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Joe Bidens "Demokratie-Gipfel"
Mehr als nur ein PR-Event?

Die USA wollen den zunehmenden Einfluss von Autokraten und Diktatoren in der Welt zurückdrängen. Doch mit welchem Recht könne Washington bestimmen, was eine echte Demokratie ausmache, fragt man sich in Peking. Schließlich befinden sich die USA aktuell selbst im Krisenmodus.

Torsten Teichmann | 11.12.2021
January 10, 2021, Washington, District of Columbia, USA: United States President Joe Biden makes closing remarks at the
Die US-Demokratie sei eine "Massenvernichtungswaffe": China war "not amused", dass US-Präsident das Land nicht zum Demokratie-Gipfel eingeladen hatte (imago images/ZUMA Wire)
US-Präsident Joe Biden und Vertreter aus über 100 Ländern haben auf dem „Gipfel für Demokratie“ vor einem Vormarsch autokratischer Systeme und Diktatoren gewarnt. Das sei keine Herausforderung, der nur ein Land allein gegenüberstehe, so Biden zum Abschluss der virtuellen Tagung.
„Es betrifft uns alle. Und die Versprechen, die wir uns geben und unseren Völkern, werden nicht nur unsere eigenen Demokratien stärken in der Konfrontation mit autokratischen Systemen. Sondern das bereitet den Boden, damit Demokratie überall auf der Welt aufblüht“, so der amtierende US-Präsident.

Wettbewerb von Demokratie und Autokratie

Der Gipfel war eine Idee, die Biden schon im Präsidentschafts-Wahlkampf mit sich herumgetragen hatte. Der US-Präsident spricht bei fast jeder Gelegenheit über den Wettbewerb von Demokratie und Autokratie.

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Passend in einer Zeit, in der die Kommunistische Partei in China erklärt, sie habe eine Demokratie geschaffen, die funktioniere. Peking kritisierte, nicht zum Gipfel eingeladen worden zu sein. Es sei schließlich nicht an den USA zu entscheiden, wie eine Demokratie aussehen muss.

Amerikas angeschlagene Demokratie

Und zum anderen sind da die Bilder vom 6. Januar, vom Sturm aus Kapitol. Noch immer ist der abgewählte US-Präsident Trump nicht bereit, seine Niederlage einzuräumen. Ein friedlicher Machtwechsel, Kern einer Demokratie, ist in Amerika nicht länger eine Selbstverständlichkeit.
Das Problem – auch in der Innenpolitik – hat die US-Regierung erkannt. Aber was braucht es, um gegenzusteuern? Die Oppositionspolitikerin Swjatlana Tsichanouskaja verlangt auf dem Gipfel ein Aktionsbündnis: „Ich schlage vor, wir erklären kommendes Jahr zu einem Jahr der konzertierten Aktion. Ein Jahr, in dem sich Demokratien zur Wehr setzen und die Initiative zurückgewinnen.“

Beschwörung demokratischer Werte

US-Außenminister Anthony Blinken beschwört die demokratischen Werte, um zum Beispiel den Kampf gegen die Corona-Pandemie zu gewinnen. „So retten wir leben“, erklärt Blinken. „So beweisen wir den Menschen, dass wir liefern können; bei Herausforderungen mit Auswirkungen für ihre Zukunft."
Die US-Regierung hat versprochen zu investieren - 424 Millionen US-Dollar in den kommenden Jahren. Geld um weltweit Journalisten und freie Berichterstattung zu unterstützen. Transparency International lobt, dass sich die USA an der Arbeitsgemeinschaft zur weltweiten Korruption-Bekämpfung beteiligen.
US-Präsident Biden wirbt dabei um Partner: „Wir müssen mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten, um Korruption zu bekämpfen. Um Volkswirtschaften aufzubauen, die für alle gleich zugänglich sind und von deren Erfolg mehr Menschen profitieren. Wir müssen unseren Bürgern die Möglichkeit geben, uns zur Verantwortung zu ziehen. Damit Taten und Worte übereinstimmen.“

 Kein Rückhalt in der eigenen Partei

Und das wird die große Herausforderung: Ob den vielen Worten auch Taten folgen. Ob das kommende Jahr den allgemeinen Trend umkehren kann.
In den USA will die Biden-Regierung das allgemeine Wahlrecht stärken. Mit Investitionen in erneuerbare Energie soll die Lebensgrundlage erhalten bleiben. Doch für ein weiteres Billionen-Dollar-Paket fehlt Biden die Zustimmung in der eigenen Partei.
Und mit Blick auf die polarisierte US-Gesellschaft und die anstehenden Kongresswahlen in 2022 fällt die Antwort schwer, was in den kommenden Monaten noch realistisch ist, um die Demokratie der Vereinigten Staaten zu stärken.