Wassertaxi in Bremerhaven

"Ausbooten" an der Weser

05:04 Minuten
Ein Börteboot fährt vor Helgoland übers Meer.
Von Helgoland nach Bremerhaven: Dort wird ein Börteboot auch als Wassertaxi eingesetzt. © imago/McPHOTO
Von Felicitas Boeselager · 21.05.2019
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Inselbesucher werden in Helgoland meist in Börtebooten "ausgebootet", also von ihrem Schiff per Boot an Land gebracht. In Bremerhaven haben Liebhaber ein solches Börteboot restauriert, das seit diesem Jahr als Wassertaxi über die Weser pendelt.
Der Himmel ist grau, es ist windig und regnet – kein Grund für Oliver Seibel, Christian Schwan und Adrian Welscher, nicht mit ihrem Börteboot "Lottjen" loszufahren.
"Wir sind Strahlemänner. Und den Kunden, also unseren Gästen, denen reden wir das auch schön."
An diesem Tag bieten die drei das Börteboot zum ersten Mal als Wassertaxi in Bremerhaven an. Vor drei Jahren haben sie es von einem Privatbesitzer bekommen, der etwas Spielzeug abgeben wollte, erzählt Oliver Seibel. Seitdem heißt das Boot "Lottjen" – was "der Glückliche" auf Helgoländisch bedeutet.
Die drei haben einen Verein gegründet, den Lottjen e.V., und ihren neuen Besitz auf Vordermann gebracht. "Wir haben allein die letzten Monate in die Restauration mehrere Hundert Stunden Arbeit gesteckt und Tausende Kilometer Fahrt zu den Werften und sonst was", sagt Adrian Welscher.

Sie kennen jedes Stück Holz

Die Männer eint die Passion für die traditionelle Seefahrt, Helgoland und die Restauration von Booten. Sie kennen jedes Stück Holz von Lottjen. Welscher steht im Bug und deutet auf verschiedene Planken.
"Wir haben jetzt beispielsweise die sogenannten Spanten getauscht. Das sind stabilisierende Holzstücke, die die Planken halten und das Grundskelett von so einem Boot bauen. Es ist besonders anspruchsvoll, diese ganzen Schwünge auf ein neues Holzstück aus einem rotten Teil zu übertragen und das dann so anzupassen, dass es wirklich funktioniert."
Lottjen hat zwar die typische Bauweise eines Börtebootes, ist aber etwas kleiner. Rund 20 Personen haben darauf Platz. Ursprünglich wurde es zum Haifischangeln und zum Hummerfischen eingesetzt.
Hier in Bremerhaven soll Lottjen Botschafterin für Helgoland sein, sagt Seibel. Auch deshalb ist es, ganz traditionell, weiß, grün und rot angestrichen:
"Grün ist das Land, rot ist die Kant und weiß ist der Strand, das sind die Farben von Helgoland. Früher ist man ja dahin gefahren, um billig Schnaps zu kaufen und Zigaretten. Da hat man immer gesagt: Rot sind die Augen vom vielen Bezahlen, grün ist die Nase vom Suff angemalen und weiß sind die Hosen vom Wühlen im Sand – das sind die Farben von Helgoland. Das hat sich natürlich heute alles geändert", so Seibel.

Kindheitstraum Börteboot

Seibel ist schon als kleiner Junge viel auf der Insel gewesen. Er hat immer davon geträumt, einmal selbst ein Börteboot fahren zu dürfen.
"Wir selber stehen jetzt da, wo die standen, zu denen wir früher aufgeschaut haben. Also die coolen, harten Jungs von der Börte, die Schiffsführer, das wollten wir immer sein. Wir haben unsere Sommer auf Helgoland verbracht und wollten immer zur Börte dazugehören. Wir waren froh, wenn wir ausgesucht worden sind und mithelfen durften. Die ganzen hübschen Mädels, die reinkamen. Man konnte sich dann natürlich entsprechend präsentieren – man gehörte dazu. Jetzt sind wir die, die hinten stehen. Ich glaube, das ist diese emotionale Komponente, die uns mit unserer Jugend und den Booten verbindet."
Durch zwei Schleusen geht die Fahrt über die Weser vom einen Hafen zum anderen. Hier bietet sich ein schöner Blick auf die Stadt:
"Das Schöne ist auch, das ganze mal hier von der Wasserseite aus zu sehen. Bremerhaven ist jetzt nicht unbedingt die schönste Stadt und hat auch so seine Problembereiche. Wenn man das dann vom Wasser aus sieht, gerade die neue Skyline, ist es schon ganz schön, mal diesen Blick zu haben."
Im neuen Hafen angekommen, steigen mit Hilfe der Bootsführer nun sieben Gäste an Bord. Bremerhavener, die das Börteboot vor allem deswegen schätzen, weil es die beiden Häfen der Stadt verbindet. "Wir unterstützen die Initiative und wollen das ein bisschen fördern und dafür sorgen, dass viele Touristen kommen."
Es ist die letzte Fahrt von "Lottjen" an diesem Tag. Die drei Bootsführer sind zufrieden mit dem Anklang, den ihr kleines Boot heute gefunden hat.
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