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Schlafkabine, Hello-Wall und lärmschluckende Wände

Wenn es nach den Büromöbelherstellern geht, dann hat das Büro der Zukunft etwas wohnliches, ist dabei ein großer offener Raum und zwingt ständig zu Bewegung. Denn das soll sowohl die Flexibilität der Mitarbeiter fördern, als auch ihre Kreativität. Gunter Lück ist Projektleiter beim Büromöbelhersteller Vitra.

Von Andrea Lueg |
    „Der Wechsel zwischen stehender und sitzender Tätigkeit, das kann man auf verschiedene Arten lösen, indem man einfach ein Stehmöbel als Stauraumelement neben dem Arbeitsplatz hat, und wenn man was sucht, steht man halt auf und stellt sich vor den Schrank, um dort mal kurz im Stehen zu arbeiten.. Oder auch höhenverstellbare Tische, die dann natürlich nach Möglichkeit auch sehr schnell verfahren sollen, weil die Trägheit des Benutzers darf man nicht außer Acht lassen.“

    Trennwände und Türen sind in solchen Konzepten passé, jeder soll jeden immer sehen. Auch der Chef soll im Idealfall keine Tür hinter sich schließen können. So soll Kommunikation, Transparenz, Teamarbeit gefördert werden. Was in manchen Büros heute schon üblich ist, soll die Regel werden. Niemand hat mehr einen festen Schreibtisch. Stattdessen holt man sich am Empfang seinen persönlichen Rollcontainer ab und schiebt ihn an den nächstbesten freien Schreibtisch. Arbeiten nach dem Nomadenprinzip. Schluss mit Kinderzeichnungen und Plüschfiguren auf dem Schreibtisch. Open Spaces heißen solche Konzepte, aber sie erinnern doch stark an das ungeliebte Großraumbüro.

    „Großraum ist in Deutschland ja ganz unter einen negativen Aspekt gestellt, einfach aus den Erfahrungen aus den 60er Jahren, wo man sehr große Etagenbereiche geschaffen hat mit sehr vielen dicht gepackten Mitarbeitern, künstlichem Licht, irgendwo mal ne fast verhungerte Pflanze dazwischengestellt.“

    Solche Konzepte könnten natürlich nicht funktionieren, meint Gunter Lück. Vielmehr müssten die Unternehmen mit schön gestalteten Büros auf im Kampf um die klügsten Köpfe punkten.

    „Es ist im Moment ein Trend, dass die Unternehmen immer mehr erkennen, dass die Büroarbeiter, die white collars, die Schlipsträger, dass diese Mitarbeiter nicht, wie oft von Wirtschaftsberatern kolportiert wird, der nicht-produktive Bereich sind, sicherlich wird dort nicht mit dem Werkzeug in der Hand der Wert geschaffen, aber dort wird der Wert intellektuell geschaffen. Dementsprechend ist jeder Mitarbeiter im Büro auch ein asset für das Unternehmen. Das man wertschätzen muss, dass man nicht irgendwo unterbringen muss, dass es irgendwie arbeiten kann, sondern das es motiviert und effizient, gewinnbringend für das unternehmen arbeiten kann und da ist Raumästhetik ein ganz wesentlicher Beitrag dazu.“

    Tatsache ist aber auch, dass viele Mitarbeiter in Unternehmen heute dauern unterwegs sind oder auch von zuhause aus arbeiten. In solchen Firmen herrscht im Schnitt 60 Prozent Leerstand bei den Schreibtischen, Leerstand, der Geld kostet. Hat nicht jeder einen festen Schreibtisch kann das Büro besser ausgelastet werden. Ein großes Problem in offenen Büros ist der Lärm.

    „Sie nehmen nicht bewusst wahr, das sie in so einem Lärmumfeld sind, so ein diffuser Hintergrundlärm, das wird vom Gehirn so ausgefiltert, aber wenn Sie dann rausgehen, merken Sie, oh, schön, es ist weg. Man hat den ganzen Tag in so einem Umfeld gesessen und weiß gar nicht, warm man so fertig ist.“

    Erklärt Nils Freese vom Akustikbüro Oldenburg. Doch dafür gibt es Lösungen. Je nachdem, welche Anforderungen ein Raum stellt. Der Empfang bei Arzt sollte möglichst diskret sein. Teppiche helfen da oder auch Deckensegel, die den Lärm schlucken. Und Büromöbel mit schalldämpfenden Oberflächen. Im Konferenzraum muss man sich mindestens über die Tischlänge hin gut verstehen und braucht wenig Hintergrundgeräusche.

    „Großraumbüro, da haben sie dann so’n typischen Viererarbeitsplatz, da würde man zum Beispiel auch davon absehen, den Raum so trocken zu machen wie einen Konferenzraum, damit man auch diesen maskierenden Hintergrundpegel hat, weil sie ja gar nicht wissen wollen, was ihr Kollege da gerade wieder am Telefon redet. Man möchte ein bisschen akustische Privatheit haben.“

    Dafür sorgen dann lärmschluckende halbhohe Unterteilungen zwischen den Arbeitsplätzen.

    Was auf der einen Seite davon gesprochen wird, hört man auf der anderen Seite nicht.

    Wer das Büro der Zukunft betritt, wird womöglich von einer sprechenden Wand begrüßt. Sie ähnelt einem Riesenbildschirm, liefert alle Infos, die der Mitarbeiter braucht und registriert An- und Abwesenheit.

    Das Büro der Zukunft soll viel mehr Kommunikationsort werden, arbeiten werden die Menschen zunehmend von überall aus. Statt der kleinen Teeküche wird es gesellige Wohnküchen geben, außerdem kleine Golfbahnen und sogenannte Palaverhütten, in denen man im kleineren Kreis Ideen aushecken kann. Sogar schlafen soll man im Büro können. Möbelhersteller Vitra bietet eine Art Feldbett dafür an.

    „Das ist ein ernstgemeinter Scherz. Da darf man sich durchaus mal hinlegen und ein Powernapping machen, jeder kennt die Situation, irgendwann mal fünf Minuten im Zug eingenickt. Hinterher ist man wieder richtig fit. Diese Angebote meinen wir, müssen viel mehr in die Büros Einzug halten.“