Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Mit Licht zum schwarzen Gold

Technik. - "Ölsuche mit dem Laser" - So umschreibt das Laser-Zentrum Hannover ein neues Anwendungsgebiet, das zusammen mit einem petrochemisch orientierten Forschungsinstitut in Australien entwickelt wird. Ziel des Projektes ist die Analyse von organischen Einschlüssen in Gesteinsproben.

Von Michael Engel | 09.01.2006
    Ein faustgroßer, silbrig glänzender Zylinder ist das Herz der Anlage. Im Hohlraum des Zylinders werden Substanzen durch Hitzeeinwirkung zersetzt – deswegen der Name "Pyrolysekammer". Klar, dass ein Laser für die hohen Temperaturen sorgt – schließlich befinden wir uns im Laser-Zentrum Hannover. Dr. Stephan Barcikowski erklärt im Labor den Strahlengang des Lasers: Ein kleines Glasfenster in der Pyrolysekammer lässt den energiereichen Lichtstrahl ins Innere des hermetisch abgeschlossenen Hohlkörpers. Eine winzig kleine Gesteinsprobe von der Dimension eines Salzkorns zerspringt augenblicklich und mikroskopisch kleine Ölbläschen, die in dem Bohrgestein eingeschlossen sind, werden freigesetzt. Heliumgas vertreibt anschließend die verdampften Öltropfen in nachgeschaltete Analysegeräte.

    "Die Zersetzungsprodukte gehen dann in einen Gaschromatographen. Dort werden sie anhand der Stoffart getrennt, und automatisch im Anschluss von einem Massenspektrometer analysiert. "

    Bislang gestaltete sich die Analyse von Öleinschlüssen im Bohrgestein extrem aufwändig. Große Mengen von Gesteinsproben mussten zermahlen, Öleinschlüsse mit Lösungsmitteln herausgewaschen und aufkonzentriert werden. Die empfindlichen Ölverbindungen zersetzen sich allerdings sehr schnell. Deshalb gab es praktisch keine exakten Ergebnisse. Der Laser hingegen steht für präzise Analytik. Und welche Informationen stecken nun in den Ölbläschen?

    "Sie müssen sich vorstellen, wenn so einem Gestein – Grundgestein – eine Weile mit dem Öl in Kontakt ist, dann bilden sich über die Jahre Flüssigkeitseinschlüsse. Und diese Flüssigkeitseinschlüsse sind charakteristisch für die Geschichte des Öls, wie es durch das Gestein wandert, wie es eingeschlossen wird und Ähnliches. "

    Aus der Zusammensetzung der Kohlenwasserstoffverbindungen können Experten besser abschätzen, ob sie an der richtigen Stelle bohren. Doch nicht nur für die Ölindustrie ist das Laserverfahren interessant. Da nur wenige Tausendstel Gramm für eine Analyse genügen, eignet sich die Lasermikropyrolyse auch für gerichtsrelevante Fragestellungen. Dr. Stephan Barcikowski hat sich seine ersten Sporen als Sherlock Holmes bereits verdient:

    "Bei uns ging es ganz konkret darum, das Alters eines Lackes zu bestimmen. Wir haben dann zwei Lackproben bekommen und konnten dann anhand einer Analyse dieser Lackschichten feststellen, dass es sich hierbei um einen wasserbasierten Lack handelt. Das bedeutet also, dass das Unglück verursachende Fahrzeug in jedem Fall nachträglich lackiert wurde. "

    Nur wenige Quadratmillimeter Lack standen zur Verfügung, die Schicht für Schicht exakt analysiert wurden. Einen geradezu klassischen Bereich für die neue Analysentechnik sieht der Wissenschaftler in der Arbeitssicherheit. Viele Industriebetriebe schneiden und schweißen heute mit Lasergeräten. Dabei werden gesundheitsschädliche Substanzen freigesetzt:

    "Und um diese Gesundheitsgefährdung abschätzen zu können, arbeiten wir bereits in der Produktionsplanung beispielsweise mit Automobilkonzernen zusammen, und machen dort Analysen an deren Werkstoffen, und können dann vorhersagen – das ist eine so genannte "Immissionsprognose" - welche Gefahrstoffe entstehen werden. "

    Keine Frage, die analytische Mikropyrolyse hat vielseitige Anwendungsfelder. Nach Ansicht des Laserexperten ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis der Laser die Chemielaboratorien erobert.