Dienstag, 30. April 2024

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Nacktwandern am Männertag

Haben Sie's gemerkt, liebe Zuhörer – gestern war der Welttag des Mannes! Ignorieren wir jetzt mal, dass viele Frauen den Eindruck haben, jeder Tag wäre Männertag; vor elf Jahren ist dieser wichtige Tag eingerichtet worden, unter der Schirmherrschaft von Michail Gorbatschow, der inzwischen wohl jeden Scheiß mitmacht, wenn er nur seine Birne ins Fernsehen halten darf.

Von Klaus Nothnagel | 04.11.2011
    Männer sollen gesünder leben, später sterben, Männerärzte sollen ausgebildet werden - solche und ähnlich aufregende Forderungen haben die Initiatoren des Männertags. Es steht wirklich schlecht um uns: Seit 1985 hat die Zahl der übergewichtigen deutschen Männer um 44 Prozent zugenommen. Der durchschnittliche Thüringer zum Beispiel ist 1,77 Meter groß und wiegt 83 Kilo - er ist also rund sechs Zentimeter zu klein für sein Gewicht!

    Keine Überraschung im Land der Knödel und Schwarten. Insgesamt sind hierzulande zwei Drittel der Männer übergewichtig; aus der Ehe allerdings zieht der deutsche Mann einen Gesundheitsbonus, wahrscheinlich weil die Gattin einen Hauch von Schlankheitsterror ausübt - ist es mit der Ehe Essig, geht der Mann dann aus dem Leim.

    Parallel zum Verfettungstrend ist übrigens – Sie müssen jetzt tapfer sein – Nacktwandern schwer im Kommen. In der Nähe von Wippra im Harz ist bereits ein sogenannter Naturistenstieg eingerichtet worden, eine Piste für klamottenlose Wanderer. Wer diesen Leuten, und speziell den zu zwei Dritteln mopsigen Männern, zufällig im Wald begegnet – selbst anständig angezogen, versteht sich –, der wird nach dem ersten Schock fassungslos fragen: "Warum tun Sie das?" Man müsse dabei keine "verschwitzten T-Shirts" tragen, heißt es dann; der senkrechte Energiefluss im Körper werde nicht mehr durch Kleidung abgeschnürt; wegen des Windes auf der Haut, des Freiheitsgefühls und so weiter.

    Vor jedem Sommer fürchtet man sich, wegen der Männer in XXXL-Shorts mit graubraunen Socken und Aldi-Sandalen - jetzt muss man auch noch damit rechnen, die gleichen Delinquenten komplett textilfrei im Wald zu treffen. Da wir gerade bei der Textilfrage sind: Gerwald Claus-Brunner, lustiges Faktotum der Berliner Piratenpartei, hat Ärger wegen des Palästinenserfeudels, den er gern um den Kopf trägt und mit seinen schmucken Müllwerker-Overalls kombiniert.

    Claus-Brunner, ein holder Dümmling, ein drolliger Naiver, geht von der zutreffenden Annahme aus, zu den bürgerlichen Freiheiten gehöre auch die Erlaubnis, sich albern anzuziehen. Nun aber meldet sich Charlotte Knobloch zu Wort, ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden und zweifellos eine der Erfinderinnen des Humors in unserem humorvollen Land; das Palästinensertuch, schreibt sie in einem offenen Brief, stehe unter anderem für Nationalismus und Antizionismus. Und: Wer ein solches Tuch trage, bringe dadurch seine Sympathie mit dem Kampf gegen Israel und die Juden zum Ausdruck.

    Frau Knobloch: Ihre Sorgen möchte ich haben. Wenn wir alles, was es an Klamotten so gibt, mit diesem Blick ansehen würden, müsste man ein eigenes mehrbändiges Klamottengesetzbuch, das KlGB, schaffen. Sechs Bände. Mindestens.