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Reporterin scheitert mit Klage auf gleiche Bezahlung

Eine Mitarbeiterin des ZDF ist vor Gericht mit ihrer Forderung gescheitert, genauso viel Geld wie ihre männlichen Kollegen zu bekommen. Die Klägerin habe keine ausreichenden Beweise vorgelegt, dass sie wegen ihres Geschlechts schlechter bezahlt werde. Der Fall könnte nun noch ein weiteres Gericht beschäftigen.

Von Sebastian Engelbrecht | 05.02.2019
    Eine Frau, die von hinten zu sehen ist, läuft durch einen Flur. An einer Wand prangt das orangefarbene Logo des ZDF.
    Eine Journalistin wirft dem ZDF vor, sie schlechter zu bezahlen als männliche Kollegen (dpa/Andreas Arnold)
    Birte Meier, eine sogenannte feste freie Mitarbeiterin beim ZDF-Politikmagazin "Frontal 21", wird weiterhin weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen – weniger als fest angestellte und auch weniger als Männer, die denselben Status haben wie sie.
    Die Vorsitzende Richterin der 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Birgit Pechstein, urteilte, die Berufung der Klägerin werde auf deren Kosten zurückgewiesen. Birte Meier habe ihre Behauptung, dass sie wegen ihres Geschlechts weniger verdiene als ihre Kollegen, nicht begründet.
    Mangel an Indizien
    Der Sprecher des Gerichts, Martin Dreßler, erläuterte die Entscheidung. "Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sieht vor, dass derjenige, der eine allgemeine Ungleichbehandlung geltend macht, hierfür Indizien vortragen muss. Wenn diese Indizien tragen, muss die gegnerische Seite diese Indizien ausräumen. Nach Auffassung des Gerichts ist es der Klägerin nicht gelungen, selbst diese Indizien für eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung vorzutragen."
    Es bestehe Vertragsfreiheit, erklärte Dreßler die Gerichtsentscheidung in zweiter Instanz. Vergütungen seien frei verhandelbar, sofern es keine gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen gebe, die einzuhalten seien. Der Arbeitgeber sei frei bei der Festlegung der vertraglichen Vergütung. "Er kann natürlich einem Mann mehr bezahlen als einer Frau. Genau wie umgekehrt einer Frau mehr als einem Mann. Das darf nur nicht auf Gründen beruhen, die auf das Geschlecht zurückzuführen sind."
    Kein Auskunftsrecht
    Damit bestätigte das Gericht ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom Februar 2017. Zudem urteilte Richterin Pechstein, dass die ZDF-Mitarbeiterin nicht das Recht habe, Auskunft über die Gehälter ihrer vergleichbaren Kollegen zu erhalten.
    "Das Gericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin keine Arbeitnehmerin war, das heißt, dass sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten hatte und nicht einer Weisungsgebundenheit des ZDF so unterlag, dass sie als abhängig Beschäftigte anzusehen wäre", so Dreßler. Das sogenannte "Entgelttransparenzgesetz" gilt also nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht für die feste freie Mitarbeiterin Birte Meier.
    "Bedenkliche Kultur" beim ZDF
    Für die Anwältin der Klägerin, Chris Ambrosi, liegt darin aber einer der Schlüssel, um Lohngleichheit zu erstreiten. "Ich brauche ja erst auch einmal die Auskunft über die genauen Gehälter, auf den Cent genau, um dann meine Klage genau beziffern zu können und sagen zu können: Ich möchte soundsoviel Euro und soundsoviel Cent für die Zukunft, weil meine männlichen Kollegen so viel verdient haben." Das ZDF habe die Zahlen über den Verdienst der Kollegen von Birte Meier bis heute nicht herausgegeben, sagte Ambrosi.
    Sie ordnet die Ungleichheit in dem Sender in die Kultur des Unternehmens ein. Es gebe im ZDF eine "bedenkliche Kultur" mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit.
    "Schlag ins Gesicht aller Frauen"
    Die Anwältin bedauerte, dass die Richterin es ablehne, das Entgelttransparenzgesetz im Fall von Birte Meier anzuwenden. "Wir haben hier eine Situation, dass wir ein Recht auf dem Papier haben, aber solche künstlichen Hürden von deutschen Gerichten, zumindest von diesem Gericht hier errichtet werden. Das Gesetz existiert auf dem Papier, aber ist in der Praxis nicht durchsetzbar. Und das ist meines Erachtens ein Schlag ins Gesicht aller Frauen und aller Männer, die auch möchten, dass ihre weiblichen Kolleginnen genauso viel Gehalt bekommen wie sie."
    Dieser Auffassung schloss sich die Jura-Professorin Nora Markard, Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Freiheitsrechte, an. Die Gesellschaft unterstützt die ZDF-Mitarbeiterin in ihrem Kampf für Lohngleichheit. "Das Urteil hat heute, glaube ich, nochmal gezeigt, dass das Prinzip der Entgeltgleichhheit ein Prinzip ohne Praxis ist. Es reicht nicht zu zeigen: Die Männer verdienen mehr und dafür gibt es keine überzeugenden Gründe. Das allein gibt ja schon deutliche Auskunft darüber, dass der Arbeitgeber offensichtlich Männer besser bezahlt als Frauen."
    ZDF bestreitet Ungleichbehandlung
    Das ZDF war bei der Urteilsverkündung nicht vertreten. Die Pressestelle erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, der Sender fühle sich der Gleichbehandlung von Männern und Frauen besonders verpflichtet. Geschlecht, Alter oder Religion spielten bei der Vergütungsfindung keine Rolle.
    Das Landesarbeitsgericht ließ eine Revision des Verfahrens zu, weil es zum Entgelttransparenzgesetz noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gebe. Es kann also sein, dass Birte Meier demnächst ihre Klage vor das Bundesarbeitsgericht bringen wird.