Shakespeares "Othello" dekolonialisiert

„Man muss den Rassismus auf der Bühne benennen"

12:08 Minuten
Schauspieler Bongile Mantsai steht in einer zerschlissenen altmodischen Militäruniform auf der Bühne. Am linken Bildrand liegt eine blonde Frau auf dem Boden.
"Othello" (mit Bongile Mantsai in der Hauptrolle) spielt in Düsseldorf zur Zeit des deutschen Kolonialismus in Afrika. © Düsseldorfer Schauspielhaus / Sandra Then
Kerstin Edinger im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 12.11.2022
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Wie lässt sich Shakespeares Drama "Othello" heute noch inszenieren, ohne rassistische Stereotype zu wiederholen? Eine 3sat-Dokumentation begleitet einen Versuch mit südafrikanischer Beteiligung am Düsseldorfer Schauspielhaus.
„Othello“: Das ist Geschichte eines schwarzen Feldherren, der seine Frau Desdemona aus Eifersucht tötet, rasend gemacht durch die Intrigen seines Gegenspielers Jago. Es ist das meistgespielte Stück von Shakespeare. Es ist aber auch eine Figur voller westlicher Zuschreibungen: "der Andere – der Wilde – das Fremde".
Längst schauen wir kritisch auf die klassischen Stoffe. Bei "Othello" stellt sich die Frage, ob darin rassistische Stereotype reproduziert oder eher hinterfragt werden. Am Schauspielhaus Düsseldorf wird seit September eine "Othello"-Inszenierung der südafrikanischen Regisseurin Lara Foot aufgeführt – in der Hauptrolle ihr Landsmann, der schwarze Schauspieler, Tänzer und Musiker Bongile Mantsai.

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"Theater öffnet Wunden und heilt sie"

Foot und Mantsai sei es besonders wichtig gewesen, den Rassismus auf der Bühne zu benennen und zu zeigen, erzählt Kerstin Edinger, die Regisseurin der TV-Doku "Othello aus Südafrika", die in der 3sat-Mediathek zu sehen ist. Das Team vom Schauspiel Düsseldorf sei dagegen etwas zaghafter in der Frage der Umsetzung gewesen. Denn Othello wird darin offen rassistisch beschimpft. Doch Mantsai sagt im Film:

"Das ist es doch, was Theater macht: Es öffnet die Wunden, aber es heilt sie auch. Es bewirkt, dass wir über Dinge reden. Es macht die Leute wütend und es macht sehr viel mit den Menschen."

Othello-Darsteller Bongile Mantsai

Wie sie sich dem Stoff nähern und wie sich mit einer neuen Besetzung die Perspektiven darauf ändern, das erzählt Edinger in ihrer Dokumentation. Zu diesem Perspektivwechsel gehört auch, dass Mantsai seinen Othello auch auf isiXhosa spielt, einer der Amtssprachen in Südafrika. Die Aneignung des Stoffes auch in der Muttersprache sei ein politisches Statement über wiedergewonnene Würde, sagt Mantsai.

TV-Doku "Othello aus Südafrika"
Shakespeare am Düsseldorfer Schauspielhaus
Premiere: Sa, 12.11. 2022, 19:20 - 20:00 Uhr auf 3sat
Auch in der 3sat-Mediathek

"Othello" von William Shakespeare
in einer Fassung von Lara Foot
Düsseldorfer Schauspielhaus
bis 17.4.2023

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