Zukunft SaarMoselle Avenir" gestaltet das Zusammenwachsen in der Euroregion. Eine Arbeit, die dem Saarland und vor allem der Stadt Saarbrücken, einen Ausweg aus der Finanzmisere bietet: So ist "SaarMoselle Avenir" auf französischer Seite als Metropolregion anerkannt – obwohl die meisten Einwohner in dieser Region Deutsche sind. Isabelle Prianon, Koordinatorin von "SaarMoselle Avenir":

    "Und wir bekommen jetzt ziemlich viel Fördergelder vom französischen Staat. Und jetzt natürlich gibt es Überlegungen, wie machen wir das jetzt, damit der deutsche Staat uns auch fördert."

    Die Vernetzung der deutschen und europäischen Ballungsräume hat gerade erst begonnen. Vor allem die EU treibt den Austausch zwischen den Regionen voran. Noch in dieser Woche will die EU-Kommission in Brüssel ihren Bericht über die Entwicklung der Regionen von 2000 bis 2006 vorstellen. Eine detaillierte Analyse als Planungsgrundlage für die Jahre bis 2013, in denen sich regional noch mehr tun wird.