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CO2-Werte auf neuem Höchststand

Der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre ist so hoch wie nie. Ein Grund ist der Anstieg der Kohleverbrennung in den Schwellenländern. Und die Industrieländer reduzieren zwar ihre Treibhausgase, aber nicht stark genug: Denn der CO2-Ausstoß steigt nicht langsamer.

Von Georg Ehring | 07.03.2013
    Susanne Kuhlmann: Auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii sind in knapp 3500 Metern Höhe erneut gestiegene CO2-Werte gemessen worden. Und auch anderswo zeigt der Trend stetig weiter nach oben. Georg Ehring, wie kommt das?

    Georg Ehring: Der Grund ist ganz eindeutig der Anstieg der Kohleverbrennung in den Schwellenländern. Also der menschengemachte CO2-Ausstoß. China ist da an erster Stelle zu nennen, aber auch die Industrieländer sind hier zu nennen: Sie fahren ihren Ausstoß von Treibhausgasen zwar etwas zurück, aber sie schaffen es nicht, ihn so stark zurückzufahren, dass der CO2-Ausstoß insgesamt auch nur langsamer steigt. 396 parts per million ist die neue Zahl. Das ist ungefähr drei parts per million höher als vor einem Jahr. Im gesamten Jahr 2012 hat es den zweithöchsten Anstieg seit Beginn der Messungen im Jahr 1959 gegeben. Nur 1998 sind die CO2-Werte noch stärker gestiegen. Also: Die Treibhausgase steigen nicht nur, sie steigen sogar immer schneller. Die Schwelle von 400 ppm ist über der Arktis bei Messungen auch schon überschritten worden. ppm heißt: Parts per million, 400 ppm entsprechen 0,04 Prozent der Atmosphäre. Das ist ein relativ kleiner%anteil mit ziemlich großen Folgen. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist damit deutlich höher als in der vorindustriellen Zeit, da waren es Werte zwischen 200 und 300 ppm und der Trend geht weiter nach oben – ohne Abschwächung und sogar mit einer Beschleunigung.

    Kuhlmann: Welche Folgen hat der ungebremste Anstieg?

    Ehring: Das ist eigentlich ziemlich klar: Die Erwärmung der Erdatmosphäre geht weiter. Seit dem vorindustriellen Zeitalter sind ungefähr dreiviertel Grad Celsius dazu gekommen und der steigende CO2-Gehalt der Atmosphäre sorgt dafür, dass pro Jahrzehnt etwa 0,2 Grad dazukommen derzeit. Eine Verdopplung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre also auf deutlich über 500 ppm würde zu zweieinhalb bis viereinhalb Grad höheren Temperaturen weltweit führen. Das ist eine Prognose voller Unsicherheiten. Der größte Unsicherheitsfaktor ist für die Wissenschaftler vor allem: Welchen Einfluss hat die Veränderung der Wolkenbildung aufgrund des Treibhauseffektes auf die Temperaturen? Dazu kommen noch andere Faktoren, beispielsweise andere Treibhausgase wie Methan oder Lachgas, das in der Landwirtschaft freigesetzt wird, natürliche Faktoren wie die Sonne oder der Einfluss von Meeresströmungen. Also: Die Prognose ist eine relativ grobe Hausnummer, aber mit ganz eindeutiger Tendenz.

    Kuhlmann: Die weltweiten Temperaturen seien nicht weiter angestiegen, heißt es. Wie ist das vorm Hintergrund des neuen CO2-Messwertrekords einzuordnen?

    Ehring: Der letzte Rekordwert bei den weltweiten Temperaturen liegt in der Tat etwas zurück. Je nachdem, die Messungen welches Instituts man da zugrunde legt, ist es entweder 1998 oder 2005 oder 2010, da waren die gemessenen Temperaturen fast gleich. 1998 war ein Ausreißer, kann man sagen. Es war ein Rekordjahr, das verursacht wurde durch ein starkes El-Nino-Ereignis, also eine Erwärmung der Wassertemperatur im Pazifik und seitdem sind solche hohen Temperaturen sozusagen normal geworden. Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts war das wärmste je gemessene und seit 1976 sind die Temperaturen sämtlich über dem langjährigen Mittel. Der Grund dafür, dass es in den letzten Jahren nicht noch wärmer geworden ist, sind wohl natürliche Schwankungen. Es gab La Nina im Pazifik anstatt El Nino, also eine Abkühlung, die sich dann auch auf die Welttemperatur. Kurz- oder mittelfristige Schwankungen machen so 0,1 bis 0,2 Grad pro Jahr aus. Das ist auf die Dauer angesichts des Treibhauseffektes nicht viel. Aber kurzfristig ist das schon einiges. Die Forscher trauen sich derzeit langsam an mittelfristige Prognosen heran und da heißt es dann: Die Erwärmung geht weiter aber möglicherweise aufgrund solcher mittelfristiger Faktoren nicht ganz so schnell wie bisher. Was wärmer wird, auch in den gemessenen Werten in den letzten Jahren, sind die Ozeane und die sind die Wetterküchen für die Atmosphäre und deshalb wird der Anstieg wohl auch weitergehen.