Musikfest Berlin 2018

"Komm! Ins Offene, Freund!"

Der Komponist Mathias Spahlinger, geboren 1944
Webern bewundern, eigene Wege gehen: Der Komponist Mathias Spahlinger © Astrid Ackermann / Musikfest Berlin
Moderation: Olaf Wilhelmer · 16.09.2018
Sieben Mal Anton Webern am Stück, danach Mathias Spahlinger als Monolith: Enno Poppe und das Ensemble Modern Orchestra mit einem spannungsgeladenen Programm beim Musikfest Berlin.
"Komm! Ins Offene, Freund!": Dieses geflügelte Wort Hölderlins hat der Komponist Mathias Spahlinger, Jahrgang 1944, seinem großen Orchesterwerk "passage/paysage" vorangestellt. Das in den Jahren 1988 bis 1990 komponierte Stück ist eine Herausforderung für Ausübende und Zuhörende gleichermaßen. Eine Reise durch wilde Klanglandschaften, hinein ins Gestrüpp ausufernder Pizzicati, bei denen sich die Instrumente mehr und mehr verstimmen.

Schweißtreibende Angelegenheit

Als Spahlinger 2014 der Große Kunstpreis Berlin überreicht wurde, brachte es der Komponist und Dirigent Enno Poppe in seiner Laudatio auf den Punkt: "'passage/paysage' ist ein Jahrhundertwerk, und es hat sich herausgestellt, dass es unter den jüngeren Komponisten kaum einen gibt, dem dieses Stück nicht den Schweiß auf die Stirn und den Schauer auf den Rücken getrieben hat. Wir hatten mit diesem Stück unseren 'Sacre du printemps', das Stück, das die bisherigen Gesetze außer Kraft setzte und durch etwas ersetzte, was wir noch nicht verstehen konnten."

"Was hat das Kind?"

In diesem Konzert des Musikfestes Berlin lässt Poppe seinen lobenden Worten Taten folgen und dirigiert das Ensemble Modern Orchestra in einer der raren Aufführungen von "passage/paysage": Seltenheitswert hat auch der erste Programmteil, in dem sieben sehr unterschiedliche Werke Anton Weberns zu hören sind – von den vergleichsweise regelmäßig gespielten Bagatellen op. 9 bis zu den kaum bekannten späten Orchestervariationen op. 30 oder den atmosphärisch geradezu unheimlichen Orchesterliedern aus dem Nachlass.
Für Spahlinger schließt sich mit diesem Programm ein Kreis: Schon als Kind, so berichtet er, habe er sich für Weberns Musik interessiert. Sein Vater, ein Orchestermusiker, und dessen Kollegen hätten darafhin nur gefragt: "Was hat das Kind?"
Musikfest Berlin
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 03.09.2018
Anton Webern
Variationen für Klavier op. 27
Zwei Lieder für mittlere Stimme und acht Instrumente op. 8
Fünf Stücke für Orchester op. 10
Vier Lieder für Sopran und Orchester op. 13
Sechs Bagatellen für Streichquartett op. 9
Drei Orchesterlieder op. posth.
Variationen für Orchester op. 30
ca. 20.55 Uhr Konzertpause, darin: Ulrike Klobes im Gespräch mit Mathias Spahlinger
Mathias Spahlinger
"passage/paysage" für großes Orchester

Caroline Melzer, Sopran
Ueli Wiget, Klavier
Ensemble Modern Orchestra
Leitung: Enno Poppe

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