Eröffnung der 108. Bayreuther Festspiele

Ein enttäuschender "Tannhäuser"

10:11 Minuten
Eine Frau und ein Clown sitzen in einem Bus. Sie steuert das Fahrzeug und er singt,
Immerhin findet unser Kritiker nur lobende Worte für die Gesangsleistungen von Stephen Gould als Tannhäuser und Elena Zhidkova als Venus. © picture alliance/Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth/dpa
Jürgen Liebing im Gespräch mit Britta Bürger · 25.07.2019
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Die Bayreuther Festspiele haben einen neuen "Tannhäuser". Regisseur Tobias Kratzer hat am Donnerstag seine Version vom "Sängerkrieg auf Wartburg" auf dem Grünen Hügel inszeniert. Unser Kritiker Jürgen Liebing ist verärgert.
Richard Wagners "Tannhäuser" wurde von Tobias Kratzer neu inszeniert. Nach der Premiere gab es einige Buhs, aber auch großen Jubel, Bravo-Rufe und Getrampel. Einige begeisterte Zuschauer hielt es nicht mehr auf den Sitzen.
Jürgen Liebing erklärt nach der Premiere im Deutschlandfunk Kultur, dass er eher zu den Kritikern dieser Aufführung gehöre.
Zu sehen ist die Bühne der Bayreuther Festspiele. Auf dieser versammelt sich die Sängergemeinde zum Wettstreit. Über der Bühne ist eine Schwarzweiß-Videoprojektion zu sehen. Diese stellt die Außenfassade des Festpielhauses dar. Auf dessen Balkon stehen eine Drag-Queen und ein Zwerg. Sie haben ein Transparent mit der Aufschrift: "Frei im Wollen! Frei im Tun! Frei im Genießen!" entrollt.
Im oberen Teil des Bildes handelt es sich um eine Videoprojektion: Zwerg Oskar und eine Drag-Queen stehen auf dem Balkon des Festspielhauses und protestieren, während sich unten auf der Bühne die Sängergemeinde zum Wettstreit versammelt.© picture alliance/Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth/dpa
In dieser Inszenierung wird das Festspielhaus selbst zur Wartburg, wie Liebing berichtet. Und der Zwerg Oskar Matzerath aus dem Roman "Die Blechtrommel" von Günter Grass entert gemeinsam mit einer Drag-Queen dieses Festspielhaus - und am Ende stürmt sogar die Polizei die Bühne, sprich das Festspielhaus, sprich die Wartburg. Dabei wird viel mit Videos gearbeitet. Dazu erklärt Jürgen Liebing: "Es ist ein bisschen trashig."

Unpassendes Gelächter

Und gerade diese Präsenz der Videoprojektionen stellt für unseren Kritiker einen weiteren Minuspunkt dar. Es mache ihn einfach misstrauisch, wenn nicht auf die Kraft der Musik und auf die Mittel der Oper vertraut und stattdessen mit Videos gearbeitet werde, sagt Jürgen Liebing.

Dabei beschreibt er Situationen, in denen das Publikum die Musik verlacht hat. Selten habe er so oft Gelächter gehört wie in dieser Aufführung – und das in eigentlich unpassenden, melancholischen Momenten. Das habe ihn sehr gestört, sehr geärgert.
Ein Mann sitzt auf dem Boden und hält eine Frau in seinen Armen, Ein weiterer Mann steht über beiden und blickt durch Reste einer Fahrzeugkarosse auf beide.
Das Urteil unseres Kritikers: "Ein bisschen trashig."© picture alliance/Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth/dpa
Die Gesangsleistungen der vier Protagonisten hingegen waren alle wunderbar, wie Liebing berichtet, "aber das größte Problem bei dieser Aufführung ist der Orchestergraben". Dirigent Waleri Gergijew wisse gar nichts mit "Tannhäuser" anzufangen, eine Darbietung ohne jeglichen Esprit.
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