Rassismus und Polizeigewalt in den USA

Proteste gegen tödliche Schüsse in Atlanta

05:43 Minuten
Eine Demonstrantin steht vor einem Schild der Restaurantkette Wendys
Nach dem erneuten Fall von tödlicher Polizeigewalt ist in Atlanta die Wut groß. © picture alliance / AA / Ben Hendren
Thilo Kößler im Gespräch mit Marianne Allweiß · 14.06.2020
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Wieder starb in den USA ein schwarzer Bürger durch einen Polizeieinsatz: Der Tod eines 27-Jährigen in Atlanta facht die Debatte um Rassismus und Polizeigewalt weiter an. Die Behörden hätten aber sensibel reagiert, sagt US-Korrespondent Thilo Kößler.
In den USA sorgt ein neuer Fall von rassistischer Polizeigewalt für Entrüstung und gewaltsame Proteste. Der Vorfall ereignete sich in der Nacht zum Samstag vor einem Schnellrestaurant in Atlanta im Bundesstaat Georgia. Dort richtete ein Polizist mehrere Schüsse auf den schwarzen US-Bürger Rayshard Brooks. Der 27-Jährige starb später im Krankenhaus nach einer Notoperation.
Der junge Mann sei in seinem Wagen an der Zufahrt des Schnellrestaurants eingeschlafen, schildert unser USA-Korrespondent Thilo Kößler die Vorgänge. Die Polizisten hätten Brooks geweckt und einen Alkoholtest gemacht, der negativ ausgefallen sei.

Verstörende Aufnahmen im Internet

Bei der Festnahme sei es dann zu einem Handgemenge gekommen, in dessen Verlauf ein Beamter einen Elektroschocker gezogen habe. Videoaufnahmen im Internet zeigten, dass Brooks dem Beamten den Elektroschocker entwunden habe und davongelaufen sei, berichtet Thilo Kößler. Als er mit dem Elektroschocker auf den Polizisten gezielt habe, seien die Schüsse des Polizisten gefallen.
"Das ist alles verstörend genug", sagt Kößler. Aber die Polizisten hätten sich auch nicht um den am Boden liegenden Verletzten gekümmert. "Sie sammeln Patronenhülsen ein, sie beugen sich nicht über ihn, sie fühlen keinen Puls, nichts dergleichen."

Schnelle Reaktion der Behörden

Nach dem Tod von Brooks hätten die US-Behörden allerdings schnell und sehr sensibel reagiert, sagt unser Korrespondent. Die Bürgermeisterin von Atlanta, Keisha Lance Bottoms, habe schon wenige Stunden später den Rücktritt der Polizeichefin Erika Shields bekannt gegeben.
"Der Todesschütze wurde entlassen", so Kößler. Der zweite Beamte sei aus dem aktiven Dienst auf der Straße suspendiert worden.
Ein aufbegrachter Polizist spricht mit Demonstranten
Bei Protesten in Atlanta suchen einige Polizisten auch das Gespräch mit den Demonstranten. © picture alliance / AP / Brynn Anderson
"Das trifft natürlich inmitten dieser aufgeheizten Debatte den Kern der Proteste und den Kern der Forderungen nach einer Polizeireform", sagt Kößler. Seit dem Tod von George Floyd seien die USA nicht mehr zur Ruhe gekommen. Es sei in mehr als 2000 Städten zu friedlichen Demonstrationen gekommen.

Breite Protestbewegung

"Das hat es in dieser Form noch nie gegeben", so der Korrespondent. "Das ist kein Protest der afroamerikanischen Minderheit, es ist eine breite soziale Protestbewegung geworden, an der sich alle gesellschaftlichen Gruppen beteiligen."
Es habe bereits eine Serie von Rücktritten in Polizeibehörden gegeben und Forderungen nach Änderungen bei der Polizeiausbildung. Aber die Forderungen reichten längst viel weiter. Der Vorfall in Atlanta werde diese ganze Debatte nochmal enorm anfachen, erwartet Kößler.
(gem)
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